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Meine Hörgeschichte

Von Claudius Plettenberg

Ich bin von Kindheit an schwerhörig und habe mit ca. neun Jahren meine ersten Hörgeräte bekommen. Mein Gehör hat sich über die Jahre konstant verschlechtert, allerdings bin ich mit meinen Hörgeräten immer sehr gut zurechtgekommen. Auch in der Schule oder an der Universität waren mir die Probleme nicht allzu präsent, auch wenn der Hörverlust objektiv schon gravierend war. In den letzten paar Jahren hat sich das rechte Ohr allerdings so drastisch verschlechtert, dass ein Sprachverstehen auch mit dem bestem Hörgerät kaum noch möglich war. Das linke Ohr hält noch etwas besser durch und die Hörgeräte ermöglichen mir weiterhin ein recht gutes Sprachverstehen. Schon seit einigen Jahren wurde mir ein Cochlea Implantat von meinen behandelten Ärzten empfohlen. Aber erst mit der Verschlechterung des rechten Ohres habe ich mich ernsthaft mit einem Implantat auseinander gesetzt.

Vorbereitung Cochlea Implantation

Neben erster Internet Recherche habe ich mein erstes Gespräch mit Ingrid Kratz von der Frankfurter CI-Selbsthilfegruppe geführt. Es folgten viele Gespräch mit verschiedenen CI- Trägern, die meines Erachtens enorm wichtig sind. Man muss die verschiedenen Erfahrungen alle kennen, damit man erahnen kann was auf einen zu kommt. Da ich in Frankfurt lebe, habe ich mich sofort für die Frankfurter Uniklinik als implantierende Klinik entschieden. Die ersten Gespräche vor Ort und der Ruf der Uniklinik sind für diese Art OP sehr gut und im Laufe meiner Behandlung ist die Klinik und ihre Mitarbeiter ihrem guten Ruf stets gerecht geworden. Lange habe ich mich auch mit der Herstellerwahl beschäftigt und mich letztendlich für.das Cochlear Nucleus 7 entschieden. Hauptgrund war das kabellose streamen von Telefonaten, Musik und Videos aus meinem iPhone direkt ins Implantat, was ich auch wirklich extrem viel nutze.

OP/ Erstanpassung/ Reha

Vor der OP musste ich mich für die Art der Elektrode entscheiden. Es gibt Elektroden mit welchen das Restgehör teilweise erhalten werden kann. Bei diesen Elektroden gibt es allerdings ein minimales Risiko, dass die Elektrode beim Einführen in die Cochlea umknickt. In solch einem Fall muss man erneut implantieren. Dieses Risiko ist bei starren Elektroden quasi ausgeschlossen, allerdings wird das Restgehör komplett vernichtet. Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, aber da mein rechtes Ohr so oder so schon sehr schlecht war, habe ich mich für eine starre Elektrode entschieden. Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung und ich merke kaum einen Unterschied zu vorher.

Die OP hat gut geklappt und ich hatte danach wirklich keine Schmerzen. Zwei Tage nach der OP durfte ich schon wieder nach Hause. Meine Erstanpassung hat bereits eine Woche nach der OP stattgefunden und es war schon ein sehr komisches Gefühl. Ich habe sofort was gehört (aber wenig verstanden - wichtiger Unterschied!). Die Fahrt mit der Straßenbahn nach Hause war eine große Herausforderung, da die neuen Geräusche auf dem rechten Ohr sehr intensiv und laut waren. Auch muss man die Nerven behalten, da man noch keine Sprache versteht, was aber völlig normal ist. Ich habe mich gezwungen den Prozessor sehr viel zu tragen, damit mein Gehirn sich schnell gewöhnt. Dies ist sinnvoll, aber auch sehr anstrengend (physisch und physisch) - aber es hat sich gelohnt.

Zwei Wochen nach der OP bin ich bereits in eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der Kaiserbergklinik Bad Nauheim gefahren. Dort hat man täglich Einzelhörtraining, Gruppenhörtraining und viele weitere Therapieangebote. Ich war dort mit Unterbrechung (Grund siehe unten) sieben Wochen und der Aufenthalt hat meinem Sprachverstehen enorm auf die Sprünge geholfen. Auch hier war ich anfangs sehr angestrengt und habe in fast jeder freien Minute geschlafen. Aber ich habe permanent Fortschritte gemacht und das Verstehen wurde immer entspannter. Ärzte und Therapeuten waren sehr beeindruckt, aber auch überrascht über meine schnellen Fortschritte. Ich würde jedem einen stationären Aufenthalt empfehlen, da die Zeit wirklich effizient genutzt wird.

Februar 2020 - vier Monate nach der OP

Heute ist das CI eine wertvolle Unterstützung für mich. Das Sprachverstehen ist noch nicht besser als auf meinem Hörgeräte-Ohr, aber ich kann ohne Probleme Videos oder Podcasts nur mit dem CI-Ohr verstehen. Auch telefonieren mit dem CI-Ohr wird von Tag zu Tag besser. Die Fortschritte werden logischerweise kleiner, aber ich bin zuversichtlich, dass das CI-Ohr mein Hörgeräte-Ohr überholen wird. Auch habe ich das Gefühl, dass ich weniger müde bin, da das Hören nicht mehr so anstrengend ist.

Komplikationen

  1. Bei allen positiven und ermunternden Gedanken möchte ich Euch nicht meine erheblichen Komplikationen vorenthalten. Ca. zwei Wochen nach der OP hat sich leider meine Narbe entzündet und ich musste wieder für zwei Wochen ins Krankenhaus. Die Entzündung war nicht sonderlich schlimm, aber in der Nähe des Implantats sind die Ärzte besonders vorsichtig. Ich habe also zwei Wochen intravenös Antibiotika bekommen und abgewartet bis die Entzündung zurück geht. Den Prozessor konnte ich wegen dicker Kopfverbände kaum tragen. Nach zwei Wochen bin ich wieder in die Rehaklinik und habe meine Therapie fortgesetzt. Wäre die Entzündung nicht zurückgegangen, hätte man das Implantat rausholen und drei Monate später wieder neu implantieren müssen.

  2. Einigen Wochen nach der OP ist das Sprachverstehen auf meinem „gutem“ Hörgeräte-Ohr deutlich schlechter geworden. Hierfür hat bis heute keiner eine Erklärung, aber ich muss ehrlich sagen, dass mich dies nervlich enorm belastet hat. Auf dem CI-Ohr hatte ich eine Entzündung und kaum Sprachverstehen, auf dem Hörgeräte Ohr hörte ich signifikant schlechter als vor der OP - das waren keine einfachen Tage für mich in der Reha. Glücklicherweise hat sich das Hörgeräte-Ohr wieder gefangen und leistet heute exzellente Arbeit (wie vor der OP). Vielleicht hat es eine kurze Auszeit genommen, um mein CI-Ohr zu trainieren…. 😉

Fazit

Die Entscheidung für eine Cochlea Implantation ist eine große und sollte wohlüberlegt sein. Allerdings ist die Aussicht auf deutlich besseres Sprachverstehen, aber auch hören über alle Frequenzen (hohe Töne, tiefe Töne) eine sehr schöne. Ich bin froh, dass ich mich implantieren lassen habe und habe keine Angst, dies eines Tages auch auf dem anderen Ohr machen zu lassen. Allerdings muss ich auch sagen, dass die ersten drei Monate nach der OP mit die anstrengendste Zeit meines Lebens war. Man sollte ausgeruht, ohne Druck und Stress in diesen Prozess gehen. Dann schafft man es auch und kann von den großen Vorteilen dieser Technologie profitieren.

März 2020
Claudius Plettenberg