Rehabilitationsmaßnahme vom 13.03.–14.04.2006 in der Baumrainklinik Bad Berleburg
Die Zeit des „Neuen Hörens“ verlief bisher wie ein Traum für mich. Nun kam die Rehabilitationsmaßnahme in der Baumrainklinik Bad Berleburg. Mein Kostenträger, die BFA, bewilligte mir eine vierwöchige Dauer. Diese wurde auf Empfehlung der Klinikleitung um eine Woche verlängert. Täglich gab es Hörtraining in der Gruppe, Einzelhörtraining mit den Therapeutinnen und ein Hörtraining alleine im Zimmer an einem Computer mit speziellen Programmen zum Hörtraining. Trainiert wurde auch das Hörtraining im Störlärm und mit Hintergrundgeräuschen. Diese Übungen waren anstrengend und auch die Schwierigsten. Ich bin dabei jedes Mal an meine „Hörgrenzen" gestoßen. Das ist auch wichtig, damit ich mich und auch mein „neu gewonnenes“ Hörvermögen richtig einschätzen und anwenden kann. Umfangreich war auch das Telefontraining mit verschieden Telefonen. Dadurch wird individuell herausgefunden, mit welchem Telefon der Patient am besten telefonieren kann. Die Zusatzgeräte und Technischen Hilfsmittel für das CI wurden mir ausführlich vorgestellt und erklärt. Wichtig war für mich besonders, dass ich durch die Anschaffung eines Mikro Link Freedom meine vorhandene Micolinkanlage auch mit dem CI benutzen kann.
Ein umfangreiches Sportprogramm und Vorträge zu allgemeinen Gesundheitsthemen gab es auch noch. Auch die Massagen und ausgiebigen Wanderungen in dem schönen Wittgensteiner Land taten gut. Es war immer ein sehr abwechslungsreicher und angenehmer Tagesablauf.
Der Schwerpunkt der Rehabilitationsmaßnahme lag aber eindeutig beim Hörtraining. Durch das tägliche Hörtraining konnte ich mein Sprachverstehen in ruhiger Umgebung nochmals verbessern. So steigerte sich das Sprachverstehen mit Absehen von Beginn bis Ende der Rehabilitationsmaßnahme von 74 auf 90 Wörtern/Minute und ohne Absehen von 73 auf 83 Wörtern/Minute. Ein für mich absolut phänomenales Ergebnis. Es wurde bei mir auch eine sichtbare psycho-physische Stabilisierung erreicht.
Durch den „Implantat - Ingenieur“ Herrn Bellagnech wurde die Einstellung meines Sprachprozessors und die Programmwahl noch erweitert bzw. verbessert. In der Rehabilitationsmaßnahme gab es einen regen Austausch der Patienten untereinander, wodurch eine angenehme Atmosphäre entstand.
Es bleibt festzustellen, dass Dr. Zeh und sein Team in ihrer einmaligen Art und Fachkompetenz für uns CI - Patienten das „Bestmögliche“ sind.
Das tägliche Leben mit dem CI
Arbeit: Vor Beginn meiner Rehabilitationsmaßnahme arbeitete ich zwei Wochen mit vier, dann zwei Wochen mit sechs Arbeitstunden sowie vier Wochen in „normaler“ Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag. Diese Wiedereingliederung ins Arbeitsleben verlief ohne Probleme. Gestärkt durch die sehr gelungene, umfangreiche Rehabilitationsmaßnahme in der Baumrainklinik und wieder mit gewachsenem Selbstvertrauen ging es nun wieder zurück ins Arbeitsleben. Der Arbeitgeber war auch sehr erfreut, dass ich durch die gelungene Operation mit der anschließenden Rehabilitationsmaßnahme nun wieder zu meiner „alten Stärke“ und Arbeitsweise zurückgefunden habe. Überhaupt bleibt für mich festzustellen, dass ich während meiner ganzen „Leidenzeit“ Unterstützung und Rückhalt durch meinen Arbeitgeber, und hier besonders durch meinen Amtsleiter und den zuständigen Dezernenten der Stadtverwaltung, bekommen habe. Da für mich Kommunikation, Telefonieren und die Teilnahme an Gesprächen und Besprechungen wieder gut möglich ist, setzte mich der Arbeitgeber wieder in mein „altes“ Tätigkeitsfeld als Bauleiter im Hochbaubereich ein. Da ich ja wieder meine alte Tätigkeit ausüben kann, bekam ich nun auch wieder eine angemessene Gehaltsvergütung. Diese wurde mir vor zwei Jahren wegen der fortschreitenden Hörverschlechterung und der dadurch veränderten Tätigkeit vom Arbeitgeber gekürzt. So kann ich dank des CI wieder meinen seit 17 Jahren „geliebten“ Beruf ausüben. Als Vertreter der Schwerbeschädigten bin ich nun wieder im Personalrat aktiv, den ich vor zwei Jahren verlassen hatte. Dort setze ich mich für die Belange von schwerbeschädigten Mitarbeiter/innen ein.
Privat: Gestärkt durch mein neues Hörvermögen sind die alltäglichen kommunikativen Lebenssituationen für mich gut zu bewältigen. Gerade die Angst vor der Kommunikation bzw. dem Nichtverstehen in diesen Situationen war immer sehr belastend für mich. Es ist immer wieder schön, sich an den alltäglichen Geräuschen zu erfreuen. Besonders freut es mich immer wieder, wenn ich das Gezwitscher von Vögeln höre. Fernsehsendungen ohne Untertitel, Ausnahme bilden Spielfilme mit starker Geräuschkulisse, sind für mich gut zu verstehen. Sogar das Hören von Musik, sogar beim Autofahren, ist wieder alltäglich geworden. Zu Feierlichkeiten, von denen ich mich früher immer zurückgezogen habe, gehe ich heute wieder sehr gerne hin. Dies alles hat dazu beigetragen, dass ich aus der Isolation meines Privatlebens zurück ins Leben gefunden habe.
Selbsthilfegruppe
Bereits vor meiner CI - Operation war ich der Selbsthilfegruppe der Hörgeschädigten Bad Berleburg/Siegen beigetreten, jedoch nahm ich noch nicht aktiv am Vereinsleben teil. Dies änderte sich nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme. Inzwischen bin ich im Vorstand der Selbsthilfegruppe aktiv. Der regelmäßige Austausch und Kontakt zu Gleichbetroffenen ist mir wichtig. Gerade unter Gleichbetroffenen treffen wir Hörgeschädigten auf Verständnis und Hilfe, die es in unserer heutigen Gesellschaft für uns nicht überall gibt. Inzwischen konnte ich andere Hörgeschädigte, die vor der Frage stehen: „CI Ja oder Nein“, beraten und meine mit dem CI gemachten Erfahrungen weitergeben.
Nachsorge, Seminare und CI-Rehabilitationsklinik
Bisher fuhr ich alle sechs Monate zur Kontrolluntersuchung in die Medizinische Hochschule Hannover. Dort wurden das Implantat und der Sprachprozessor kontrolliert. Das Verstehen wurde durch Hörtraining mit und ohne Absehen kontrolliert und eine Untersuchung des Ohres wurde ebenfalls durchgeführt.
Anfang Mai war ich zwei Tage auf dem Technikseminar der HCIG in Hannover. Dies war sehr interessant und informativ. Dort traf ich auf einige mir bereits bekannte bzw. vertraute Menschen und konnte noch einige neue Kontakte knüpfen.
Im September war das Patientenseminar in der Baumrainklinik Bad Berleburg. Dies war auch ein sehr informativer Tag. Es fand ein reger Austausch statt. Auch hier traf ich sehr viele, mir bereits bekannte Hörgeschädigte und es war ein harmonischer Tag miteinander. Das Klinikteam ist mir ja bereits vertraut und ans Herz gewachsen. Auf dem Patientenseminar wurde auch von Dr. Zeh die Veränderung der CI-Rehabilitation von der Baumrainklinik zur Kaiserbergklinik nach Bad Nauheim bekannt gegeben.
Im November war ich zu Besuch in der Kaiserbergklinik in Bad Nauheim. Dort konnte ich mich von den Möglichkeiten der CI-Rehabilitation in einer „neuen“ Klinik persönlich überzeugen. Es gibt dort, wie vorher in der Baumrainklinik, eine sehr gute technische Ausstattung für die bewährte CI-Rehabilitation von Dr. Zeh und seinem Team. Hohe fachliche Kompetenz und eine erstklassige Zusammenarbeit ist bei dem CI-Rehabilitationsteam um Dr. Zeh ohnehin garantiert.
Wegen Problemen mit meinem Freedom – Sprachprozessor war ich im November/Dezember im CIC Rhein-Main in Friedberg. Dort konnte Herr Bellagnech diese Probleme beseitigen. Das CIC ist eine erstklassige Adresse für uns CI-Träger. CI-Patienten können sich mit Problemen immer an das CIC Rhein-Main in Friedberg wenden. Auch war der Einblick, den ich in die dort stattfindende CI-Rehabilitation mit Kindern gewann, sehr interessant. Die Nähe und Zusammenarbeit des CIC Rhein–Main mit der Kaiserbergklinik in Bad Nauheim ermöglicht es, dass Herr Bellagnech für uns CI-Patienten auch während einer Rehabilitationsmaßnahme da ist. Für uns CI - Träger ist Herr Bellagnech mit seiner Fachkompetenz, dem technischen Wissen und dem Verständnis für unsere Probleme, ohnehin „unbezahlbar“.
Fazit meines Besuches in dem neuen „CI-Mekka“ Bad Nauheim/Friedberg: Wir CI – Patienten sind dort bei diesen Fachleuten immer in guten Händen.
Mein Fazit nach „1 Jahr Hören mit CI“
Die nicht einfache Entscheidung zu der CI-Operation hat sich für mich mehr als gelohnt. Der Gewinn an Hörvermögen und damit verbunden an Lebensqualität, Lebensfreude und Selbstvertrauen, ist phantastisch. Trotz allem bin und bleibe ich, trotz des CI, immer noch sehr stark hörbehindert. Auch weiß ich, dass ich immer von einer gut funktionierenden CI-Technik abhängig sein werde. Was sich für mich seit meiner CI - Operation alles zum Positiven verändert hat, ist schon unbeschreiblich schön, deshalb ist heute nach „1 Jahr Hören mit CI“ mein Lebensmotto: DAS LEBEN IST SCHÖN!