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Mein Leben mit Neurofibromatose Typ 2

Von Greta Brenken

Fotoquelle:
Sandra Dörpinghaus, handcraftedfotos

Ich heiße Greta und bin 22 Jahre alt. Ich wohne in Köln und studiere Sonderpädagogik. Ich leide an der seltenen Krankheit Neurofibromatose Typ 2. Das ist eine Erkrankung, bei der das gesamte Nervensystem von Tumoren befallen werden kann. Typisch sind dabei gutartige Tumoren an den Hör- und Gleichgewichtsorganen, im Rückenmark, aber auch an ganz vielen anderen Stellen.

Bei mir liegt - wie bei vielen anderen Patienten auch - der Schwerpunkt im Kopf. Weil ich dort an beiden Gehörgängen sogenannte Akustikusneurinome habe, bin ich seit dem Jahr 2020 vollständig taub. Leider konnten wiederkehrende Operationen und Medikamente diesen Vorgang nicht aufhalten/verlangsamen.

Auch, wenn ich viele Jahre lang dachte, komplett taub sein zu müssen, ergab sich mir eine wunderbare Möglichkeit: ein Hirnstammimplantat (= Auditory Brainstem Implant kurz ABI).

Trotz Zweifel in Bezug auf einen Erfolg entschied ich mich für die Implantation.

Im Spätherbst 2020 wurde mir das erste Implantat eingesetzt und nach vier Wochen konnte es aktiviert werden. Schon während der Aktivierung stellte man fest, dass ich schon sehr viel wahrnehmen konnte. Töne waren möglich - laut, leise, dunkel, hell.

Nachdem das Implantat die erste Einstellung besaß, wurde es eingeschaltet, meine Technikerin klatschte in die Hände und fragte mich: „Kannst du das hören, Greta?“ Gänsehaut breitete sich in meinem Körper aus, denn: ich konnte es hören.

Die ersten Monate war es sehr anstrengend für mich, das ABI zu tragen: ich hatte einen furchtbaren Tinnitus und das Implantat selber rauschte und bimmelte ständig, da ich zu Beginn die Geräusche nicht so wahrnahm, wie ich es aus Zeiten kannte, in denen ich noch mit Hörgeräten hören konnte. Betonungen und Töne ersetzten die gewohnten Dinge.

Mit einer Logopädin erreichte ich durch intensives Hörtraining schnelle Erfolge und generell ließ ich zum Beispiel nebenbei immer Musik oder den Fernseher laufen.

Und so fing es an, dass sich mein Implantat sprunghaft immer weiter verbesserte und sich ein Hören entwickelte. Die Geräusche wurden klarer und hörten sich immer mehr wie früher an.

Im Sommer 2021 sollte ich mich für oder gegen ein zweites ABI entscheiden. Auch hier fiel mir die Entscheidung aufgrund eines hohen Risikos für eine zweite Fazialis Parese sehr schwer, aber ich ließ mich schließlich von sehr guten Argumenten davon überzeugen, den Schritt zu wagen.

Schon auf der Intensivstation überbrachte man mir die Nachricht, dass dieses zweite, neu implantierte ABI die Chance hätte, noch besser zu werden als mein erstes.

Am Tag der Aktivierung dann die unglaubliche Nachricht: ich konnte noch mehr hören, als beim ersten ABI. Nachdem ich die ABIs ein paar Tage zusammentrug, entwickelte sich ein richtig reales Hören. Durch dieses zweite ABI darf ich heute wieder vollständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Musik ist möglich, Gespräche gehen und sogar Sprachverständnis mit Maske ist ab und zu gegeben.

Es ist ein Wunder, für das ich jeden Tag aufs Neue unsagbar dankbar bin. Auch, wenn der Weg hart war und ich vollstes Verständnis dafür habe, Respekt vor dem Eingriff zu haben, ich bereue es keine Sekunde. Ich bin unendlich glücklich, mich damals getraut zu haben, diesen Weg zu gehen und würde es immer wieder ganz genau so machen! 

Greta Brenken
Creator of @somehowdeaf
September 2022