Genau der richtige Zeitpunkt
Von Luisa W.
Hörgeräte, Schwerhörigkeit, Hörverlust, Hörsturz, Tinnitus, Cochlea Implantat. Das alles kann echt total verwirrend sein und man kommt sich vor, als wäre man in einem Dschungel. So ähnlich erging es mir auch, als ich Anfang des Jahres 2024 eine starke Migräneattacke mit Tinnitus und vermutlich einen Hörsturz hatte. Mein Name ist Luisa W., ich bin achtundzwanzig Jahre alt und seit vier Jahren Sozialarbeiterin.
Ich bin schwerhörig und beidseitig mit Hörgeräten versorgt in einer hörenden Familie aufgewachsen und war sowohl an der RWR Dortmund als auch dem RWB Essen. Beides Schulen für hörgeschädigte Schüler*innen. Während meiner Zeit am RWB war ich auch im Internat.
All diese Begriffe, Hörgeräte, Schwerhörigkeit, Hörverlust, Hörsturz, Tinnitus, Cochlea Implantat sind mir also nicht neu. Im Gegenteil, seit ich elf Jahre alt bin, beschäftige ich mich aktiv damit und doch kam der Hinweis und Rat meiner HNO-Ärztin, mal über ein Cochlea Implantat nachzudenken, unerwartet und hat viel Chaos in meinem Kopf verursacht.
Ich habe wochenlang damit verbracht das Internet nach neuem Wissen zum Thema Cochlea Implantat zu durchforsten und mir alle Broschüren, Webinhalte, etc. zu den verschiedenen Herstellern durchzulesen. Für mich war nach dem Termin bei meiner HNO-Ärztin zum Glück sehr schnell klar, wenn die Untersuchungen in der Klinik eine CI-Indikation ergeben, lasse ich mich operieren. So lange habe ich nun schon mit dem Gedanken gespielt irgendwann mal ein CI zu haben.
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Allerdings bin ich auch nicht gerade entscheidungsfreudig und habe mich ziemlich schwergetan, mich für einen CI-Hersteller zu entscheiden. Ich habe sie alle mindestens einmal favorisiert, angefangen mit Med-El. Ich bin Hobbymusikerin, spiele Klavier und Flöte und singe super gerne. Da erschien mir diese Firma als genau die richtige für mich. Allerdings gefiel mir dann das Material und der Sitz des Sonnet 2 nicht. Cochlear war nur knapp an zweiter Stelle und ich hatte mich nach Monaten endlich für diesen Hersteller entschieden, geworden ist er es allerdings dann doch nicht.
Ich habe mich letztendlich für Advanced Bionics entschieden, da mir die Bi-Modalität mit dem Phonak Naída M zugesagt hat und der Tragekomfort hier am höchsten war. Zudem habe ich schon mein ganzes Leben lang Phonak Hörgeräte und war auch immer super zufrieden damit. Den entscheidenden Schubser in diese Richtung gab mir jedoch eine Audiologin aus der Klinik, die mich ermutigt hat, alle in Frage kommenden Hörgerät für das andere Ohr mal zu testen. Phonak hat mich von der ersten Minute an überzeugt.
Vielleicht liest man aus meinem Bericht heraus, dass die Entscheidung für ein CI superschnell ging. Allerdings habe ich schon seit meinem achtzehnten Lebensjahr mehr oder weniger die CI-Indikation. Ich habe mich aber schon immer schwer getan mit Entscheidungen und wurde glücklicherweise damals kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag mit neuen Hörgeräten versorgt und konnte das erste Mal so richtig gut mit meinen Hörgeräten hören, sodass mir die Entscheidung eigentlich abgenommen wurde und ich zunächst kein CI bekommen habe.
Ähnlich verlief es vor ein paar Jahren. Ich brauchte neue Hörgeräte und wieder kam das Thema CI auf. Ich bin also erneut zur Beratung ins CIC Ruhr gegangen, habe mich aber nicht mit einer OP anfreunden können und habe mich somit auch wieder nicht entscheiden müssen.
Anders kam es dann letztes Jahr. Ich war endlich bereit für eine Entscheidung, auch weil mein Hörzustand einfach nur noch schmerzhaft war. Alles war zu laut, aber gleichzeitig auch zu leise. Sprache und Geräusche taten auf meinem linken Ohr weh, weil sie so laut verstärkt werden mussten, an meine Hobbies Klavierspielen oder singen und gar Flötespielen war nicht mehr zu denken. Auch Gespräche, Videocalls oder Telefonate bedeuteten nur noch puren Stress.
Meine chronische Migräne hat ihr bestes dazugegeben, sodass ich permanent nur noch gestresst war. Ich habe mich also im August 2024 für ein CI entschieden und hatte meine OP dann drei Monate später im Oktober. Miss Migräne war immer noch meine tägliche Begleiterin, aber ich habe mich auf die OP gefreut.
Im Frühjahr habe ich nämlich eine ganz liebe junge Frau auf Instagram kennengelernt und wir hatten doch tatsächlich unsere OPs mit einem Tag Unterschied im gleichen Krankenhaus und lagen auf dem gleichen Zimmer. Richtige CI-Buddies.
Der Kontakt hat uns beiden extrem viel Sicherheit und Kraft gegeben, die OP durchzuziehen. Der Tag der OP war dann super aufregend und ich war ein einziges Nervenbündel. Meine Mutter hat mich an dem Tag begleitet, bis ich in den OP kam und später wieder auf mein Zimmer zurückgebracht wurde.
Ich war so extrem aufgeregt, hatte im Endeffekt aber ein total liebes und entspanntes OP-Team und ich hatte zu keinem Zeitpunkt tatsächliche Angst und habe mich super aufgehoben gefühlt. Auch der Aufenthalt im Krankenhaus selbst, war mit einer Ausnahme durchweg positiv.
Die Zeit bis zu meiner Erstanpassung war dann allerdings geprägt von starker Migräne. Alles andere wurde da fast schon zur Nebensache. Aber meine Erstanpassung brachte Spektakel mit sich, denn mein Prozessor, der AB Naída Marvel wurde nicht geliefert. Ich bekam also einen Ersatz, den Naída Q90, das Vorgängermodell. Die Klinik hat einfach vergessen, meinen Prozessor und den von vier weiteren Patien*innen zu bestellen. Also gab es die Erstausstattung erst eine Woche später und dann ging mein Hörgerät plötzlich kaputt. Einfach pures Chaos, meine Anfangszeit mit CI.
Mittlerweile, vier Monate nach der OP und drei Monate nach der Erstanpassung höre ich schon ziemlich gut. Ich habe schon erstes Sprachverstehen, kann Geräusche und Töne hören und unterscheiden. Mein Hörstress hat sich minimiert und ich habe keine Schmerzen mehr beim Hören. Das CI war also die beste Entscheidung zum genau richtigen Zeitpunkt. Aus all den Erfahrungen ist auch mein Instagram Account @ci_buddy entstanden, auf dem ich meine Erfahrungen, Tipps und Tricks teile und als Ansprechpartnerin für Neulinge in diesem Dschungel da bin.
Luisa W.
Februar 2025