Mein Name ist Chantal Kern und ich bin von Geburt an hochgradig schwerhörig (Jahrgang 1963). Dank der Früherkennung meiner Hörschädigung bekam ich bereits mit achtzehn Monaten Hörgeräte. Bis zu meinem dreizehnten Lebensjahr besuchte ich die Schwerhörigenschule (Centre de Logopédie) in Luxemburg und im Jahr 1976 wechselte ich für sechs Jahre an die Realschule für Schwerhörige nach Trier. Dort wohnte ich im Ursulinen-Internat mit Hörenden zusammen, was meine Sprachentwicklung sehr förderte.
Als Achtzehnjährige entschloss ich mich 1982, ein Jahr vor der mittleren Reife, zu einer ersten Cochlea Implantation am linken Ohr. Die Operation erfolgte in Wien (Wiener Hörprothese mit einer Elektrode ). Leider war die OP kein Erfolg, da die Anpassung des Sprachprozessors nichts brachte. Bei verschiedenen Tönen hatte ich ein unangenehmes Kribbeln im Gesicht, besonders bei dem Buchstaben „S" zuckten meine Lippen! Auch konnte ich keine Geräusche unterscheiden wie z.B. Stimmen, Klopfen, Klingeln usw. Trotz mehrmonatigem Lernen mit dem CI war es mir unmöglich den Höreindrücken brauchbare Informationen zu entnehmen, während ich mit dem Hörgerät am rechten Ohr sogar manchmal ein paar Wörter ohne Lippenlesen verstehen konnte!
Nach einem guten Jahr ließ ich das einkanalige Implantat wieder herausoperieren. Damals hatte ich mir geschworen, mich nie wieder am Ohr operieren zu lassen!
Jahre später las ich von den vielen erfolgreichen CI-Operationen. Mein HNO-Arzt empfahl mir schließlich, mich einer Voruntersuchung zu stellen. Nach langem Zögern nahm ich mir einen Termin in der Universitätsklinik Freiburg. Dort wurde ich ausführlich untersucht und beraten. Man erklärte mir die große Entwicklung und Verbesserung auf dem Gebiet der Cochlea Implantation in den vergangenen 17 Jahren.
Schließlich erfolgte 1999 die zweite OP – wieder am linken Ohr - durch Prof. Dr. Laszig und Frau Dr. Aschendorff. Die Erstanpassung war am 6.12.1999 bei Dr. Stecker. Diesen Tag werde ich nie vergessen! Was man so alles mit einem CI hören kann! Ich kam aus dem Staunen nicht heraus: Papier- und Plastikrascheln, auch dass man beim Essen so laute Geräusche mit Teller und Besteck macht, hätte ich nie gedacht!
Die ersten Höreindrücke waren unglaublich und ich konnte gleich Stimmen erkennen! Ich musste zwar auch wieder lernen Umweltgeräusche zu unterscheiden, doch das ging problemlos. Es kommt nur noch selten vor, dass ich ein unbekanntes Geräusch nicht deuten kann und nachfragen muss. Fast zwanzig Jahre lang hatte ich mit dem linken Ohr nichts mehr gehört.
Nach einiger Zeit legte ich mein rechtes Hörgerät schließlich ab, da die Höreindrücke gegenüber dem CI zu gering waren.
Im vorletzten Jahr wurde ich für ein zweites CI, am rechten Ohr, empfohlen. Die mittlerweile dritte OP erfolgte wieder in Freiburg, und seit der Erstanpassung im Januar 2003 höre ich nun mit zwei CIs!
Das bilaterale Hören finde ich besser, da es weniger anstrengend ist: so sind z.B. die Störgeräusche reduziert. Inzwischen bin ich 41 und kann mir ein Leben ohne CI nicht mehr vorstellen. Auf Lippenlesen werde ich wohl immer angewiesen bleiben, aber die beiden CIs sind eine große Erleichterung für die Kommunikation. Oft verstehe ich Wörter ohne Ablesen, auch beim Telefonieren (mit vertrauten Personen) und selbst beim Fernsehen kriege ich vieles mit, worüber geredet wird.
Aus diesem Grund sage ich heute, dass man niemals „nie" sagen soll!
Chantal Kern
Luxembourg