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Heute erzähle ich euch meine Geschichte…

Von Diana

Am 25.September 1997 erblickte ich das Licht in dieser Welt. Man hat es noch nicht gemerkt, dass ich die Welt still wahrnehme. Als ich drei Monate alt war, bemerkte meine Mama dennoch, dass irgendwas nicht stimmt. Wenn ich geschlafen habe und es war ein lauter Knall in meiner Nähe gewesen, reagierte ich nicht und habe seelenruhig weitergeschlafen. Ich reagierte nicht bzw. kaum auf Geräusche im Alltag. Meine Mama hatte in der Schwangerschaft starke Mittelohrenentzündung gehabt, ihre Vermutung ist, dass es davon kommen könnte. Die Ärzte können es sich nicht erklären.

Ich hatte dann Hörgeräte bekommen, die ich überhaupt nicht mochte. Ich habe sie immer rausgezogen. Acht Monate lang trug ich sie und hatte leider keine Erfolge. Ich reagierte zwar auf gewisse Knallgeräusche, aber nicht ausreichend, um die Sprache zu erlernen. So ließen meine Eltern sich beraten und machten sich viele Gedanken darüber. Wie wird unsere Tochter aufwachsen? Wie schlimm ist die OP? Wird sie normal reden können?

Letztendlich haben sie sich doch für ein Cochlea Implantat (CI) entschieden.

Meine Eltern hatten die freie Entscheidungswahl zwischen den drei CI-Herstellern. Sie entschieden sich für Advanced Bionics, weil es damals das kleinere Gerät war.

Im März 1999 bin ich dann operiert worden und die OP dauerte 5 Stunden. Etwa drei Monate nach der Erstanpassung fing ich an die ersten Worte zu sprechen. -Ein Erfolg-

Meine Eltern bzw. unsere Familie sind Russland-Deutsche und haben somit russisch und deutsch gesprochen. Die Ärzte sagten damals zu meinen Eltern, dass ich nur deutsch lernen soll… Heutzutage würde man es anders machen… und manchmal wünschte ich mir auch, man hätte es mir von Anfang an beigebracht...Natürlich hatte ich drum gebeten, dass deutsch und deutlich gesprochen wird, damit ich auch etwas mitbekommen kann. Da war die Antwort, das ist unsere Sprache – dass musst du akzeptieren… naja, ich habe versucht der Sache dann aus dem Weg zu gehen.

Mit der Zeit wurde es immer besser und ich zog mein CI nicht weg, wie bei den Hörgeräten. Wenn mein Akku leer wurde, bin ich zu meinen Eltern gelaufen, um sie aufmerksam zu machen, dass ich nichts mehr höre. Wir mussten regelmäßig ins CIC (Cochlea-Implantat-Centrum) und es musste nachgestellt werden, kontrolliert, sowie hören und sprechen wurde geübt.

Die Kindergartenzeit war ganz gut. Ich bin in einen Kindergarten mit Normalhörenden gegangen. Ich hatte privat Logopädie, was mir sehr guttat. Mehrmals hat eine Betreuerin aus der Wechselgruppe mich im Kindergarten besucht und regelmäßig musste ich mit meiner Mama in die Wechselgruppe sowie ins CIC. Wir waren in Friedberg und hatten sehr gute Erfahrungen gemacht.

Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn ich mit meiner Mama in die Wechselgruppe oder ins CIC musste. Eigentlich schade, dass wir nicht mehr hinmüssen. 😉

Im Kindergarten habe ich eigentlich nur mit einem Jungen gespielt, und zwar einem, der selbst auch zwei CI's hatte. Mit den Normalhörenden war es nicht so gut. Wahrscheinlich habe ich es da schon gemerkt, dass bei mir irgendwas anders ist.

Hier kam die große Frage, auf welche Grundschule soll ich gehen? Auf eine Grundschule für Normalhörende oder für Hörgeschädigte?

Meine Eltern wollten es mit der Regelgrundschule versuchen, damit ich möglichst „normal“ aufwachse. In der Wechselgruppe hat man einige Test gemacht, bevor die Grundschule beginnt, um zu schauen für welche Schule ich besser geeignet bin. Meine Eltern wollten mir eine Chance geben bestmöglich „normal“ aufzuwachsen.

Im Nachhinein wünschte ich mir, diese Erfahrungen nicht machen zu müssen. Denn ich wurde nicht akzeptiert und nicht toleriert. Ich wurde ausgegrenzt, gemobbt, gehänselt. Keiner wollte mit mir zu tun haben, weil ich nichts verstehe und eine komische Beule am Bauch hatte sowie ein Kabel bis zum Kopf. Ich hatte damals einen Taschenprozessor getragen. Die Schulkinder sagten: „Warum sollen wir mit der spielen, sie versteht sowieso nichts!“ Einer Kinderseele ist es ein direkter Schuss ins Herz. Ich fühlte mich alleingelassen. Keiner wollte mit mir was zu tun haben. Ich bin Einzelkind, keine Geschwister, die da waren. Ich fing an mir Gedanken zu machen, was falsch mit mir ist. Wieso bin ich anders? Was ist anders bei mir? Bin ich so behindert? Habe ich es nicht anders verdient? Wieso nehmen sich die Lehrer keine Rücksicht? Gehöre ich hier auf die Welt?

Von Kleinkindalter an habe ich sehr viele Ausgrenzungen, Ablehnungen erfahren müssen. Selbst am Familientisch habe ich nie wirklich etwas verstehen können. Größtenteils hat die Familie russisch gesprochen, obwohl sie wussten, dass ich davon nichts verstehe und sprechen kann... naja...  Natürlich habe ich mit der Zeit dann auch psychische Probleme bekommen…

Es kam regelmäßig eine Betreuerin, die hörgeschädigte Schüler in der Regelschule begleitet. Sie hatte zwar viel Aufklärungsarbeit geleistet, leider hatte es nicht viel gebracht. Es wurde nicht besser, im Gegenteil. Ich benutzte die FM-Anlage, geholfen hat sie mir leider nicht wirklich.

Meine Noten waren wirklich sehr schlecht. Als die 4. Klasse begann, mussten wir uns überlegen, auf welche Schule ich danach gehen soll… Dann hatte ich zwei Wochen Schnupperzeit in einer Schule für Hörgeschädigte gehabt und wir haben uns, beziehungsweise ich mich für diese Schule entschieden.

Ich wollte unbedingt die linke Seite auch operieren lassen, um meine Mitmenschen besser zu verstehen, sowie das Richtungshören. Damit war auch meine Hoffnung verbunden gewesen, dass das Mobbing und die Ausgrenzungen in der Schule aufhören. Wenn mich jemand gerufen hatte, habe ich gefühlt eine Stunde die Person gesucht, die mich gerufen hat.

Es waren längere Kämpfe mit der Krankenkasse notwendig gewesen, da sie es nicht gleich genehmigen wollten. Aber auch wegen der Grundschule war es etwas schwierig, da man ca. einen Monat dann dort fehlt. Deswegen haben wir die CI-OP dann in den Sommerferien 2007 in Frankfurt am Main machen lassen. Die OP dauerte 3 Stunden. Nach der OP hatte ich die Tage etwas Schmerzen gehabt. Was mir aber am meisten wehtat war der Schmetterling im Handrücken. Dreimal am Tag bekam ich Antibiotika-Infusionen und meine Venen machten dicht. Der Zugang tat mehr weh als mein Kopf.

Meine Mama und ich spazierten durch die Klinik in Frankfurt und mich klotzen die Leute an, weil ich so einen komischen dicken Verband um dem Kopf hatte, und meine Haare wild durch die Gegend standen.

Eine Problematik fällt mir auf seit der OP auf, wenn ich mit einem schnellen Aufzug fahre, muss ich erstmal ein paar Minuten stehen bleiben, weil es mir so schwindelig ist. Nach ein paar Minuten geht es aber wieder.

Ich bekam damals den Sprachprozessor Harmony von Advanced Bionics. Als die linke Seite eingeschaltet wurde, sollte ich die rechte Seite ausschalten. Das war sie auch, dann ploppte die rechte Seite wieder an und ich dachte, ich verstehe es mit dem linkem Ohr. Die Audiologin machte einen Sprachtest und ich war überrascht, wie gut er ausgefallen war. Bis wir dann nochmal überprüften, ob die rechte Seite auch wirklich ausgeschaltet war. -Nein, war sie nicht- Also, machten wir es aus und es war soo enttäuschend, wie komisch anders es war. Es ist wirklich schwer zu beschreiben, ich konnte kaum Buchstaben verstehen und alles klang anders.

Die erste Zeit habe ich den Harmony bunt getragen, da hatte man sehr viele Schalen bekommen. Leider waren sie aber sehr empfindlich und sind sehr schnell durchgebrochen. Danach habe ich es nur noch so getragen und rechts habe ich den Harmony ca. 2010 bekommen.

Es war wieder regelmäßig Reha im CIC Friedberg angesagt, ich war wirklich sehr gerne da. Aber die linke Seite mochte ich nicht wirklich. Wenn ich z.B. viel Sport gemacht habe, viel gelacht habe, etc. tut mir einfach die ganze linke Seite weh. Bis heute. Ob ich das CI anhabe oder nicht, ist egal.

Einige Jahren vergingen. Ich kann zwar Dinge mit dem linken CI verstehen, aber es ist total anders als die rechte Seite. Ich vergleiche das Hören ein wenig mit Farben. Wir CI-Träger kennen ja die Hörende-Stille (wenn wir unser CI anhaben und wirklich alles still ist) und die Stille-Stille (wenn wir unser CI nicht anhaben). Die Hörende-Stille auf der rechten Seite ist bunt und die auf der linken Seite einfach nur schwarz. Zudem spüre ich den Stromfluss auf der linken Seite was rechts nicht der Fall ist. Meine Vermutung ist, dass ich quasi 9 Jahre taub auf linkem Ohr war und es zu weit auseinander war. Zu dem triggert mein linkes CI mich negativ auf meine chronische Migräne – also, lasse ich sie lieber ab.

Das Mobbing und die Ausgrenzungen hörten in der Grundschule leider nicht auf...

In der 5. Klasse bin ich dann auf eine hörgeschädigten Schule gegangen. Ich habe gesehen, dass es viele Schulkinder gibt, die dasselbe Problem haben wie ich. Ich habe mich nicht mehr alleine gefühlt mit dem „Anderssein“.

Dennoch waren die Enttäuschungen und die Verletzungen so tief in mir drin, dass ich mich selbst automatisch ausgrenzte, obwohl ich es nicht wollte. Durch dieses Verhalten hatte ich nicht wirklich Freunde oder eine tiefsinnige Freundschaft gehabt.

Was sich positiv entwickelte waren die Noten. Die Verbesserten sich stetig. Das Zeugnis von der 4. Klasse (Grundschule/Normalhörende Schule) und das 1. Zeugnis von der hörgeschädigten Schule waren so unterschiedlich wie von zwei verschiedenen Personen.  Klar, die Lehrer sind speziell darauf geschult und nehmen sich die Zeit und Rücksicht und geben Acht, dass alle Schüler den Schulstoff mitbekommen. Die Klassen sind deutlich kleiner (max. 10 Schüler). Die Schüler sitzen im Halbkreis und der Lehrer in der Mitte vom Halbkreis, so dass jeder Schüler auf jeden Mund schauen kann. Wenn der Lehrer an der Tafel was schreibt, redet er nicht!

Auf der hörgeschädigten Schule machte ich zuerst meinen Hauptschulabschluss und dann den Realschulabschluss. In der mündlichen Prüfung der Hauptschule hatte ich das Thema Cochlea Implantate und Hörgeräte. Mir machte es Spaß über die Technik zu sprechen, dass ich überlegte, ob ich eine Ausbildung als Hörgeräteakustikerin mache.

Ich habe immer mal versucht Kontakt zu Normalhörenden zu suchen, leider wurde ich immer wieder enttäuscht. „Die hört doch nichts. Die ist dumm und kann nichts. Die ist behindert.“ Ich wollte mit Normalhörenden nichts mehr zu tun haben. Wir sind genauso Menschen wie Normalhörende nur mit einer andere Hörwahrnehmung bzw. Höreinschränkung. Ein CI ersetzt nicht das komplette „Normalhören“! Wir müssen uns so im Alltag durchkämpfen. Das Hören geht sehr stark an unsere Energiekapazitäten und dann müssen wir uns noch mit solchen Kommentaren herumschlagen...

Durch diese Verhaltensweise neigte ich dazu, mit meiner Hörbehinderung nicht offen umzugehen. Wenn ich jemanden beim dritten Mal nachfragen immer noch nicht verstanden habe, dann habe ich einfach „ja“ gesagt und habe gehofft, dass es keine Frage war. Aber seit der Ausbildungszeit gehe ich damit viel offener um.

2012/2013 hatte das Implantat auf der rechten Seite nicht mehr richtig funktioniert. Ich hatte extreme Lautstärkeschwankungen gehabt, die das Sprachverstehen erheblich beeinträchtigt haben. Der CI-Akustiker hatte alles getan was er konnte. Ein netter Herr von Advanced Bionics hatte sich ebenfalls meinen Fall angeschaut. Nun landete ich in der Klinik und auch sie versuchten alles und nichts half. So lag die Entscheidung bei mir, ob ich mich sofort operieren lasse oder warte bis das Implantat komplett kaputt geht. Ich habe mich für schnellstmöglich entschieden, ich wollte wieder besser verstehen können, bevor ich eine Ausbildung beginne. Ich sprach mich mit meiner Lehrerin ab wann ich einen Monat fehlen kann. Ich steckte mitten der Projektprüfung (mündliche Prüfung) der Hauptschulprüfungen.

Im November 2013 hatte ich einem OP-Termin bekommen und das beste war, ich lag damals mit meiner besten Freundin zusammen im Krankenhaus und auch im gleichen Zimmer. Meine Freundin wurde neu implantiert, sie hatte vorher Hörgeräte. Und ich wurde reimplantiert. So wurde es nicht langweilig im Krankenhaus, es war sogar eine sehr angenehme Zeit.

Voraussichtlich sollte die OP zwei Stunden dauern, sie dauerte aber vier Stunden. Mein Implantat war zu sehr im Knochen eingewachsen. Ich hatte nach der OP erstaunlicherweise überhaupt keine Schmerzen am Kopf gehabt, wenn auch hier der Zugang/Schmetterling am Handrücken sehr wehgetan hat. Oder es lag daran, dass meine beste Freundin neben mir lag 😊.

Die Wunde verheilte sehr gut. Das gute war, es mussten keine Fäden gezogen werden, da es außen geklebt und innen vernäht wurde.

Das schlimmste war, die ganze Zeit nur mit der linken Seite zu hören. Die ersten Tage war es echt frustrierend für mich, also hörte ich sehr viel Musik. Nach ein paar Tage passierte etwas Erstaunliches… ich hörte wie, als würde ich mit rechts hören. Glücklich war ich und hoffte, dass es auch so bleibt, wenn die rechte Seite angepasst wird. Mir wurde etwas schwindelig, deshalb ein Stück in den Verband reingeschnitten.

Den Erstanpassungstermin hatte ich bei meinem CI-Akustiker. Ich wollte nicht in die Klinik nach Frankfurt, der Weg war zu weit. Ich wurde rechts 1999 implantiert, ich hatte damals das erste Implantat vom Hersteller gehabt und nun gewechselt auf das aktuelle Implantat. Von der Optik ein großer Unterschied aber auch vom Hören. Vor der OP hatte ich das Modell Harmony und bei der Erstanpassung wurde es auch noch genutzt. Als das CI eingeschaltet wurde, war ich total baff. Mein erster Satz, den ich sagte war: „Hä?! Ich höre auf einmal so schnell.“ Anders konnte ich es nicht beschreiben. Es ist ein großer Unterschied gewesen zwischen dem ersten Implantat und dem aktuellen, was ich habe.

Ich konnte mein Umfeld zwar schon verstehen, aber alles war in Roboter- und Mickey-Maus Stimme. Es war anstrengend, aber zugleich lustig, wenn sich Menschen aufregten. Ich hörte sehr viel Musik, die ich auswendig kenne. Nach ca. zwei Wochen habe ich dann das Naida CI Q 70 bekommen. Ich hatte aber etwas Schmerzen gehabt beim Tragen, denn die Spule war direkt auf meiner alten Narbe. Es legte sich aber zum Glück mit der Zeit. Das kommt dadurch, dass das neue Implantat eine andere Form hat als das alte.

Nach ca. drei Monaten hat sich alles wieder normal angehört und die linke Seite hat sich wieder auf den alten Stand geschaltet. Irgendwie komisch… komplexes Gehirn zu, was es alles in der Lage ist -Wahnsinn.

Im Nachhinein habe ich erfahren, dass das alte Implantat in Ordnung war (ob das wirklich stimmt, ist die andere Frage). Es hätte eigentlich nicht operiert werden müssen. Aber ich bin trotzdem froh, dass es gemacht wurde. Es ist so ein großer Unterschied zwischen den Implantaten.

Ich entschied mich, eine Ausbildung als Hörakustiker zu machen. Seit ich klein bin, begleiten mich Akustiker in meinem Leben und ich habe mich da immer wohl gefühlt. Zudem wollte ich irgendwas mit hörgeschädigten Menschen machen, da ich mich in der „hörende Menschenwelt“ nicht so wohl fühle.

In der mündlichen Prüfung der Hauptschule hatte ich das Thema Cochlea Implantat und Hörgeräte gehabt und es hat mir so viel Spaß gemacht darüber zu reden und die Erfahrungen von anderen Betroffenen zu hören. Ich fragte meinen damaligen Akustiker, ob ich überhaupt Akustiker werden kann mit meiner Hörbehinderung und ja es geht. Es hat sogar Vorteile gegenüber Kunden, denn man ist selbst davon betroffen und der Kunde fühlt sich nicht alleine. Denn man hat mehr Empathie und versteht die Einschränkungen im Alltag.

So machte ich meinen Realschulabschluss und hatte Bewerbungen rausgeschickt. Ich entschied mich dann für einen Betrieb und im September 2015 begann die Ausbildung.

Die Ausbildungszeit war ok, hätte aber besser sein können. Ich wünschte, ich wäre mehr gefördert worden, teilweise hatte ich die Lust an dem Beruf verloren gehabt...

In Deutschland gibt es nur eine Berufsschule für Hörgeräteakustiker und die war in Lübeck. Das heißt man hatte Blockschulung, ein paar Monate hatte man im Betrieb gearbeitet und für ca. 4-6 Wochen in Lübeck hatte man Schule gehabt.

In der Klasse waren ca. 28 Schüler und ich habe in der ersten Reihe gesessen, d.h. ich konnte die Mitschüler nicht verstehen und auch nicht von Mundbild ablesen. Ich benutze die FM-Anlage. Es waren einige Schwerhörige, die auch die Ausbildung machten und ich fragte mich, warum nicht eine extra Klasse gemacht wird, in der nur Schwerhörige sind. Die Antwort war, damit die „Normalhörenden“ es hautnah erleben, wie es bei uns ist.

Auch hier war ich eher die Außenseiterin und die Ausbildung war stressig gewesen. Drei Wochen nur Stoff ohne Ende und in der vierten Woche die Klausuren in allen Fächern, aber ich habe es zum Glück geschafft. 

Im Juli 2018 hatte ich dann meine Gesellenprüfungen gehabt und sie auch bestanden. Vom Ausbildungsbetrieb wurde ich nicht übernommen, also hatte ich mich woanders beworben und auch eine Stelle bekommen. Es war ein Betrieb in Hanau mit vielen Mitarbeitern gewesen und auch in der Bewerbung stand drin, dass ich CI-Trägerin bin. Also müssen sie ja wissen, was auf sie zukommt (eigentlich).

Im August 2018 hatte ich dann angefangen und hatte vom ersten Arbeitstag ein komisches Gefühl gehabt, ich habe es ignoriert und habe mich auf die Arbeit konzentriert. Ich habe die Mitarbeiter aufgeklärt, dass ich das habe und nicht immer alles verstehe, es war leider auch viel Betrieb und Lärm gewesen.

Nach und nach fingen die Mitarbeiter zu sagen, die tut nur so. Versteht alles, tut aber nur so, als würde sie nichts verstehen. Mal reagierte ich und mal nicht, wofür ich nichts konnte. Der Betrieb war leider nur auf Verkauf ausgelegt und nicht auf offene und ehrliche Beratung (das ist nicht mein Arbeitsmotto). Nach ca. 2 ½ Monaten wurde ich dann gekündigt. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden, wie können die null Rücksicht nehmen, dabei sind sie doch Beruf Hörakustiker und müssten sich damit bestens auskennen. Naja, ich hatte keine Lust mehr auf normalhörende Menschen und hatte auch immer weniger Lust auf den Beruf gehabt. Ich habe einige Bewerbungen rausgeschickt und leider nur Absagen… Ich habe mir überlegt, in welchen Berufen ich noch arbeiten könnte..

Aber dann…

am 1.1.2019 meldete sich dann ein Betrieb, bei dem ich mich in der Ausbildungszeit beworben hatte und habe eine Jobanfrage bekommen. Zuerst dachte ich mir, welcher Betrieb schreibt eine Jobanfrage an einem Feiertag? Das Bewerbungsgespräch war gut und ich fühlte mich gut dabei. Die Angst war aber trotzdem groß, wieder enttäuscht zu werden. Im März 2019 habe ich angefangen dort zu arbeiten und fühlte mich von Anfang an wohl. Bis heute arbeite ich in dem Betrieb und wünsche mir nichts anderes mehr. Das Beste ist, es wird nicht nur auf den Verkauf wert gelegt, sondern auf die offene und ehrliche Beratung – genau mein Arbeitsmotto. Bisher hatte ich auch schon ein paar CI-Beratungen gemacht, wenn der Kunde vom HNO-Arzt eine Empfehlung fürs CI bekommen hat.

Es sind sehr wenige Mitarbeiter, aber sie nehmen sehr viel Rücksicht sowie auch der Chef.

Am 17. Mai 2021 habe ich den aktuellen Prozessoren bekommen das Naida CI M90, da war das Hören auch wieder anders. Am Anfang war es inakzeptabel gewesen, da die Automatik eingeschaltet war und ich bin ohne die Automatik aufgewachsen. Automatik heißt in dem Fall, Mikrofonausrichtungswechsel, Störgeräuschunterdrückung, etc.

Ich konnte kaum die Mitmenschen verstehen und es machte mich innerlich sehr unruhig. Da Autos sich nicht mehr nach Auto anhörte, sondern wie Wasserrauschen. Somit wurde es ausgeschaltet und alles war wieder super. Aber es hatte gedauert, bis die Einstellung wieder passte.

Das Gute an dem Gerät ist, dass ich es direkt mit Bluetooth koppeln kann und ich mein CI als Kopfhörer-Ersatz benutzen kann. Auch telefonieren sowie Musik hören geht direkt auf das CI – ohne, dass es von außen jemand mitbekommt, dass ich telefoniere oder Musik höre. Großartig, oder?

Ich veröffentliche auch meine Erfahrungen und mein Wissen über CI auf Instagram: dianas_leben_mit_2cis

Ohne mein CI höre ich wirklich gar nichts mehr. Das ist nachts sehr gut und wenn man seine Ruhe haben möchte. Gerade bei starken Migräne-Attacken ist die gehörlose stille ein großer Vorteil.

Ich bin so froh und dankbar, dass es die Technikmöglichkeit gibt, auch wenn es mit CI Einschränkungen im Alltag gibt. Mit dieser tollen Technik kann ich hören und verstehen, aber ich kann mich auch aktiv entscheiden etwas nicht zu hören – dann wird einfach ausgeschaltet 😉.

Ein großes Dankeschön an meine Mama, die es sehr schnell bemerkte, dass etwas nicht stimmt und da nachgegangen ist. Und meine Eltern aktiv und früh gehandelt haben. Ein großes Dankeschön an die Ärzte in der Klinik Frankfurt,  in der ich drei CI OP´s hatte und alles gut verlaufen ist.

Ein großes Dankeschön an Frau Schwarz und Frau Bumann, die mich in der CIC-Zeit aktiv begleitet haben. – an die Zeit erinnere ich mich sehr gerne und vermisse sie zum Teil auch.

Ein großes Dankeschön an den Hersteller Advanced Bionics, dass es diese wundervolle Möglichkeit gibt.

Ein großes Dankeschön an meine Freundinnen, dass sie für mich immer da sind und mich immer verstehen.

Ein großes Dankeschön an mein Arbeitsbetrieb, dass man mich als CI-Träger und deren Einschränkungen versteht und Rücksicht darauf nimmt. Ich bin dankbar, dass ich hier von meiner Arbeitskollegin und meinem Chef als vollwertige Mitarbeiterin gesehen werde.

Ein großes Dankeschön an das ganze Team von Hörpunkt, die meine CI-Versorgung aktiv begleiten und ich immer kommen kann, wenn was ist. Die CI-Einstellungen sind super.

Und zu guter Letzt ein Dankeschön an mich selbst, dass ich immer durchgehalten habe, auch wenn es sehr hart und schwierig war.

Ich hoffe ich konnte mit meiner Geschichte den einem oder anderen helfen.

Diana
Juni 2023