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Mein (Um-)Weg zum Cochlea Implantat (CI) –
Oder Geschichten, die das Leben schreibt!

Von Brigitte Oberkötter

Lieber Michael,

ich habe Dir versprochen, Dir zu berichten, wie ich das erste Mal von Dir gehört habe.

Zuvor muss ich ein bisschen ausholen. Ich war wahrscheinlich schon von Geburt an auf einer Seite schwerhörig, aber das wurde übersehen bzw. ignoriert. In meinem zweiten Lebensjahrzent ging es auch mit dem anderen Ohr schnell abwärts. Es ließ sich nun nicht mehr verbergen. Mit 14 Jahren war ich zum ersten Mal bei einem Ohrenarzt, das war das erste Desaster, das ich mit HNO-Ärzten hatte, weitere folgten.

1966 schickte mich endlich mein Hausarzt zu einem HNO-Arzt, der mich an die Uni-Klinik überwies. Dort hatte ich rechts eine Stapes-OP, mit örtlicher Betäubung - der reine Horror. Die OP war erfolglos, aber ich bekam zu meiner Verblüffung auf dem „guten“ Ohr ein Hörgerät. Damit war ich erst mal sehr glücklich.

Dann folgte ein paar Jahre später das zweite Hörgerät, das ich noch selbst bezahlen musste, und in der Folge die üblichen Probleme und immer stärkere Geräte. Nach zwanzig Jahren habe ich mich überreden lassen, das linke Ohr operieren zu lassen, entgegen meinem Bauchgefühl. Die OP war ebenfalls erfolglos, ich bekam nur einen Horrortinnitus, immer wenn es Hochdruck-Wetter gab. Das wurde zwar irgendwann besser, aber ich habe geschworen: An meine Ohren lass ich nie mehr jemanden dran.

Das ist die Vorgeschichte. Irgendwann erzählter mir unsere Nachbarin und gemeinsame Bekannte (Hildegard J.), sie hätte von einem jungen Paar gehört, das durch eine neue Behandlung wieder besser hören könnte. Ich wollte davon gar nichts hören, ich war überzeugt, dass es für mich nichts Hilfreiches mehr gibt und siehe oben, „ich lass niemand mehr an meine Ohren“.

Das muss Anfang 2000 gewesen sein. - (Wann bist Du implantiert worden? Antwort Michael: 2001 links und 2002 rechts) -

Ich schlug mich also weiter mit Hörgeräten mehr recht als schlecht durch, bis 2011 mein HG-Akustiker meinte, wir sind am Ende der Fahnenstange.

Statt noch mal neue Hörgeräte zu kaufen, solle ich mich mit der Frage nach einem Cochlea Implantat (CI) befassen. Das habe ich gemacht und mich schnell dafür entschieden. 2011 links und 2012 rechts wurde ich erfolgreich implantiert.

Es hat mir geholfen, dass meine Erwartungen an das CI nicht zu hoch waren, ich habe mir nur gewünscht, dass sich mein Hörvermögen nicht weiter verschlechtert, wie bisher Zeit meines Lebens; dass es besser werden könnte, lag weit außerhalb meiner Vorstellungkraft. Aber es war so, ich konnte sehr schnell Sprache verstehen und Musik hören kam später ebenfalls dazu.

Ich bin oft gefragt worden, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ich schon früher Cis bekommen hätte. Vielleicht wäre das der Fall gewesen, wenn wir uns früher begegnet wären und ich es nicht so kategorisch abgelehnt hätte, mehr von Dir zu hören. Von der Selbsthilfe hatte ich auch noch nie etwas gehört, wie wertvoll die ist, weiß ich heute.

Alles in Allem, die CIs haben mein Leben positiv verändert und ich freue mich in der Selbsthilfe ein bisschen dazu beizutragen, dass anderen Betroffenen geholfen wird. Das Foto zeigt mich am Stand der CI-SHG Frankfurt im CIV HRM e.V. beim 18. Deutschen CI-Tag. Links Renate Bach, rechts Ingrid Kratz und in der Mitte ich selbst.

Lieber Michael, ich hoffe mein Bericht hat Dich interessiert, und falls Du ihn weiterverwenden willst, wäre mir das sehr recht.

Viele liebe Grüße

Brigitte Oberkötter
Juni 2024