Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Friedhelm van Koeverden einigen hier bin ich bekannt als Vorstandmitglied des CIV HRM. Den anderen möchte ich mich noch ein bisschen näher vorstellen. Ich bin 43 Jahre alt und wohne in Büttelborn bei Groß Gerau. Beruflich bin ich Abwassermeister und technischer Betriebsleiter einer Kläranlage und habe am 27. Juni 2003 mein Restgehör verloren.
Ich stehe heute hier, um Ihnen etwas über meine Erfahrung mit einem Cochlear Implantat zu berichten. Bevor ich nun auf mein Nucleus zu sprechen komme, möchte ich kurz meine Hör-Biografie darlegen. Dies ist wichtig, um zu verstehen, welche Wege man in seinem Leben mit schlechten Ohren gehen muss.
Mit 17 Jahren habe ich meinen Schulabschluss, ohne erkannte Hörschwierigkeit, erreicht. Heute weiß ich, warum ich solche Probleme mit Englisch und mit Diktaten hatte. In meiner ersten Ausbildungszeit zum Matrose-Bootsmann in der Rheinschifffahrt hat mein Ausbilder festgestellt, dass ich Hörprobleme habe. Nach einigen Untersuchungen in der Uni Düsseldorf wurde dies bestätigt und als Diagnose eine „Infektiöse Ohrenkrankheit“ festgestellt. Man vermutete, dass ein starker Keuchhusten in meinem 6 – 7 Lebensjahr die Ursache sein könnte. Ich wurde daraufhin mit zwei Hörgeräten versorgt. Ich habe natürlich lange gebraucht diese Geräte zu akzeptieren und anzuziehen. Zumal ich Angst hatte das mich die hübschen Mädchen nicht mehr anschauen. :-)
Eine Verschlechterung meiner Ohren konnte dann über Jahre nicht mehr festgestellt werden. Links habe ich weitgehend gut gehört, rechts war schon ziemlich schlecht, aber ich hatte noch ein gutes Wortverständnis. Da ich mit Hörgeräten kein Kapitänspatent machen durfte, habe ich mich im Jahre 1985 zum Ver.- u. Entsorger umschulen lassen. In diesem Beruf begann ich dann 1989 mit der Meisterschule.
Ende 1991, kurz vor der Abschlussprüfung bekam ich auf der linken Seite einen Gehörsturz, der in der Uni Mainz 3 Wochen stationär behandelt wurde, aber leider ohne Erfolg. Obwohl ich danach nur noch mein schlechtes rechtes Ohr zur Verfügung hatte, konnte ich die Prüfungen mit Erfolg abschließen. Meine beruflichen Karriere zum technischen Betriebsleiter hat darunter auch nicht gelitten. Ich muss hier anmerken, dass mein Arbeitgeber immer Verständnis für meine Hörprobleme hatte. Auch meine vier Mann Personal konnten damit ganz gut umgehen. Im Gegenteil, ich habe noch zwei Auszubildende zum erfolgreichen Abschluss geführt. Die kleinen und großen Probleme, die man mit Hörgeräten hat, z.B. das Telefonieren mit Handy und andere Kommunikationsprobleme konnte ich immer in kleinen Schritten lösen, sodass es nicht allzu viele Einschränkungen Dritter gegenüber gab.
Es hatte natürlich Vorteile im Zeitalter des Faxgerätes, der E-Mail und der SMS zu leben. Nun, wie in jedem anderen Beruf auch, gab es bei mir immer wieder extreme Stresszeiten. Genau in einer solchen Zeit habe ich dann mein Restgehör vollständig verloren. Wie schon anfangs erwähnt am 27. Juni 2003. Zum Glück interessierte ich mich schon vor Jahren für das CI, sodass ich jetzt schnell auf dieses Wissen zurückgreifen konnte.
Anfängliche Kontakte mit dem Schwerhörigenbund brachten keine zufrieden stellende Antworten. Zwischenzeitlich hörten wir etwas von der Uni Tübingen und sind dort vorstellig geworden. Es war zwar ein schönes Haus mit netten Ärzten aber der Anfahrtsweg war schon ganz schön weit, zumal ich zu diesem Zeitpunkt noch im glauben war, ich müsste dort auch die Reha verbringen. Die Ärzte in Tübingen waren auch der Meinung, dass ich als Vorraussetzung erst einmal die Gebärdensprache erlernen müsste. Nach stundenlangem Internetsurfen habe ich die Deutsche Cochlear Implantat Gesellschaft e.V. gefunden.
Schnelle Informationen bekam ich dann von Frau Hermann, die mir empfahl, mich an den hessischen CIV HRM zu wenden, Ansprechpartner Michael Schwaninger.
Herr Schwaninger hat mich dann in seiner ruhigen und neutralen Art über alle möglichen Geräte informiert und mich darauf hingewiesen, dass es auch eine Uni Frankfurt gibt. Geduldig hat er uns - meiner Frau und mir - in diesem Gespräch, übrigens beim Chinesen, alle möglichen und unmöglichen Fragen beantwortet.
Als wir uns dann getrennt haben war mir klar, dass ich mir schnellstmöglich ein CI implantieren lasse. Bei einem Termin in der Uni Frankfurt lernte ich dann Frau Dr. Peters kennen. Nach einem kurzen Gespräch mit ihr war klar, dass ich der beste Kandidat für ein CI war. Am selben Tag noch wurde mein Hörnerv mit elektrischen Impulsen getestet. Mein OP Termin sollte schon 3 Wochen später sein.
Nun begann der Kampf mit der Krankenkasse, die auf ihr 4wöchentliches Entscheidungs-recht gepocht hat. Bis wir dann feststellten, dass die Ortsfiliale gar keinen Einfluss auf die Entscheidung nehmen konnte, sondern dass dies nur über die Hauptzentrale Frankfurt läuft.
Wenn ich Ihnen jetzt sage, dass der Sachbearbeiter unserer Ortsfiliale bei einer telefonischen Nachfrage des Ergebnisses meinte, dass dies sowieso zu 99 % abgelehnt werden würde und wir schon 1 Stunde später das Fax mit der Genehmigung aus Frankfurt erhielten, ist das sehr traurig.
Es gab natürlich trotz allem auch noch einige wichtige und persönliche Entscheidungen zu treffen.
- Welches Gerät möchte ich haben ?
- Wo absolviere ich die Reha? Ambulant oder stationär ?
- Welches Ohr lasse ich mir operieren?
- Und, und, und ????
Mit der geduldigen Unterstützung meiner Frau ( zum Telefonieren und zum Zuhören ) und meiner damals 8jährigen Tochter Alina waren alle Probleme schnell gelöst. So konnte ich mir schon 3 Monate nach meinem Hörverlust das CI erfolgreich von Frau Dr. Peters implantieren lassen. Am 4. November 2003 hatte ich die Erstanpassung für mein Nucleus.
Und dann:
Juchhu die Zukunft begann!
Die Erstanpassung bei Herrn Pera von der Firma Cochlear war für mich ein lang erwarteter und spannender Moment. Das Nucleus ESPRIT 3G wurde nach vorherigen kurzen Programmierungen endlich eingeschaltet. Das war schon ein super Gefühl, als nach fast 4 Monaten der Taubheit wieder Töne in mein Gehirn strömten. Noch schöner war es, wie ich die ersten Worte von meiner Frau verstanden habe. Nach weiteren kurzen Einstellungen sollten wir erst mal 1 Std. auf dem Klinikgelände spazieren gehen.
Ich erinnere mich gut wie ich mich an der ersten quietschenden Tür richtig erschrocken habe, aber gleichzeitig fasziniert dem Schuhgetrippel auf den Treppen zuhörte. Das erste zaghafte Gespräch mit meiner Frau war natürlich mit Nebenwirkungen, wie leichtes Klingeln, nach jedem Wort oder etwas metallisch hohlem Klang verbunden, aber die üblichen Roboter bzw. Mickeymaus-Stimmen blieben mir erspart. Ich konnte sofort die Stimmen meiner Familie erkennen. Um die Worte zu verstehen musste ich natürlich noch Blickkontakt haben. Es war berauschend, als ich hörte, wie andere Menschen sich unterhielten und lachten, auch wenn ich das Gesagte nicht verstand.
Die Stunde war viel zu schnell um und wir mussten noch einmal zu Herrn Pera. Im Wartebereich waren wir alleine und machten schon ein paar Wortspielchen von einer Wand zur anderen. Herr Pera programmierte an diesem Tag noch ein zweites Programm in mein Gerät, das ich in einigen Tagen ausprobieren sollte. Am nächsten Morgen ging ich sofort wieder zur Arbeit.
Mein Personal war sehr überrascht, dass ich die normalen Sätze sofort richtig verstand. Mit meinem Vorarbeiter lief ich dann den ganzen Tag über das Betriebsgelände und habe mir alle Geräusche, soweit ich diese nicht selbst erkannte, erklären lassen. Das war ein echt lustiger Arbeitstag. Es war mir gar nicht bekannt, das eine Computertastatur klappert und eine Maus klickt. Der Hörerfolg kam mit riesigen Schritten auf mich zu, sodass ich schon nach 3 Tagen das zweite Programm aktivieren musste.
Ich führte schon zaghafte Gespräche über Telefon und Handy mit meiner Frau und meinen Eltern. Im Laufe der nächsten 5 Wochen wurde mein CI weiter programmiert. Interessant war, dass ich mit dem CI in dieser Zeit Töne gehört habe, die mir fast 15 Jahre nicht mehr zu Ohren kamen. Die ganze Bandbreite der hellen Töne wie z. B. elektronische Eieruhren waren mir nicht mehr bekannt. Auch in der Gaststätte habe ich auf einmal die Leute auf der anderen Seite der Theke wieder gehört und zum Teil verstanden. Ich hatte vom 1. Tag an das Gefühl, wieder im Leben zu stehen. Endlich konnte ich mich wieder unter die Leute trauen. Selbstverständlich gab es und gibt es noch große Einschränkungen. Ein CI kann nun mal kein Ohr ersetzen, aber es ist ein großer Schritt in diese Richtung. Man gehört auf einmal wieder zur Gesellschaft.
Hätten meine letzten Hörgeräte annähernd die Leistung gebracht, wie mein CI, wäre mir in den letzten Jahren manches leichter gefallen. Gut 2 Monate nach der Erstanpassung, gehörte das Hören fast schon zur Normalität. Ich musste meiner Familie aber noch ständig sagen, dass sie nicht so laut reden und vor allem mich nicht erst anstoßen soll, wenn sie mir etwas mitteilen wollte. Das Telefonieren mit Bekannten und Verwandten klappte auch schon ganz gut, nur bei Fremden bekam ich noch Schweißausbrüche und wurde nervös.
Meine Reha-Maßnahme absolvierte ich in Friedberg, wo mich Frau Michels sehr gut betreute, so dass ich wieder lernte auch zu glauben was ich höre. Das Training zuhause mit CDs und Hörkassetten habe ich nie sehr intensiv durchgeführt aber ein Hörtraining in der Familie und dem Beruf ist auch nicht ohne. Ich habe jetzt 1 Jahr das CI und muss sagen, dass das Leben sehr kurzweilig geworden ist, da es immer wieder neue Geräusche zu erforschen gab und gibt.
Das Telefonieren mit Fremden – auch mit Handy – ist zur Normalität geworden. Ich mache mir keine Gedanken mehr, wenn ich mich zu einer Gruppe Menschen stelle und mitrede. Bei Störgeräuschen habe ich mit meinem Nucleus etliche Schalter und Programme um dieser Situation Herr zu werden.
Hier möchte ich anmerken, dass ich auch heute noch gerne mit der Telefonspule telefoniere und ich den Flüsterschalter bei Konferenzen gut gebrauchen kann. Bei digitalen Telefonen wo man die Telefonspule nicht verwenden kann muss man es einfach ausprobieren. Es gibt welche mit guten und schlechten Klangqualitäten. In der Regel bin ich aber bis jetzt mit Siemenstelefonen und -handys gut zurecht gekommen.
Ich habe in diesem Jahr durch meine Vereinsarbeit aber auch gelernt meine Krankheit zu akzeptieren und offen und mit stolz über mein CI zu sprechen und zu meiner Hörschwäche zu stehen.
Die großen Erfolge mit meinem CI und dem Wunsch der Krankenkasse ein Schnippchen zu schlagen hatten mich aber auch in meinem Entschluss bestärkt, die zweite Seite schnellst-möglich in Angriff zu nehmen.
Diese Operation wurde vor 3 Wochen wieder in der Uni Frankfurt durchgeführt und ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Dienstag, an dem ich auf der linken Seite meine Erstanpassung habe.
Meine Damen und Herren wie diese Geschichte nun weiter geht können Sie dann auf unserer Internetseite www.civhrm.de oder auf Michaels Ohrenseite weiter verfolgen