Die Entscheidung zum CI war das Beste, was mir passieren konnte
Von Simone
Mein Name ist Simone und ich bin im Jahre 1968 geboren. Meine kurze (doch nicht so ganz, im Nachhinein, sorry😉) Geschichte im Vorfeld:
Aus unbekannten Gründen hatte ich von Geburt an eine hochgradige Schwerhörigkeit und bekam mit 2 1/2 Jahren meine ersten Hörgeräte. Hätten meine Eltern damals nicht angefangen mich zu unterstützen, wäre ich niemals da angelangt, wo ich jetzt stehe. Es folgte ein Sprechen-lernen bei einer Logopädin, normaler Kindergarten und Einschulung in einer Walddorfschule.
Mein Vater wurde 1976 beruflich ins Ausland versetzt, wir folgten natürlich mit. Dort kam ich in New Delhi, Indien, auf eine kleine deutsche Schule, wo ich sechs Jahre blieb. Meine Klasse bestand aus fünf Kinder, was ideal für mich als Hörgeräteträgerin war. Ab der 5. Klasse bekam ich meine erste FM-Anlage: Das Mikrofon für den Lehrer um den Hals hängend und für mich den Empfänger. Damit konnte ich mich besser auf den immer schwerer werdenden „Stoff“ konzentrieren.
1982 kamen wir wieder nach Deutschland zurück und ich besuchte ein Regelgymnasium mit normalhörenden Schülern. Das ging, trotz meiner FM-Anlage, nicht lange gut. Zu schnell verlief der Unterricht und mit 37 Schülern, um festzustellen, dass ich dieses Tempo nicht mithalten konnte.
Ab der 8. Klasse war ich in Dortmund auf der Schule für Schwerhörige, auf der ich zum ersten Mal mit Schwerhörigen und Gehörlosen zusammenkam. Das war mein Segen… ab da war ich noch in Essen auf der Berufsschule für Schwerhörige. Kurzgefasst: Zwei Jahre Berufsfindung in der Drucktechnik, fast zwei Jahre Berufskolleg in Wirtschaft/Verwaltung, bis ich eine Ausbildung zur Siebdruckerin anfing und absolvierte.
Ich lernte meinen damaligen Mann kennen, heiratete und gründete eine Familie - das war 2000. 2003 bekam ich, wieder im Beruf Siebdruck tätig, meinen ersten Hörsturz, den ich nicht sofort erkannt habe. In der Uniklinik Düsseldorf wurde, trotz genauen Untersuchungen, kaum etwas festgestellt. Für mich war es jedoch ein enormer Unterschied: alles hörte sich trotz Hörgeräte „schwammig“ an. Es folgte fast ein Jahr der Zurückgezogenheit. Eine der schlimmsten Zeiten für mich!
Meinen kleinen Sohn verstand ich nicht, der zu sprechen anfing, es gab Missverständnisse mit meinem damaligen Mann - mir platzte irgendwann der Kragen. Durch eine gute Freundin, die bereits Cochlea Implantate (CIs) trug, meldete ich mich ebenfalls in Bochum, Sankt Elisabeth, an.
Gründliche Untersuchungen, intensive Gespräche standen an, ob ich sicher sei, das wirklich zu tun. Ja, ich hatte die Nase voll, nicht mehr gut verstehen zu können. Entweder die Operation und es läuft gut oder ich bin dann gänzlich taub. Das war mir zu dem Zeitpunkt echt egal.
2003 bekam ich also ein CI von MedEl auf dem rechten Ohr. Es folgte ein langer Prozess, da ich es ohne Reha und Logopädie machen wollte. Ich hatte eine harte Zeit durchlebt und war doch sehr positiv, wie es auch meine grundsätzliche Einstellung war. Das Telefonieren trainierte ich zuerst mit bekannten Stimmen: hauptsächlich mit meinen Eltern. Aber das war sehr schwierig, ich konnte lange nicht erkennen, ob es sich um eine Frauen- oder Männerstimme handelte. Lediglich an der Art, wie die Person gesprochen hat, konnte ich erkennen, ob es meine Mutter war oder mein Vater.
Die Unsicherheit mit wildfremden Menschen zu telefonieren war lange noch groß. Interessant war jedenfalls die Erfahrung mit einem Hörgerät und einem CI. Gravierend!!!
Ein Beispiel: Ich saß im Auto, Musik aus dem Radio spielte, CI war ausgeschaltet und ich höre nur mit dem Hörgerät - ich habe fast keine Musik und Stimme gehört, denn der Motor war zu laut! Andersherum: Hörte ich mit dem CI allein mehr die Musik und die Stimme, der Motor war gedämpfter. Das war ein wirklicher „wow“-Effekt gewesen für mich!
2008 folgte dann auch noch auf der linken Seite der Hörsturz, wohl auch durch den Stress, den ich im Job hatte. Da fackelte ich nicht lange und meldete mich wieder in Bochum an. Nach drei Wochen hatte ich bereits den OP-Termin - ok, damals kurz vor Weihnachten waren die Ressourcen noch frei dafür ;-).
Ich zog das Ding durch und diesmal nach 5-6 Wochen Heilung der Naht stattete ich einer renommierten Logopädin Besuche ab, um doch das Hören zu trainieren. Aber mit der zweiten Seite verlief es grundsätzlich viel einfacher - es zog viel schneller mit.
Fazit: Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen Schritt zum CI gewagt und durchgezogen habe. Natürlich ist mir klar, dass ich viel Glück hatte und wahrscheinlich meine positive Art Dinge in Angriff zu nehmen, viel dazu beigetragen hat.
Ich habe 2015 einen neuen Beruf erlernt und bin nun Hörakustikerin. Dabei bin ich auch mit meinen Cris’ durch eine sehr harte Schule gegangen - mit 47 Jahren. Das Telefonieren musste ich mit Kunden damals durchziehen und es wurde erstaunlicherweise immer besser.
Die Berufsschule in Lübeck konnte ich dann nur noch mit meiner FM-Anlage von Phonak absolvieren, sonst wäre ich daran gescheitert. Viele Überwindungen musste ich meistern: mein Alter, lange aus der Schulzeit raus, das Lernen wieder neu lernen UND das als Hörbehinderte.
Jetzt im Jahre 2024, mit meinen zwei Sonnet 2 von MedEl, bin ich nach wie vor sehr glücklich. Ich höre gerne und viel Musik und schon lange mit meiner Bluetooth-Schnittstelle „Artone 3 Max“. Ok, ich trage die Induktion um meinen Hals, aber hat für mich den besten Klang und Wiedergabe der Musik. Den „AudioLink“ von MedEl benutze ich fürs Fernsehen, das funktioniert hervorragend.
Meine Entscheidung zum CI war das Beste, was mir passieren konnte. Ich lebe mit meinen CI‘s, zeige sie auch offen durch meine kurze Haarfrisur und bin absolut offen für Fragen. Ich bin seit diesem Jahr 2024 erst in einer CI-Selbsthilfegruppe in Wuppertal dabei. Es ist nie zu spät, so mein trockener Kommentar 😉.
Und ich berate mittlerweile auch potenzielle CI-Kunden und fange ab Oktober 2024 mit CI-Anpassungen an. Irgendwie etwas unrealistisch wie mein Weg verlief, aber ich bin Feuer und Flamme für die Sache als Hörakustikerin und als CI-Akustikerin in Wuppertal.
Viele Grüße
Simone
Juli 2024