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Mein Weg zum Cochlea Implantat bei einseitiger Taubheit

Von Svenja Birr

Mein Name ist Svenja Birr und ich möchte hier ebenfalls meine Geschichte erzählen:

Ich war 33 Jahre lang normalhörend, bis ich im Sommer 2019 mein Gehör auf der rechten Seite verloren habe. Dies geschah bei mir ganz plötzlich über Nacht.

Es war alles gut, ich bin schlafen gegangen und am nächsten Morgen veränderte sich mein Leben schlagartig. Zuerst dachte ich noch, ich hätte vielleicht einfach nur Ohrenschmalz vorm Trommelfell, weshalb ich so schlecht höre und dachte mir nichts dabei, spülte einfach regelmäßig das Ohr und versuchte den vermeintlichen Dreck loszuwerden.

Zwei Tage später war es jedoch noch immer so und ich ging zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Dieser stellte dann einen Hörsturz fest und verschrieb mir 50 mg Cortison-Tabletten. Als es auch hiermit nach drei Tagen nicht besser wurde und meine HNO-Ärztin aber im Urlaub war, versuchte ich einen Termin bei einem anderen HNO-Arzt zu bekommen.

Leider wurde ich bei diversen Ärzten vertröstet „wir nehmen keine neuen Patienten auf“ „ein Hörsturz kann dauern, ich soll mir keine Sorgen machen“ waren Aussagen, die ich nicht mehr hören konnte.

Mein Bauchgefühl sagte mir aber, „da stimmt was nicht“… Endlich hatte ich dann einen HNO-Arzt gefunden, der mich nach langem Nörgeln kurzfristig drannahm. Als er mich untersucht hatte und meine „Geschichte“ hörte, wurde er ziemlich böse und meinte, ich hätte gleich ins Krankenhaus gemusst und eine hochdosierte Cortison-Infusion erhalten müssen.

Er schickte mich also ins Krankenhaus. Meine Nerven waren am Ende… ich habe nur geweint, weil ich innerlich schon wusste, dass das keine guten Anzeichen sind. Im Krankenhaus eingetroffen, kam ich da auch so schnell nicht mehr weg. 12 Tage war ich insgesamt im Krankenhaus.

Nach acht Tagen Cortison-Infusionen trat keinerlei Verbesserung auf und es wurde eine Tympanoskopie rechts gemacht. Auch hierdurch gab es keinerlei Verbesserung. Die Ärzte wussten nicht weiter und konnten nicht mal die Ursache feststellen. Ich bekam dann zu hören „Frau Birr, Sie müssen sich leider damit abfinden, dass Sie einseitig taub bleiben“. Eine Schockdiagnose für mich… von heut auf morgen… keinerlei weitere Betreuung oder Hilfestellung…

Ich habe immer wieder gesagt, es kann doch nicht sein. Es muss doch was geben… Keiner hat mich auf ein Cochlea Implantat (CI) aufmerksam gemacht. Ich habe dann als Erstes ein normales Hörgerät ausprobiert und kam damit auch relativ gut zurecht. Mit der Zeit merkte ich jedoch, dass ich damit zwar laute Töne höre aber keinerlei Sprachverstehen habe.

Ich habe dann eine Selbsthilfegruppe für Hörgeschädigte gefunden, die mich sehr toll aufgenommen hat. Hier konnte ich mit Leuten sprechen, denen es ähnlich ging. Ich habe tolle Tipps bekommen und wurde auch auf das Cochlea Implantat aufmerksam sowie von betroffenen Personen darüber aufgeklärt.

Daraufhin ging ich also wieder zum HNO-Arzt und sprach diesen auf das Cochlea Implantat an. Nach langem Hin und Her und vielen Beratungsterminen in den unterschiedlichsten Kliniken habe ich mich dann fast 1 ½ Jahre später dazu entschieden „Ich gehe den Weg mit Cochlea Implantat“. Ich entschied mich für die MHH Hannover und bekam auch sehr zügig einen Termin.

Vor der Operation hatte ich große Angst, aber die Ärzte haben mich super aufgeklärt und waren mir nicht böse, wenn ich immer wieder die gleichen Fragen gestellt habe und betont habe, dass ich große Angst habe. Nach der OP war ich sehr erleichtert und hatte überhaupt keine großen Schmerzen, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte. Ich war nur über den Sidecut erschrocken 😊.

Mittlerweile bin ich sehr positiv gestimmt. Es war die richtige Entscheidung und ich bereue es keineswegs. Es war der richtige Schritt in die richtige Richtung… Ja, das Hören ist anders, aber welche Alternative gibt es? Keine…!

Also muss ich das Beste daraus machen. Die Erstanpassung verlief auch sehr erfolgreich. Alle waren sehr zufrieden mit den Ergebnissen und im Alltag klappt auch alles sehr gut. Jeden Tag gewöhnt man sich mehr an das „Zauberohr“.

Mir ist bewusst, dass ich noch ganz am Anfang stehe, aber ich denke, wenn man etwas positiv sieht und sich der Situation offen stellt ist es doch gleich tausendmal besser und es entwickelt sich alles in die richtige Richtung.

Ich bin dankbar für die Entwicklung des Cochlea Implantats und bin gespannt wie sich das Thema in den nächsten Jahren entwickelt. Ich hoffe, mit meiner Geschichte anderen Betroffenen Mut machen und ggf. bei der Fragestellung „Cochlea Implantat Ja oder Nein?!“ Hilfestellung geben zu können.

Svenja Birr
Mai 2021