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Eine erfolgreiche Re-Implantation und über die Wichtigkeit der jährlichen CI-Kontrolle in der Klinik

Von Karl-Wolfgang Kaiser

Ein Mitglied in der CI-SHG-Frankfurt leidet unter dem Usher-Syndrom. Dies bedeutet, dass sie im Laufe der Zeit nicht nur ertaubte, sondern auch erblindete. Sie wurde von meiner Frau im Jahr 2000 über das CI informiert und ist 2001 implantiert worden, damals hatte sie noch knapp 40% Sehvermögen. Durch das CI auf der rechten Seite konnte sie in Folge nicht nur sehr gut kommunizieren, sogar telefonieren, unter anderem, da sie alle Telefon-Nummern auswendig kannte. Heute sieht sie nur noch Hell-Dunkel.

Durch einen häuslichen Unfall kam es vor einiger Zeit im Bereich der Implantationsstelle zu einer Verletzung, die sich immer wieder entzündete, wodurch die Haut über dem Implantat abstarb. Anfang März hatte sich schließlich das Implantatgehäuse komplett durch die Haut durchgearbeitet und die Dame brachte nunmehr ihre Sendespule des Sprachprozessors direkt an dem heraushängenden Implantat an.

Da ich mich etwas um sie gekümmert habe, rief sie mich an und fragte um Rat. Als ich die Stelle sah, habe ich sie letztlich überzeugen können, mit mir in die Uniklinik zu fahren, wo wir in der Notaufnahme am Samstag, den 02. März 2024 auch gleich angenommen wurden. – Die diensthabende Ärztin hatte eine derart fortgeschrittene Hautproblematik im CI-Bereich noch nicht gesehen und informierte Frau Prof. Dr. Helbig, die anhand des Fotos die sofortige stationäre Aufnahme anordnete.

Nach den erforderlichen Voruntersuchungen und Vorbereitungen erfolgte dann Donnerstag die Re-Implantation, die problemlos verlief. Nun stand das Wochenende an und ohne CI war die Verständigung kaum möglich, daher entschied Frau Prof. Dr. Helbig, schon am Freitag den neuen Sprachprozessor anzupassen.

Es war eine Herausforderung sowohl für die Audiologin als auch für die Patientin, da anfangs keine normale Kommunikation möglich war. Aber nach kurzer Zeit erkannte diese, was geschehen sollte und machte richtig gut mit. Es wirkte da wie ein Wunder, dass direkt nach dieser ersten Anpassung, zurück auf der Station, mit der Tochter und mit mir Gespräche fast ohne Nachfrage möglich waren. Da zeigte sich auch die Erfahrung aus über 20 Jahren Hörerfahrung mit dem CI.

Was Frau Prof. Dr. Helbig und ihr Kollege PD. Dr. Ernst in diesem seltenen Fall geleistet haben, wird für die Ausbildung weiterer Generationen von HNO- und CI-Ärzten ein interessanter Fall sein. Er dient insbesondere als schlagkräftiges Argument für die regelmäßige, jährliche Kontrolle des CI’s und des Patienten, da die Klinik als Betreiber des Implantats für die ordnungsgemäße Funktion die Verantwortung auf Lebenszeit hat. Die CI-Nachsorge muss somit von der implantierenden Klinik angeboten werden

Wäre die CI-Trägerin gleich nach dem Unfall zur Kontrolle in die Uni-Klinik gekommen und hätte die Kontrolltermine nicht aufgrund der Angst, das Implantat zu verlieren, abgesagt, wäre die Behandlung frühzeitiger und einfacher gewesen. Eventuell hätte man eine weitere Operation umgehen können.

Wir vom CIV HRM und von der CI-SHG sind der Uniklinik und ihrem Team von Herzen dankbar für die Mühe und dieses tolle Ergebnis.

Karl-Wolfgang Kaiser
April 2024


Was ist das Usher-Syndrom?

Das Usher-Syndrom ist eine Hörsehbehinderung, welche autosomal-rezessiv vererbt wird.

Beim Menschen sind ca. 40 Syndrome bekannt, die als Symptome Gehörlosigkeit in Kombination mit Blindheit beinhalten. Bei jedem zweiten betroffenen Patienten ist das Usher-Syndrom der Auslöser; somit ist es die häufigste Ursache von erblicher Blind-Taubheit.

Definiert wird das Usher-Syndrom durch früh einsetzende Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit von Geburt an und später einsetzenden Verlust des Sichtfeldes, verursacht durch Retinopathia pigmentosa (RP, früher als „Retinitis pigmentosa“ bezeichnet). Das Absterben  der Photorezeptoren vollzieht sich in der Regel von der Peripherie zur Makula hin. Wie für eine Retinopathia pigmentosa typisch kommt es im Verlauf erst zu Nachtblindheit und dann zu einer langsamen Einschränkung des Gesichtsfeldes bis hin zu einem sich immer mehr verengenden „Tunnelblick“, was in einem späteren Stadium in der Regel je nach Usher-Subtyp zur Erblindung führt. Die Hörbeeinträchtigung beim Usher-Syndrom beruht im Wesentlichen auf einer Schädigung der Haarzellen in der Schnecke des Innenohres. Sie liegt meist ab Geburt in Form von Taubheit oder mittel- bis hochgradiger Schwerhörigkeit vor.

Nachdem der klinisch heterogene Verlauf des Usher-Syndroms bereits beschrieben worden war, wurde das Usher-Syndrom nach klinischen Merkmalen in drei Typen unterteilt. Danach ist ein Patient mit Usher-Typ 1 (USH1), dem schwersten Verlauf dieser Krankheit, von Geburt an taub, und die beginnende Retinopathia pigmentosa kann ab dem 10. Lebensjahr diagnostiziert werden. Zusätzlich ist der Gleichgewichtssinn vieler, aber nicht aller Patienten gestört. Bei Usher-Typ 2 (USH2) wird eine konstant bleibende, aber hochgradige Schwerhörigkeit festgestellt und die beginnende Retinopathia pigmentosa setzt während der Pubertät ein. Usher-Typ 3 (USH3) unterscheidet sich von USH1 und USH2 durch das spätere Einsetzen sowohl der Taubheit als auch der Retinopathia pigmentosa. Der Gehörverlust setzt postlingual ein und ist fortschreitend. Die Retinopathia pigmentosa setzt bei USH3-Patienten erst im zweiten Lebensjahrzehnt ein.


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Usher-Syndrom