Im Watschelgang von Apparat zu Apparat
Von Marina Mattburger
Mit CIs quer durch den medizinschen Untersuchungsdschungel
Stephanie fragte mich, ob ich einen Artikel zu meinem Aufenthalt in der Günzburger Klinik schreiben würde. Denn das ganze Thema „Mit dem CI in medizinische Apparate“ verunsichert viele CI-Träger:innen. Gesagt, getan – aber etwas ausholen muss ich trotzdem.
Die Schraubzwinge beginnt
Der 23. März, ein Sonntag, war ein ganz normaler Tag. Wir waren schon früh auf, um bei uns in der Nähe an einem kleinen See ein paar Bilder zu machen, bevor alle Leute kommen, um einen Sonntagsspaziergang zu machen. Es war großartiges Wetter, obwohl der Wind noch sehr kalt war. Im Anschluss sind wir in der Nähe in eine kleine idyllische Gastwirtschaft und haben uns dort um die Mittagszeit mit Freunden getroffen.
Schwiegermutter wurde noch kurz besucht, damit ich mich noch verabschieden konnte. Denn am Mittwoch war der Abflug nach London gebucht. Abends waren wir noch verabredet zum Essen. Also nach Hause und noch schnell in den Wäschekeller, um Wäsche aufzuhängen. Drehe mich um und in diesem Moment dachte ich, der Kopf befindet sich in einer Schraubzwinge mitsamt Nacken- und Schulterbereich. Luft angehalten, Kopf gehalten ... irgendwann ließ es ein wenig nach und ich ging hoch in die Wohnung. Aufs Sofa, Brille, beide CIs runter vom Kopf, den Kopf gehalten und versucht, den Schmerz wegzumassieren.
Wie man so ist, stur ... meinem Mann gesagt: „Es wird gleich wieder besser und dann mach ich mich fertig fürs Ausgehen.“ Puuh ... habe ich auch gemacht. Wir wurden abgeholt, alles easy. Fuhren in die Pizzeria, um dort zu essen. Ja, zwei kleine Bissen und ich bin auf die Toilette, um mich zu übergeben. Mist, der Abend war gelaufen. Ich habe gefroren und war nur froh, ins Bett zu kommen. Mein Mann hat noch Tabletten in der Notfallapotheke geholt und danach habe ich komplett zwölf Stunden geschlafen.
Am Montagmorgen, nachdem mein Mann zur Arbeit gegangen ist, fiel mir auf, dass die Kopfschmerzen erträglicher waren, aber dass mit meinem Hören etwas nicht passt.
Liegt es an den Prozessoren?
Aus Verzweiflung habe ich meiner AB-Beraterin Sabine Guderitz geschrieben und konnte einen Termin zur Fernanpassung mit ihr machen, den dann Timo Böld für den Nachmittag übernehmen konnte. Kurze Rede: Er war sehr bemüht, allerdings kamen wir nicht wirklich weiter. Was halt auch stutzig machte, war, dass beide Ohren so anders waren. Die Einstellung, die wir dann hatten, wurde gespeichert und ich sollte es testen. Am folgenden Vormittag haben wir nochmal Fernanpassung gemacht. Er sagte auch, dass es nicht das Optimale ist und ich einen Termin in Tübingen machen sollte. Trotzdem war ich dankbar für die Bemühungen, schrieb gleich an die Tübinger Klinik und bekam einen Termin am 12. Mai.
London muss sein, egal, wie!
Trotz Kopfschmerzen, die ich mit Tabletten aushielt, bin ich auf und ab in den Urlaub mit meinen Kindern. Diesen haben wir lange geplant und es war mein Geburtstagsgeschenk von meinen Kindern. Ich wollte mir diese Zeit nicht vermiesen lassen, durch nix. Geht schon ... das kennt ja jeder. London war super, mit meinen Tabletten habe ich jeden Tag funktioniert. Das Hören war ziemlich schlecht. Körperlich ging es mir auch nicht gut. Am Schluss dieser Woche war auch der Bewegungsapparat eingeschränkt. Heißt, die Schmerzen waren nicht nur im Kopf, sondern es zog von der Wirbelsäule (LWS) bis in die Kniekehlen, was mir das Bild eines watschelnden Pinguins einbrachte.
Auch den Kindern entging es nicht. Trotzdem haben wir unser Programm durchgezogen, sind jeden Tag gute 12–15 Kilometer gelaufen, Bewegung tut gut. Allerdings, so schön es war, war ich doch auch froh, am Sonntag im Flieger nach Hause zu sitzen.

Es begann mit einem CT
In Stuttgart nahm mein Mann eine sehr blasse, watschelnde Frau in Empfang und wir beschlossen dann doch, am Montag zum Arzt zu gehen.
Der hat mich dann auch gleich mal zum Neurologen überwiesen. Zwei haben wir besucht, einer hatte schon gleich Aufnahmestopp, der andere einen Termin Ende Mai.
Dann hatte mein Mann genug und meinte, dass wir doch besser in die Notaufnahme ins Aalener Krankenhaus fahren. Stunden später wurde tatsächlich mit den Untersuchungen begonnen. Die Blutwerte waren okay, CT wurde gemacht, das war auch ohne Befund. Zum Glück hatte ich eine sehr nette junge Ärztin, ihr gefiel es nicht, wie ich gelaufen bin und dass ich über die starken Kopfschmerzen klagte. Auch die restlichen Symptome wie Übelkeit und das Frieren gefielen ihr nicht. Sie kam dann und meinte, sie möchte gerne eine Punktion des Nervenwassers machen. Naja, logisch. In der Hoffnung, dass da alles okay ist und ich endlich wieder heim kann in mein Bett – es war mittlerweile schon um die 22.00 Uhr und ich hatte keine Lust mehr auf Krankenhaus – willigte ich ein. Okay, also wurde die Untersuchung gemacht. Danach muss man eine gute Stunde auf dem Rücken ruhig liegen. Mein Mann kam, den schickte ich dann heim, um mal sicherheitshalber eine Tasche zu packen, da man mir sagte, ich werde wohl mindestens mal zur Beobachtung bleiben müssen. Also, nix heimatliches Bett.

Ab geht’s auf die Intensiv
Nach ca. einer Stunde kam die Ärztin und meinte: „Im Nervenwasser haben wir veränderte Zellen gefunden. Wir haben Ihren Mann angerufen, er soll sich beeilen, Sie werden nach Günzburg auf die Intensivstation in der Neurologischen Klinik gefahren.“ Super, auch das noch. Ruck, zuck standen in diesem Untersuchungszimmer fünf Leutchen mitsamt Trage, die ich aber wenigstens wieder alleine belegen konnte.
Dann ging es los. Gerade, als wir am Krankenwagen ankamen, kam mein Mann mit der gepackten Tasche, die er dann abgegeben hat. Noch ein Bussi und weg war ich auf dem Weg nach Günzburg. Dort angekommen (mittlerweile fast 23.30 Uhr), ging die Prozedur noch ein bisschen weiter, Blutabnahme usw. Auch musste ich erst mal Bescheid geben, dass ich ohne meine CIs nichts höre und die über Nacht geladen werden müssen. Intensiv ist definitiv eine andere Nummer, an irgendwelchen Strippen angeschlossen (Überwachung), suchte ich mir dann erst mal eine Steckdose, um alles laden zu können, was man so braucht. Eigentlich gut, dass man ohne CIs nix hört, kein Piepen, kein Stöhnen und keine Alarme.
Als Gehörlose vom DSA ins MRT
Morgens habe ich erst mal alle ausgebremst, weil logischerweise alle losgeredet haben. Zuerst meine CIs an den Kopf und das Handy in sichere Nähe gebracht. Da ich damit auch alles steuere und durch das schlechtere Hören immer erst mal in den Programmen umstellen musste. Schmerztabletten habe ich bekommen, aber außer den Kopfschmerzen, die sich noch immer im Körper verteilten, ging es mir natürlich blendend, am besten von allen anderen, die dort lagen. Darüber war ich echt froh, wollte auch niemandem zur Last fallen.
Die Blutabnahme auf der Intensivstation hat auch nicht viel an den Tag gebracht. Daher entschied man sich, eine Untersuchung der Blutgefäße im Kopf zu machen. Eine digitale Subtraktionsangiographie-Untersuchung (kurz DSA genannt) zeigte wahnsinnig tolle Bilder, aber auch bei dieser Untersuchung kam zum Glück nichts raus.

Es ist eine Untersuchung, die mit einem Katheter in der Armvene und ständiger Gabe von Kontrastmittel stattfindet. Für den behandelnden Arzt war es auch was ganz Neues, jemanden Gehörloses hatte er noch nie auf der Liege. Aber da er mir, so lange ich das CI noch tragen konnte, alles bestens erklärt hat, wusste ich Bescheid und habe mich keinen Millimeter bewegt, die ganze Sache auf dem großen Bildschirm etwas beobachten können und im richtigen Moment genau das getan, was er mir gesagt hatte.
Luft anhalten und erst wenn das Kontrastmittel dort ankommt, wo es sein soll (das merkt man sehr deutlich) wieder weiteratmen. Also, ich habe wohl alles richtig gemacht.
Am nächsten Tag wurde ich zum MRT gebracht, der Arzt hat sich mit Tübingen kurzgeschlossen und, da ich ja meine Ausweise der Implantate dabeihatte, grünes Licht für das MRT erhalten. Bedingt durch die CIs hat man auf den Bildern auch nicht wirklich was sehen können. Was mir schon klar war, im Nachhinein war auch wirklich nix zu sehen.

Langsam bessert es sich
So vergingen die Tage. Nachdem die Untersuchungen nichts weiter ans Tageslicht brachten, wurde ich dann noch weiterhin von Donnerstag bis Montag auf der normalen Station beobachtet. Endlich konnte ich wenigstens wieder etwas laufen. Man kam dann zum Schluss, da man nicht wirklich was Greifbares gefunden hat, dass mir ein Gefäß im Kopf geplatzt sein müsse. Deshalb die wahnsinnigen Kopfschmerzen, die sich langsam vom Wirbelbereich nach unten zogen. Durch die Schmerzmittel und die Zeit, die dann schon vergangen war, wurde es zum Glück von Tag zu Tag zumindest schmerzmäßig langsam besser. Mein Pinguin-Gewatschel ähnelte wieder einem normalen Laufen. Die anderen Symptome wie das schlechtere Hören, kaum Hunger, Frieren ließen auch langsam nach.
Der Klinikweg von März bis Mai
Am Sonntag, dem 23. März, ist das Gefäß geplatzt, im Krankenhaus war ich dann vom 31. März bis zum 7. April. Der Termin in Tübingen war am 12.5., dort haben wir alle möglichen Einstellungen erneuert und Programme wieder neu programmiert. So weit ist alles wieder okay, ich hoffe es bleibt so. Das Darüber nachdenken versuche ich einfach auszublenden. Weil – das Wenn und Aber und hätte ich ... bringt am Ende auch nichts mehr.
Es geht mir wieder gut, das ist die Hauptsache. Die Bilder zeigen Aufnahmen vom MRT und von der Subtraktionsangiographie. Ich hoffe, ich mache euch ein wenig Mut, keine Angst vor solchen Untersuchungen zu haben. Auch mit CI geht das!
Marina Mattburger
August 2025
Erstveröffentlichung CIVrund 86