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Meine Hörgeschichte

Von Carola Kasten

Ich bin heute 77 Jahre alt. Mit ungefähr 50 Jahren bemerkte ich einen geringfügigen Hörverlust, denn die hohen Töne schienen mir abhandengekommen zu sein. Wir hatten damals einen Kater, und wenn er an der Tür hereingelassen werden wollte, machte er sich durch ausgiebiges Miauen bemerkbar. Das hörte ich irgendwann nicht mehr.

Der Gang zum Akustiker bestätigte, dass ich – besonders auf dem linken Ohr – nicht mehr

ausreichend hohe Töne wahrnahm. Also bekam ich das erste Hörgerät links. Ich kam damit

vorerst gut zurecht. Ich habe dann aber ca. 8 Jahre später rechts ein zweites Hörgerät bekommen, da die Hörleistung sich doch verschlechtert hatte.

Mein Sohn wohnte damals mit einem Studenten der Physik zusammen in einer WG, der dann einen Job bei einem Cochlea Implantat Hersteller fand. Der brachte mir eines Tages Infomaterial über diese - mir völlig unbekannte Möglichkeit - einer Operation mit. Die Art, wie man ein Implantat in den Kopf bringen wollte, machte mir gehörig Angst. Ich las sogar nicht alles durch, sondern legte das Infomaterial erst einmal zur Seite.

Wieder fünf Jahre später, ich war jetzt 65 Jahre alt, bemerkte ich, dass das Hören und Verstehen immer schwieriger wurden. Bei Zusammenkünften mit Freunden in größerer Runde half mir mein Mann, indem er mich kurz über das Thema, was gerade besprochen wurde, informierte.

Wenn das Telefon klingelte, brach leichte Panik bei mir aus, denn ich wusste: verstehen könnte ich nicht, wer da am Apparat war. Auch das konnte nur noch mein Mann erledigen. In unserem Haushalt gab es viel Musik, und leider klangen bald meine liebsten Songs regelrecht falsch. Ein Genuss war das nicht mehr.

Dann erkrankte mein Mann schwer, und es schien, dass es nicht mehr heilbar war. Zu dem

Zeitpunkt, machte er mich darauf aufmerksam, dass ich ohne seine Hilfe den Alltag allein in vielen Situationen nicht mehr bewältigen könnte. Das sah ich ein, und mit der Unterstützung meines Mannes habe ich mich dann für die Operation entschieden. Er hat mich zu allem begleitet, Voruntersuchungen, und auch zur CI-Operation. Ich war mittlerweile 70 Jahre alt. Die anschließende Reha, die ich im Zeitraum von 1 ½ Jahren machte, hat er als Zuhörer auch mitgemacht.

Ich habe zusammengerechnet fast 20 Jahre gebraucht, bis ich die erlösende Operation in Angriff genommen habe. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn die Angst nicht so groß gewesen wäre.

Der Erfolg war so überwältigend, wie ich es mir nicht erträumt hatte. Nach der Erstanpassung des Sprachprozessors konnte ich sofort wieder ähnlich gut hören, wie vor langen Zeiten.

Gespräche mit Freunden, Telefonate, Kinobesuche, alles war wieder möglich, und das mit nur einem Implantat links. Rechts trage ich noch ein Hörgerät, aber diese Kombination verhilft mir zu so viel zurückgewonnener Lebensfreude! Es ist wirklich ein Segen, dass es diese Möglichkeit gibt.

Ich bin dem Professor, der mich operiert hat und auch dem Anpasser des Prozessors so dankbar. Und meinem Mann ganz besonders, weil er mich auf den entscheidenden Weg gebracht hat. Dies alles ist jetzt 7 Jahre her.

Carola Kasten
Februar 2025