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Und welche Sprache war das jetzt?!

Von Hannah

Hallo! Ich bin Hannah, 20 Jahre jung und seit meiner frühen Kindheit schwerhörig. Aktuell habe ich ein Cochlea Implantat und ein Hörgerät, die mich täglich durch mein Leben begleiten.

Auf den ersten Blick, wenn man mich kennenlernt, fällt das gar nicht unbedingt auf. Nicht so wie eine Brille, die ja ziemlich offensichtlich auf der Nase sitzt. Dabei sollten Hilfsmittel zum Hören eigentlich mindestens genauso selbstverständlich sein. Schließlich geben sich die meisten Leute ja auch keine Mühe, ihre Brille zu verstecken, denn sie gehört dazu. Nicht anders ist es mit Hörhilfen. Sie gehören halt dazu. Aber so einfach ist es dann doch irgendwie nicht.

Nun zu meiner Geschichte… Bis ich ungefähr fünf Jahre alt war, hatte ich eine sehr behütete Kindheit und bin ganz normal aufgewachsen. Ich ging ganz normal in den Kindergarten und irgendwann dann in die Vorschule. Dazu muss man wissen, dass ich auf einer internationalen Schule und somit in einer englischsprachigen Umgebung war. Ich hatte also tagsüber im Kindergarten oder in der Vorschule Leute um mich herum, die sich auf Englisch mit mir verständigten, und zu Hause wurde Deutsch gesprochen. Erstmal kein Problem.

Schleichend kam es dann vor, dass ich nicht reagierte, wenn man von der Seite oder von hinten mit mir gesprochen hat. Es war auch irgendwann so merkwürdig, dass ich neben meinen Eltern oder anderen Personen stand, und die Frage gestellt hab: “Redet ihr gerade auf Englisch oder auf Deutsch?” Man dachte, ich hätte alles mitbekommen. Dabei hatte ich wohl immer nur Bruchteile mitbekommen, die ich mir durch „Lippenlesen“ zusammenbasteln konnte, aber die Sprache konnte ich demnach nicht zuordnen.

Mit der Zeit wurden die Hörgeräte immer mal wieder neu eingestellt, und zwischenzeitlich wurde dann auch auf leistungsstärkere Geräte umgetauscht. So ging ich also durch die Schullaufbahn, wie man es eben kennt. Grundschule, Mittelstufe und Oberstufe. Eigentlich hatte ich auch nie wirklich Probleme damit, dass ich Hörgeräte tragen musste. Klar gab es mal blöde Bemerkungen von Klassenkameraden, aber ich glaube, da kommt man leider nicht komplett dran vorbei.

Doch dann kam Corona, und wir waren im Homeschooling. Ja, blöd… Aber alles noch kein Weltuntergang. Per Videokonferenzen kommunizieren ging auch meistens ganz gut, solange jeder seine Kamera anhatte oder deutlich gesprochen hat.

Als es dann zurück in die Schule ging und alle Masken tragen mussten, wurde es schon schwieriger. Durch die verschiedenen Akzente, die manche Lehrer und Schüler hatten, wurde es teilweise noch komplizierter. Mit viel Arbeit und Unterstützung hat am Ende alles irgendwie funktioniert. Froh war ich dennoch, als wir irgendwann wieder „frei“ sein durften.

Im Jahr 2021 hatte ich dann einen vermuteten Hörsturz. Anhand der Hörtests war dieser allerdings nicht zu erkennen, denn diese fielen komischerweise besser aus als einige vorherige. Jedoch ist es ja oft so, dass nicht alles, was auf Papier steht, stimmt. Denn von meiner Wahrnehmung her habe ich schlechter gehört. Damit zusammen kam auch ein Tinnitus, auf beiden Ohren. Ein dauerhaftes Pfeifen auf beiden Ohren, das auch bis heute immer mal wieder „da“ ist.

Nach meinem Schulabschluss entschied ich mich dazu ein Studium anzufangen. Nebenbei beschäftigte ich mich mit dem Thema, wie es denn weitergehen soll, wenn die Hörgeräte nicht mehr ausreichen. Ich habe mich mit Büchern, Videos und Podcasts über das Thema Cochlea Implantat (CI) informiert und gleichzeitig über Instagram Kontakt zu CI-Trägern aufgenommen und mich mit ihnen ausgetauscht.

Ganz so überzeugt war ich am Anfang noch nicht, aber ich habe mich dann auf einen ersten Beratungs- und Untersuchungstermin in der Uniklinik eingelassen. Da ich aber vorhatte, außerhalb meiner Heimat zu studieren, schob ich das Thema Operation und Cochlea Implantat erstmal wieder auf meiner Prioritätenliste weiter runter. Dass es letztendlich doch viel schneller ging, hatte so keiner erwartet.

Das alles lief nicht ganz so wie gewünscht, und so war ich recht schnell wieder in meiner Heimat. Somit habe ich dann auch entschieden, dass ich die CI-Operation machen lasse. Ich bin also zu den weiteren Untersuchungen in die Uni-Klinik, und recht schnell war klar, dass ich für die OP geeignet bin.

Irgendwann war dann nicht die Frage: „Operieren wir?”, sondern eher die Frage: “Welche Seite operieren wir zuerst?”. Ich entschied mich also aus dem Bauch heraus für die linke Seite und wie sich später herausstellte, war das gar nicht mal so dumm, denn so konnte ich weiterhin mein rechtes Hörgerät per Bluetooth mit meinem Handy verbinden.

Im Mai 2024 war es dann soweit und ich hatte meinen OP-Termin. Die OP selbst verlief problemlos, und der Aufenthalt im Krankenhaus war auch sehr kurz. An einem Donnerstag war ich früh morgens direkt dran, und am samstags Vormittag durfte ich bereits wieder gehen. Während des Krankenhausaufenthaltes gab es die ein oder andere Hürde, aber am Ende ging es ja darum, dass ich mit dem CI irgendwann und irgendwie wieder mehr Lebensqualität zurückbekomme.

Anschließend war ich für etwa zwei Wochen zu Hause, bevor es dann in die Reha, beziehungsweise in die Anschlussheilbehandlung (AHB) nach Bad Nauheim ging. In den zwei Wochen erfolgten auch die ersten drei Anpassungstermine in der Uniklinik, welche alle noch nicht ganz passend waren. Die Feinheiten kamen dann später in der Reha dazu. Zwischenzeitlich (also noch zu Hause) hörte sich einiges sehr merkwürdig an.

Wenn ich es beschreiben müsste, dann war es, als würden ganz viele Frösche ein Konzert in meinem Ohr abhalten. Ich wusste auch in diesem Zeitraum nicht so richtig, wie ich denn mein neues Hören schon üben kann. Aber auch das kam dann, sobald ich in der Reha war.

Allerdings hatte ich bereits den ersten Erfolg auf dem Weg zur Anpassung in der Uni-Klinik. Denn ich hörte das Zwitschern der Vögel, die einen sehr hohen Ton haben. Zuerst konnte ich ihn nicht zuordnen, aber auf Nachfrage wusste ich dann, was es war.

In der Reha ging dann alles ziemlich schnell. Es folgten sämtliche Hörtrainings, in der Gruppe und einzeln, und einige Anpassungen der CI-Einstellungen. Nach ungefähr 4,5 Wochen und mit ganz viel Anstrengung und einigen Höhen und Tiefen, ging es wieder zurück in meinen Alltag. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass das auch so schnell geklappt hat, und ich nicht mehrere Monate darauf warten musste, in Reha zu gehen.

Etwas, was mir besonders in Erinnerung bleibt, ist, dass ich durch zwei Mitpatienten den Weg zur DOA-Selbsthilfe (Deaf Ohr Alive) gefunden habe. Auf den Stammtischen habe ich sehr viele großartige Leute kennengelernt und der Austausch mit Gleichgesinnten ist unheimlich wertvoll! Danke an dieser Stelle ;)

Auch nach dem Aufenthalt in Bad Nauheim beschäftigte ich mich weiter mit Hörtraining. Hierfür nutzte ich Möglichkeiten, wie Over-Ear Kopfhörer oder mir von meiner Familie etwas vorlesen zu lassen. Manchmal versuche ich auch unbekannte Musik nur mit dem CI zu hören und zu gucken, wieviel ich davon verstehe.

Heute bin ich sehr zufrieden mit der Entscheidung, dass ich die OP gemacht habe. Es gibt viele Momente, in denen ich merke, dass es nun einfacher für mich ist. Natürlich ist bei weitem nicht alles perfekt, und es gibt noch vieles, wo ich immer weiter üben muss.

Denn bevor ich mich für ein CI entschieden habe, gab es einige Situationen, in denen ich mit meiner Hörsituation nicht mehr so wirklich zurechtgekommen bin. Ich hatte teilweise nicht mehr so viel Spaß an meinen Hobbys, weil ich immer mehr nicht mitbekommen habe. Auch irgendwo in Restaurants essen gehen war eigentlich immer eher anstrengend und weniger bereichernd.

Mittlerweile empfinde ich das nicht mehr so. Ich habe wieder Spaß daran, mich mit meinen Freunden zu verabreden, und stelle mich auch bewusst Situationen, die vielleicht nicht ideal fürs Hören sind. Aber auch das gehört zu meinem Hörtraining dazu, und nur so kann ich mich immer weiter verbessern. Natürlich bekomme ich nicht immer alles zu 100% mit, aber ich glaube, selbst ein gut hörender Mensch kann das nicht.

Wie es nun für mich weitergeht? Dass eine zweite OP gemacht wird, steht fest. Einen Zeitraum gibt es aber noch nicht. Ansonsten geht es immer weiter mit Hörtraining und der Hoffnung, dass ich immer ein Stückchen mehr Hörqualität habe :)

Hannah
Januar 2025