Mein Leben mit dem Cochlea lmplantat
Von Jochen Balthasar
Hallo, mein Name ist Jochen Balthasar, ich bin 37 Jahre alt. Ich wurde mit vier Jahren durch eine beidseitige Mittelohrentzündung (welche von Ärzten nicht erkannt wurde) von heute auf morgen hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig. Ich besuchte die Schule für Hörgeschädigte in Frankenthal, bis zu meiner mittleren Reife. Nach der Schule machte ich eine Ausbildung als Metallbauer, die ich mit dem Gesellenbrief abgeschlossen habe.
Das Jahr 1999 war ein schreckliches Jahr für mich, gesundheitlich angeschlagen durch beidseitige Hörstürze. lch bin in diesem Jahr von heute auf morgen ertaubt. Ich bin abends ins Bett und morgens ohne Gehör aufgewacht. Ich habe nur noch erbrochen, Schwindel gehabt und der Kreislauf spielte verrückt. Kein HNO-Arzt und keine Klinik konnten mir damals helfen, ein verzweifelter Kampf begann, ich wollte mich nicht damit abfinden, taub zu sein.
In der Hoffnung auf Hilfe wanderte ich von Arzt zu Arzt, doch die Ärzte konnten nichts anderes tun, als mir nur Infusionen zu geben. Ich wurde depressiv, psychisch krank, aggressiv und das Elternhaus war die einzige Zuflucht vor der Wirklichkeit. Doch schon da machten sich bereits die ersten Probleme mit Familienangehörigen bereit, denn sie konnten es nie nachvollziehen, dass ich nix mehr hörte. Meine ganze Familie war ja hörend. Zudem waren Sie auch geschlossen gegen das Cochlea Implantat (Cl). Eine schlimme Zeit. Ich habe dann durch Zufall über einen Freund erfahren, dass es eine Klinik in Freiburg gibt, welche tauben Menschen ein neues Hören schenken kann.
Ich machte mich sofort daran, Kontakt aufzunehmen. Als erstes besorgte ich mir die Informationen über das Cochlea Implantat, denn es war mir unbekannt, was das sein sollte. Zu diesem damaligen Zeitpunkt war das CI den Ärzten und auch in den Unikliniken, in denen ich zur Behandlung war, unbekannt. Dank dem Sekretariat der Uniklinik Freiburg hatte ich die Informationen in den nächsten Tagen und man teilte mir mit, dass ein Treffen von Cl Trägern in den nächsten Tagen stattfindet.
Also reiste ich zu diesem Treffen. Ich erhielt dort erste Informationen über das Cl und konnte mich davon überzeugen, dass diese Menschen wirklich mit diesem technischen ,,Wunderding" (einer Innenohr-Hörprothese) hören konnten. Es war unglaublich. Ich hatte 19 Jahre beidseitig Hörgeräte getragen, sollte mich operieren lassen und dann könne ich wieder etwas hören, dies klang nach Hexerei.
Also hatte ich mir von einer weiteren Person Information besorgt, denn ich wollte eine neutrale Meinung dazu haben. Auch hier wurde mir dasselbe berichtet. Nach langer Überlegung sagte ich einer Cl-Voruntersuchung zu. Diese fiel sehr gut aus und ich könnte ein Cl bekommen. Voller Angst und Selbstzweifel wurde ich wieder in Freiburg vorstellig. Dort wurde mir versichert, meine Ängste seien unbegründet.
Somit hatte ich mich dann entschieden, mir ein Cl links einsetzen zu lassen, gegen den Widerstand meiner Familie, die alle hörend sind und geschlossen gegen das CI waren.
Am 23. Januar 2001 war es so weit. Ich bin an diesem Tag in der Uniklinik in Freiburg mit einem CI der Firma Cochlear links einseitig implantiert worden. Die Operation verlief ohne Komplikationen und der Elektrodenträger konnte ohne Probleme in die Schnecke eingeführt werden. Ich war darüber sehr froh und glücklich. Am 19.03.2001 ging es dann zur ersten Anpassung (Ersteinstellung des Sprachprozessors) in das lCF.
Ein fürchterlicher Tag für mich, denn außer lautem Gepiepse konnte ich nichts verstehen. Ich war sehr traurig und enttäuscht, denn meine Hoffnungen und Erwartungen sind nicht eingetroffen. Ich wollte an diesem Tag das CI am liebsten auf den Mond schießen.
Dieses Gepiepse ging ganze acht Monate so weiter. Völlig ratlos und genervt wandte ich mich wieder an das ICF-Team. Sie alle erklärten mir, warum es so lange dauert und ich noch nichts hören konnte. Das Gehirn muss erst lernen die neuen Höreindrücke umzusetzen und diese Signale zu verstehen. Von diesem Tag an beschloß ich intensiv zu üben, egal was kam, ich wollte wieder etwas hören und Sprache verstehen.
lm Januar 2002 zwei Wochen nach einer neuen Anpassung des Sprachprozessors nahm ich endlich Geräusche wahr. Ich sprache meinen Vater an, hörst Du die Vögel auch, die da zwitschern? Er sagte: „Nein“. Dies war für mich ein einmalige unvergeßliche Situation. Ende 2002 stellten sich dann langsam die erhofften und gewünschten Fortschritte ein und ich vernahm langsam Sprache zu deuten.
Erst ein leises, blechernes Rauschen, dann wie Lautsprecherrauschen, alles verzehrt, etwas roboterhaft und es klang wie Donald Duck. Es wurde mit der Zeit immer deutlicher und die Sprache klang langsam normal und ich konnte die ersten Gespräche wieder führen und etwas verstehen. Das Lippenabsehen war aber immer noch notwendig.
Heute sage ich, dieser Entschluß war zwar sehr schwer für mich, aber es hat sich gelohnt. Wen ich diesen Schritt nochmal gehen und entscheiden müsste, würde ich sofort wieder JA sagen.
lch bin glücklich mit dem Cl, es gab mir mein Selbstvertrauen und die Kontakte zu meiner Umwelt wieder zurück. Mit dem CI fühle ich mich wie zum zweiten Mal neu geboren. Dinge, die ich vorher 19 Jahre nie hören und warnehmen konnte mit Hörgeräten, durfte ich neu kennen lernen und erleben.
Es macht Spaß die Welt voller Geräusche und Klänge neu zu erleben. Diese Entdeckungsreisen, es ist wie bei einem Baby, das alles erst neu lernen muss.
Mein besonderer Dank gilt allen Mitarbeitern der Uniklinik Freiburg, sowie dem ganzen ICF-Team, welche mir schließlich ein neues Hören ermöglicht haben und den Erfolg des Hörens mit dem CI.
Zum Schluß meinen großen Dank an Frau Jutta Göpfert, welche mir immer mit Hilfe, Rat und Tat zur Seite gestanden haben, ebenso an Udo Barabas und die DCIG. Ich werde Euch und Eure Hilfe nicht vergessen und die Erinnerung an Euch stehts bewahren.
Schließlich verdanke ich durch Eure Hilfe und Unterstützung mein neues Hören mit dem CI.
Jochen Balthasar
Mohnstraße 8
67067 Ludwigshafen – Maudach