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Nach der Erstanpassung meines CI´s im Februar 2005 entstand in mir der Wunsch nach einer stationären Reha im hessischen Friedberg. Friedberg war mir aus verschiedenen Erfahrungsberichten ein Begriff und ich versprach mir sehr viel von einer täglichen, intensiven Hörtherapie.

Prof. Maurer aus dem Koblenzer Marienhof befürwortete diese Idee und bereits kurze Zeit später lag der genehmigte Antrag der Krankenkasse vor. Die Unterbringung sollte in Bad Nauheim erfolgen, in einem Sanatorium, das fast ausschließlich von Herzpatienten gehobenen Alters bewohnt wurde. Lobenswert ist die Idee, die CI-Träger gemeinsam auf einer Etage unterzubringen und ihnen eine spezielle Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, im Wesentlichen ein geeignetes Telefon sowie einen Lichtwecker.

Als Teilnehmer einer Hörtherapie hatten wir CI-Träger uns im Herzsanatorium dennoch sämtlichen ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen, obgleich das Abtasten der Füße, Blutuntersuchungen und Gewichtskontrollen sicher nicht in Zusammenhang mit dem Hörerfolg stehen. Auch in interne Wochenpläne, in denen solch gesundheitsfördernden Behandlungen und Anwendungen wie „Wassertreten“ und „UV-Bestrahlungen“ aufgelistet waren, wurden wir einbezogen.

Die Aussicht auf drei Wochen morgendliche Gesundheitskontrolle und Wassertreten ließ mich nach den anderen beiden CI-Trägern Ausschau halten! Zum ersten Mal begegneten wir uns am Mittagstisch, extra in einer separaten Sitzecke, damit wir CI-Träger vom üblichen Lärm der Herzpatienten verschont blieben. Dass wir damit vom Geschehen isoliert waren, war ein eben in Kauf zu nehmender Nebeneffekt. Bei meinen beiden „Kollegen“ handelte es sich um eine Dame in den Siebzigern, mit der eine gestenreiche wie bruchstückhafte Unterhaltung möglich war, sowie einen Mann mittleren Alters, mit dem aufgrund seines Geistes- und Gesundheitszustands überhaupt keine Unterhaltung möglich war.

Zwischen diesen beiden herrschte von Anbeginn eine herzliche Unsympathie und ich musste den Part übernehmen, meine Schäfchen zu den unterschiedlichen Abfahrtszeiten zum Bus zu dirigieren, zwischen ihnen und den Krankenschwestern zu vermitteln und eine komplette Lebensgeschichte zu verinnerlichen.

Täglich, außer am Wochenende wurden wir nach Friedberg zum CIC Rhein-Main chauffiert. Das neue, ansprechend ausgestattete Zentrum gefiel mir auf Anhieb und auch die Damen, die im Wechsel mit uns arbeiteten verströmten herzliche Sympathie. Das Hörtraining wurde abwechselnd in Einzelarbeit oder am Computer absolviert, wobei ich die Computersitzungen eher als Entspannungsphase zwischen den anstrengenden Einzeltherapien empfand.

Optimal ist das Angebot der kompetenten Mitarbeiter in Friedberg, auch Anpassungen vorzunehmen, die gerade in der ersten Zeit der Höreindrücke notwendig und wichtig sind. In erster Linie ging es mir ums Sprachverständnis und darauf wurde das Hörtraining angelegt. Wurden zu Beginn mit Silben, einzelnen Lauten und Geräuschen gearbeitet, wurden später Begriffe eines semantischen Felds übers Telefon geübt. Die letzten Stunden verbrachten wir mit dem schrittweisen Verstehen des Hörbuchs „Der kleine Prinz“ aus den Lautsprechern eines CD-Players.

An der Grenze des möglichen Sprachverständnisses wurde herausgeholt was herauszuholen war, klar wurde jedoch auch, dass es eine Grenze gibt, dass die Entwicklung meines Sprachverstehenkönnens nicht in drei Wochen abgeschlossen sein kann.

An den sehr langweiligen Wochenenden ohne Hörtherapie hatte ich Gelegenheit im Garten der Burganlage in Friedberg Vogelstimmen zu sortieren und überhaupt die nach wie vor neue Klangwelt zu ordnen. Inzwischen ist entwicklungsgemäß mein Sprachverständnis weiter fortgeschritten, auch dank einer ambulanten, langfristigen Hörtherapie im Koblenzer Marienhof. Obgleich mir angeboten wurde, die Anpassungen weiterhin in Friedberg vornehmen lassen zu können, ist mir aufgrund des relativ weiten Wegs der Aufwand zu hoch. Die in Friedberg angebotenen Reha-Maßnahmen sind insgesamt sehr empfehlenswert für jeden frischgebackenen CI-Träger, wenn man in Kauf nimmt, außerhalb der Stunden im CIC unter Umständen inmitten sehr speziell kommunizierender Menschen zu viel Zeit für sich selbst zu haben.