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Meine Erfahrungen mit dem Cochlea Implantat

Von Merle

Als ich geboren wurde, gab es noch kein Hörscreening. Somit blieb meine Gehörlosigkeit erst einmal unbemerkt. Ich habe oft sehr laut geschrien und geweint, wenn ich niemanden sehen konnte. Ich hätte sie hören können, aber habe es nicht. Im Krankenhaus war ich deswegen auch nicht lange bei den anderen Kindern. Man brachte mich sehr schnell wieder zu meiner Mutter, weil ich nicht ruhig werden wollte.

Meine Eltern wussten von Anfang an, dass etwas nicht ganz stimmte und ihre Vermutungen bestärkten sich durch andere Hinweise. Dazu muss ich sagen, wir hatten früher einen Hund. Er war ein sehr lieber Hund. Wenn ich schlief, legte er sich gerne neben oder unter mein Bett. Manchmal bellte er und ich schlief weiter. Ich habe nicht einmal gezuckt. Auch fand ich die Lampenabteilung in Baumärkten und Möbelhäusern immer sehr faszinierend.

Natürlich brachten meine Eltern mich zu verschiedenen Ärzten, aber keiner wollte ihnen wirklich glauben, dass etwas nicht richtig war. Schließlich gab es einen, der mit mir die BERA-Untersuchung durchführte. Dabei stellte sich heraus, dass ich auf dem rechtem Ohr hochgradig schwerhörig und auf dem linken Ohr taub war. Somit bekam ich meine ersten Hörgeräte.

Aber das Hörgerät half mir nur auf der rechten Seite. Schnell wurde klar, dass die Hörgeräte nicht ausreichten, um mir das Sprechen beizubringen. Meine Eltern wurden vor die Entscheidung gestellt, ob ich ein CI bekommen sollte. Es war eine schwierige Entscheidung. Mich konnten sie nicht fragen. Aber schließlich entschieden sie sich dafür.

Mit eineinhalb Jahren war es so weit und ich war wieder im Krankenhaus. Ziel: Ein Cochlea Implantat für die linke Seite. Mein Hörgerät für die rechte Seite behielt ich noch etwas länger.

Von dem Zeitpunkt an, führte ich ein ganz normales Leben. Ich lernte Sprechen und begann ganze Geschichten zu erzählen. Mit drei Jahren ging ich in den Kindergarten, ich lernte Fahrradfahren, ich ließ mir von meinen Eltern oft gerne Geschichten vorlesen und hörte Hörspiele.

Anders gesagt, hatte ich eine sehr schöne Kindheit. 2009 wurde ich eingeschult und ging auf eine ganz normale Schule. Ich war stolz auf mich selbst und hatte Spaß am Lernen.

Mit meinem CI kam ich sehr gut zurecht, aber mein rechtes Ohr wurde mit der Zeit immer schwächer. Irgendwann kam die Frage auf, ob ich ein zweites CI brauche. Dieses Mal wurde ich tatsächlich gefragt. Ich hätte „Nein“ sagen können, aber ich wollte ein zweites CI.

Mit dem ersten hatte ich so gute Erfahrungen gemacht, dass ich mir beinahe keine Sorgen machte. Also sagte ich „Ja“. Das war zwischen dem 3. und 4. Schuljahr.

Wieder ging es in die MHH und dieses Mal war die rechte Seite dran. Ich habe keinerlei Erinnerungen an meine erste OP und die Schmerzen, die ich gehabt haben muss. Bei der zweiten OP allerdings, sah es anders aus.

Ich weiß noch, wie schwer mein Kopf war, wie eng der Verband. Ich konnte mich nicht gut hinlegen, weil es überall drückte und es tat weh. Irgendwann ging es mir aber auch wieder besser. Ein großer Trost war der Stapel Briefe, den meine Mitschüler mir geschickt hatten.

Jeder einzelne von ihnen hatte mir eine kurze Nachricht geschrieben und mir alles Gute gewünscht. Nach der Zeit im Krankenhaus ging ich wieder zur Schule.

Mein letztes Grundschulzeugnis war sehr gut und ich hatte eine Empfehlung fürs Gymnasium. Das wollte ich nicht. Ich fühlte mich nicht so gut, wie ich war.

Ich ging auf eine Gesamtschule und war dort erst einmal zufrieden. Meine Noten waren gut und ich lernte auch etwas, aber ich merkte irgendwann, dass ich keinen Spaß hatte. Ich war unterfordert. Ende der 6. Klasse, wechselte ich die Schule.

Jetzt bin ich 16 Jahre alt, gehe auf ein Gymnasium, meine Noten sind nicht die schlechtesten und ich bin sehr froh, dass es Cochlea Implantate gibt und ich die Möglichkeit hatte, all das für mich zu ermöglichen.

Merle
Juli 2019