Enjahoertwas
- lives in a world between deaf and hearing -
Von ENja
Hallöchen! Mein Name ist Enja, ich bin 26 Jahre alt und die Tippse hinter dem Blog „Enjahoertwas!“ (https://enjahoertwas.wordpress.com/).
Ich weiß gar nicht mehr, wie lange es jetzt her ist, als ich angefangen habe, zu bloggen. Es müsste im Zeitraum 2011-2013 gewesen sein. Just for fun erstellten meine Freundin Anna und ich jeweils einen Blog und tippten drauf los. Damals war Instagram noch nicht so populär und Blogs (oder Blögge?) waren sehr beliebt. Ich musste gar nicht großartig überlegen, sondern wusste von Beginn an, worüber ich bloggen möchte. Meine Hörschädigung. Schon immer hatte ich eine kleine Stimme im Hinterkopf sitzen, die mir zuflüsterte, dass ich Hörgeschädigten helfen möchte. Und vielleicht kann ich mit meinem Blog ja andere unterstützen und ihnen wenigstens das Gefühl geben, dass sie mit gewissen Problemen nicht allein sind.
Nun zu mir: Ich bin ein stolzes Bauernkind mit einer seeeehr großen Familie. Meine beiden älteren Brüder sind ebenfalls hörgeschädigt. Bei jedem von uns fing die Hörschädigung im Kleinkindalter an, jedoch wurden bis heute noch keine Ursachen gefunden. Da wir sonst keine vergleichbare Hörschädigung in der Familie haben, sage ich immer gern, dass sich irgendwas bei meinen Eltern nicht verstanden hat - und deswegen alle Kinder hörgeschädigt sind.
Aber ich würde keinesfalls sagen, dass uns dadurch irgendein beträchtlicher Nachteil entstanden ist. Wir kommen alle drei super damit zurecht und ich für meinen Teil bin sogar super stolz darauf. Ja, ihr habt richtig gelesen: ich bin stolz darauf, hörgeschädigt zu sein und der Hörgeschädigten-Welt anzugehören!
Während die Hörschädigung bei meinen Brüdern sich einfach so entwickelte, war es bei mir ein etwas problematischerer Verlauf. Meine Eltern tun mir bis heute leid, was sie mit mir durchmachen mussten. So etwas wünsche ich keinem Elternpaar!
Ich erzähle jetzt einfach mal aus der Erinnerung, es kann aber sein, dass ich mir ein, zwei Sachen vielleicht falsch gemerkt habe:
Es fing damit an, dass ich im Alter von 1,5 Jahren permanentes Fieber und Ohrenschmerzen hatte. Das hat sich wahrscheinlich durch ausgiebiges Weinen bemerkbar gemacht. Auf jeden Fall sind meine Eltern dann mit mir zum Arzt gefahren, doch dieser nahm die Symptome nicht ganz so ernst. „Das geht von selber wieder weg“. Vielleicht habe ich noch Schmerzmittel oder Antibiotikum bekommen, doch besser wurde es nicht.
Ich weiß gerade auch nicht mehr, ob meine Eltern zu weiteren Ärzten gefahren sind, oder ob sie direkt zum HNO-Arzt unseres Vertrauens gefahren sind. Er hat uns auf jeden Fall SOFORT ins Krankenhaus geschickt, da ich UNVERZÜGLICH operiert werden musste. Ich hatte eine starke Mittelohrentzündung und diese war kurz vorm Durchbruch ins Gehirn. Sollte dies geschehen, würde ich mit sehr starker Wahrscheinlichkeit geistig behindert werden. Mein Herz rast gerade beim Tippen extrem - mich berührt dies nach all den Jahren immer noch sehr. Vor allem, wenn ich an meine Eltern in der Situation denke...
Doch es gab ein Happy End! Ich wurde direkt operiert und die Entzündung konnte bekämpft werden. Und damit fing meine Hörschädigung an.
Fortan blieben wir bei dem oben genannten HNO-Arzt. Keinem vertrauten wir in dem Bereich so, wie ihm. Doch leider verschied er vor einigen Jahren, was eine beträchtliche Lücke in mein ärztliches Vertrauen riss. Natürlich habe ich einige neue Ärzte durchprobiert, doch keiner gab mir das Gefühl von Sicherheit. Keinem konnte ich so vertrauen wie ihm... Dabei müsste ich so langsam echt mal wieder einen neuen HNO-Arzt finden, bei dem ich auch bleibe...
In den Folgejahren nach meiner OP mit 1,5 Jahren bekam ich noch zwei Hörstürze. Ich hörte quasi über Nacht schlechter. Meines Wissens hatte ich keine Schmerzen. Ich wachte nur auf und auf einmal hörte ich schlechter. Ich merkte es wahrscheinlich beim ersten Mal nicht mal selbst, da ich noch zu jung dafür war. Meine Eltern hingegen bemerkten, dass ich nicht mehr richtig reagierte, wenn sie mich riefen.
Ich habe tatsächlich eine Erinnerung an den zweiten Hörsturz. Ich wache im Kinderbett aufwache und bemerke direkt, dass ich schlechter höre. Ich bekam Panik, fing an zu weinen und rief nach meiner Mutter. Jedoch weiß ich gerade ehrlich gesagt nicht, ob das der Realität entspricht, oder ob das nur ein Traum war. Da müsste ich auf jeden Fall schon im Schulalter gewesen sein, würde ich jetzt mal so behaupten.
Da ich bereits zwei Hörstürze hatte, wurde mir schon früh prophezeit, dass ich wahrscheinlich noch einen Dritten bekommen würde. Und da mein Hörverlust eh schon sehr stark war und ich meinem eigenen Empfinden nach mit Hörgeräten nicht genug hörte, entschied ich mich mit 17 Jahren für ein Cochlea Implantat (kurz CI). Was genau das ist, werde ich in einem anderen Blog-Beitrag nochmal ausführlich erläutern. Kurzfassung: es ist ein Implantat, welches gehörlose Menschen wieder hören lässt. Aber Achtung: dieses Hören wird niemals an das natürliche Hören eines Gesunden rankommen. ☝🏼
Und nach mittlerweile neun Jahren mit Cochlea Implantat kann ich sagen: Es war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.
Ohne das Cochlea Implantat wäre mir vieles nicht möglich gewesen, da mir mit meinen Hörgeräten fast der komplette Hochtonbereich gefehlt hat. Dieser ist extrem wichtig, um ein gutes Sprachverständnis zu haben, da man damit S, Z, F und eigentlich fast alle Konsonanten hört. Ohne fehlt einem ein beträchtliches Stück vom Wort und man muss sich viel mehr zusammenreimen, um zu verstehen, was das Gegenüber gesagt hat.
Sollte jemand noch ein paar Informationen zur Entscheidungsfindung einer Cochlea Implantat-OP brauchen oder möchte einfach mehr über die persönlichen Erfahrungen mit einem CI lernen, könnt ihr mich jederzeit anschreiben:
Lasst euch nicht unterkriegen!
Eure Enja
Dezember 2020