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Meine dritte Hörreise – die Reimplantation -

Von Christel Premper

Die dritte Hörreise begann von jetzt auf gleich am 27. Oktober 2024, nachdem der linke Prozessor, der Sonnet 2 von MedEl, nach den Abendnachrichten einfach abschaltete ohne ein Signal. Ich versuchte alles Mögliche über Aus/Einschalten, Batterie wechseln, Seitenwechsel von Spulenkabel mit Spule (bei bilateral alles machbar), nach spätestens einer halben Stunde wieder der gleiche Stress. Irgendwie dachte ich, oh nein, der akzeptiert die Winterzeit nicht, ist wohl ein Sommer-Prozessor.

Nach drei Stunden war ich überdreht und erschöpft und versuchte zu schlafen. Am nächsten Morgen rief ich sofort im Hörstudio an und konnte mittags kommen. Der Prozessor wurde getestet und er war defekt, nach zwei Jahren schon. Leider war kein Ersatz vorrätig und ich bekam den neuen am übernächsten Tag. Er funktionierte wieder und alles war gut. Zwei Tage später machte er die gleichen Zicken, dazu kamen dann auch die verrücktesten Störgeräusche. Da reagierte mein Bauchgefühl und mir kam sofort der Gedanke, das Implantat hat sich jetzt nach knapp 18 Jahren verabschiedet. Der Gedanke war naheliegend, weil auf der Seite schon seit 12 Jahren zwei Elektroden defekt waren.

Die Odyssee ging unaufhaltsam weiter, trotz Austausch aller externen Komponenten, dann ging der Weg in die Klinik zu den Audiologen, nach drei Wochen. Der für die Klinik zuständige MedEl Manager Herr Randi wurde für die Messungen bestellt, um den Auslöser der Ausfälle und Störungen zu finden.

Ergebnis: Positiv – das Implantat ist nicht defekt -; negativ – ich weiß es nicht; so die Aussage. Da waren wir genauso schlau wie vor den Messungen, meine armen Nerven lagen schon fast blank. Herr Randi hat alle Messungen nochmal durchgearbeitet, rief mich drei Tage später an und sagte, es kann nur die Spule gewesen sein. Wie es bei der Technik oft ist, temporäre Fehler, nach fünf Wochen – brav über Weihnachten und Neujahr ohne Störungen, juhu -, ging es am 6. Januar 2025 wieder von vorne los. Ich wurde wieder vorstellig bei den Audiologen der Klinik. Prozessor getestet, war ok, wieder Programmierung verstellt. Die Tonqualität weder recht noch richtig schlecht, der Prozessor blieb mir längstens zwei Wochen treu, dann lief das ganze Störungs/Ausfallprogramm wieder ab.

Ende Februar war dann die Geduld zu Ende, auch bei den Audiologen, und es blieb mir nur noch der letzte Weg zu reimplantieren. Es wurde ein CT veranlasst, alle Hörtests durchgeführt, um den Hörstatus zum aktuellen Zeitpunkt zu dokumentieren. Zwei Wochen später hatte ich ein Gespräch mit dem langjährigen und mir sehr gut bekannten Oberarzt. So wie ich ihn kannte, seine zuvorkommende und hilfsbereite Art, erklärte er mir, was ihn dazu bewegte, das Implantat zu ersetzen. „Das ist wie bei einem Auto, ab und zu ruckelt es mal, dann kommen die ersten Aussetzer, wenn dann nicht reagiert wird, bleibt man mit seinem Fahrzeug liegen.“

Das Beispiel war sehr treffend, da ich seit gut einer Woche den Prozessor nicht mehr tragen konnte. Eingeschaltet, angedockt, piep, und aus war er, keine Chance, er bockte nur noch mit dem Implantat. Auf Grund dieser nochmal verschlechterten Veränderung schickte er mich nochmal zur Kontrolle des Prozessors zu den Audiologen.  Die Beiden ackerten rum, nach etlichen Versuchen ging er wieder mal, aber für mich war der Ton miserabel. Es klopfte an der Tür und der Oberarzt kam auch noch dazu. Er gab mir einen Flyer mit dem OP-Termin und weitere Veranlassungen.

Oh, das ging aber flott, OP-Termin schon sechs Tage später. Das Rumprobieren des Audiologen bekam er auch mit und schubste ihn etwas und meinte: „Hör auf damit, das ist genauso, wie wenn man zu viel Kohlenhydrate isst.“ Ich saß ganz entspannt vor den drei und sagte zum Audiologen: „Sie der Ingenieur und ich der Praktiker.“ Lautes Gelächter! Das Kapitel Rumstellen/Probieren war abgeschlossen.

Die Reimplantation führte die leitende Oberärztin durch, es lief optimal, keine Probleme beim Entfernen des alten Implantats, ebenso das Einsetzen des Neuen, alle waren sehr zufrieden mit dem Verlauf. Nach drei Tagen konnte ich die Klinik wieder verlassen, postoperativ auch alles bestens danach. Ich bat noch in der Klinik darum einen AHB-Antrag zu stellen. Leider lief die Antragstellung genauso ruckelig wie davor der Prozessor und es verzögerte sich.

Gemäß den Vorgaben für die AHB soll die Anpassung des Prozessors nicht später als vier Wochen erfolgen. Durch den schnellen OP-Termin wurde es zeitlich eng bezüglich der Antragstellung der AHB. Ich bekam die Anpassung des Prozessors genau vier Wochen nach der OP. Nach dem Anpassen konnte ich schon leise alles hören. Ich hatte Gänsehaut, als ich zuhause die Verkehrsinfos komplett verstanden hatte. Das war nach drei Stunden schon der Fall. Ich wusste, dass ich alles richtig gemacht hatte und war der glücklichste Mensch. Danach hatte ich noch Termine für Hörtests, alle waren erstaunt, wie schnell und gut ich wieder hören konnte.

Wie es so geht, Ausnahmen bestätigen die Regel, erklärte sich die Kaiserberg Klinik in Bad Nauheim doch noch bereit den Antrag zur AHB anzunehmen. Ich wartete, und wartete, es kam keine Mitteilung des Anreisetermins aus Bad Nauheim. Vier Wochen später kam überraschend  von der Krankenkasse eine Mitteilung, dass meine AHB genehmigt wurde, aber ich sollte in der Bosenberg Klinik in St. Wendel wegen dem Anreisetermin anrufen. Für mich war diese Entscheidung nicht nachvollziehbar und ich rief in der Kaiserberg Klinik und bei der Krankenkasse an.

„Wir haben keinen Platz in dem befristeten Zeitraum für Sie“, so die Mitarbeiterin in der Klinik, oder Sie stellen jetzt schon einen normalen Reha-Antrag für später. Nein, es war entschieden, ich nahm das Angebot der Krankenkasse an und rief in der Bosenberg Klinik an, um den Anreisetermin zu erfragen. Die Mitarbeiterin hatte meine Unterlagen schon fertig und sagte am 1. Juli 2025 kommen Sie zu uns in die AHB. Da mir die Klinik sehr vertraut war und in positiver Erinnerung von meiner letzten  Reha im Jahr 2008 dort, war die Entscheidung gefallen.

In der Klinik angekommen, gab es weiterte positive Überraschungen, meine Ärztin, die Logopädin und der CI-Einsteller waren noch im Haus beschäftigt und erkannten mich bei meinem ersten Termin wieder. Das Arbeiten mit allen Therapeuten lief sehr harmonisch, alle waren erstaunt, was ich als „Wiederholungstäter“ schon wieder nach gut zwei Monaten Anpassung an Verständlichkeit hatte.

Der Hörstatus bei der Aufnahme war schon sehr überraschend, beide Seiten 100 % nach Freiburger Zahlen mit jeweils 65dB und 80 dB. Die Einsilber schaffte ich mit 75 % beidseits bei 80 dB.  Es erfolgten unter der Woche drei CI-Einstellungen, tägliches Hörtraining in der Gruppe und zusätzlich dreimal unter der Woche Hörtraining einzeln dazu. Durch das intensive Hörtraining fanden wir schnell meine Schwachstellen heraus, die Vokale links, interessanterweise minimal die Konsonanten rechts.

Der Kopf hatte in den 15 Jahren bilateral schon ein Muster angelegt mit der Kommunikation der CIs und ich war schon vor der Reimplantation immer ein guter Hörer. Ich merkte schon nach einer Woche, dass ich so allmählich mich dem alten Hörstatus auf der linken Seite näherte. Mein intensives Training am Audiolog im Zimmer trug noch zur besten Unterstützung bei. Meine Ärztin beantragte eine Woche Verlängerung, welche mir von der Krankenkasse sehr schnell genehmigt wurde. Ich bemerkte immer mehr meine Fortschritte und so kam dann auch das Ende meiner AHB und die Tests zum Abschluss des Hörstatus.

Diese Tests setzten meinen CI-Einsteller, wobei mein vorheriger - Herr Bellagnech - mittlerweile im Urlaub war, meine Logopädin – Frau Zunino - in großes Erstaunen. Frau Zunino sagte zu mir, dieses Ergebnis habe ich die letzten Jahre hier im Haus bei keinem Patienten gesehen. Freude auf allen Seiten über das geniale Ergebnis meiner Hörreise. Dank meiner intensiven Mitarbeit, der hervorragenden Arbeit der Therapeuten konnte ich folgendes Ergebnis vorzeigen, was ich hier auch noch mitteilen möchte:

Freiburger Zahlen: 100 % weiterhin bei 65 dB und 80 dB beidseitig

Einsilber: Verbesserung von jeweils 10 % rechts und 20 % links bei 65dB und bei 80 dB, beidseitig 90 %

OLSA in Ruhe: 91 %; OLSA 50 % Schwelle -0,6 dB = 49,4 %, super!

Speechtracking:         mit Mundbild 90 rechts und 80 links
                                     ohne Mundbild 85 rechts und 74 links

Gesamtergebnis: CFG 96 % links;  CFG 94 % rechts = beidseitig 95 % !!

Ich kann aus meiner dreifachen Erfahrung jedem CI-Implantierten nur empfehlen unbedingt eine AHB bzw. Reha durchführen zu lassen. Je früher „die Kommunikation“ zwischen Kopf und CI beginnt, umso schneller kann man davon ausgehen, dass die Hörfähigkeit sich entwickelt.

Zum Schluss möchte ich mich bei allen Therapeuten und auch meiner Ärztin der Bosenberg Klinik an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bedanken. Ohne diese hervorragende Zusammenarbeit wäre ich in knapp vier Wochen niemals auf so ein optimales Ergebnis gekommen.

Christel Premper
Biebertal
August 2025