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Meine Hörgeschichte

Von Aileen

Ich bin Aileen, aus Castrop-Rauxel, 32 Jahre alt und bin seit meinem 25. Lebensjahr einseitig ertaubt. Der Grund dafür ist ein Hörsturz, den ich in der Nacht erlitt und mir so mein Gehör für immer nahm.

Am Morgen des 29.01.2019 wurde ich wach und merkte, dass irgendetwas mit meinem rechten Ohr nicht stimmte. “Ich höre dich ganz anders” sagte ich zu meinem Lebensgefährten. Ich rief eine Freundin an, deren Papa pensionierter HNO-Arzt ist und schilderte meine Situation. Ich sollte sofort in die HNO-Notaufnahme nach Bochum fahren. “Das klingt nach einem Hörsturz”. Hörsturz? Das kannte ich nur von meiner Oma. Gesagt – getan. Ab in die HNO-Klinik.

Nach einer kurzen Besprechung sollte ich also einen Hörtest machen. Ich bekam die Kopfhörer auf und schaute die Arzthelferin an. “Wann gehts denn endlich los?” dachte ich. Plötzlich sehe ich den Arzt wütend reden und er nahm mir die Kopfhörer ab. “Du musst auch drücken, wenn Du was hörst, Mädchen!” Ich starrte erschrocken zurück und entgegnete ihm, dass ich doch gar nichts gehört habe und ob es denn schon los gegangen sei. Sein Blick änderte sich. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte zu der Arzthelferin: “Die Patientin ist komplett ertaubt”. Ich bin zu meinem Lebensgefährten, der draußen auf mich wartete und konnte meine Tränen, Angst und Sorgen nicht zurückhalten.

Ich musste auf der Station bleiben, bekam drei Tage lang Cortison und hatte an Tag 3 auch noch eine Tympanoskopie mit Rundfensterabdeckung. Während alle Zimmernachbarinnen nach und nach Hause durften und wieder genesen waren, war ich – die jüngste, taub und mit fürchterlichem Schwindel nach Hause geschickt worden. Er sollte mich vier Monate dauerhaft begleiten. Dennoch habe ich mein Schicksal schnell akzeptiert.

Das Ganze ist nun fünf Jahre her. Fünf Jahre mit nur einem Gehör. Fünf Jahre Unsicherheit, Angst und Sorge die Welt nicht mitzubekommen oder in unangenehme Situationen zu geraten. Aber auch fünf Jahre, in denen ich das Leben neu zu schätzen wusste und gelernt habe gut mit meiner Behinderung umzugehen. Dennoch, fünf Jahre in denen ich mich intensiv mit dem Cochlea Implantat (CI) beschäftigt habe. Und jetzt 5 ½ Jahre später steht der Termin zur Operation.

Wieso ich so lange mit mir haderte? Mein HNO-Arzt hat die Idee nie für gut gehalten, da ich in seinen Augen mit 32 Jahren zu jung für ein Cochlea Implantat sei. Bestärkt hat mich in ärztlicher Hinsicht aber der Vater meiner Freundin. Zur Erinnerung der HNO-Arzt in Ruhestand. Er sprach mir immer Mut zu.

Dennoch hatte ich immer Angst es zu bereuen. Immerhin geht es mir doch eigentlich gut. Ich habe mir unzählige Erfahrungsberichte durchgelesen. Der Weg ist hart, aber er scheint sich zu lohnen. Eigentlich kann ich nur gewinnen. Aber eine Operation ist eine Operation. Ein Risiko klingt immer mit.

Was ist, wenn dieser Schwindel wieder entsteht? Was ist, wenn mich mein gesundes Ohr plötzlich im Stich lässt? Das Schicksal sollte mich auf den richtigen Weg führen, denn vor einigen Monaten habe ich genau diese Erfahrung gehabt. Mein gesundes Ohr fuhr herunter und ich habe von jetzt auf gleich für einige Sekunden nichts mehr gehört. Das war für mich mein Schlüsselerlebnis und Zeichen. Das gab mir Mut. Immerhin weiß ich genau, auf was ich mich einlasse, was kommt, wie alles abläuft. Also, worauf soll ich warten? Jetzt bin ich noch jung, ehrgeizig und will wieder hören. Warum Zeit ins Land fliegen lassen? Zeit, in der ich schon längst wieder hätte hören können. Also los!

Die Untersuchungen in der Uniklinik Essen verliefen reibungslos und zügig. Schnell stand fest, dass einer CI-Operation nichts im Wege steht. Meine Krankenkasse bestand auf eine Testphase der Cros-Versorgung. Ich kam gut damit klar, aber sie verfehlte den Sinn das gesunde Ohr zu entlasten. Ich fühle mich sehr gut vorbereitet, bin mir sehr sicher mit meiner Entscheidung mich implantieren zu lassen und freue mich jetzt, auf das was kommt.

Die Hörreise geht in die nächste Phase und mein Gehör, welches mir vor fünf Jahren gestohlen wurde, erkämpfe ich mir mit vielen großartigen Menschen an meiner Seite zurück! Wenn ihr mich weiter auf meiner Hörreise begleiten wollt, dürft ihr mir gerne auf Instagram folgen @ein.ohr_voll.leben.

Aileen
August 2024