Tja, nach 2 erfolgreichen CI OPs innerhalb von 2 Jahren und den damit verbundenen neuen Hör-Welten war es für mich an der Zeit mal ausgiebig zu kuren. Wo können das CI-Patienten besser als in einer maßgeschneiderten Kur in Bad Nauheim in der Wetterau zwischen Gießen und Frankfurt gelegen? Da dachte ich mir, da stellst du jetzt mal einen Antrag, nach dem ich mich im Internet ausgiebig erkundigt habe, was mich da erwarten wird und ob es meinen Wünschen einer CI-Kur entspricht. Dann ging ich zum Arzt und bin da nicht eher weg, bis ich die Unterlagen für den Antrag in Händen hielt. Nach einigen Wochen Wartezeit kamen dann endlich die wichtigen Unterlagen zum ausfüllen für die Kur. Tja, von der Wiege bis zur Bahre – Formulare, Formulare. Aber auch diese Hürde war bald überwunden, noch mal warten auf den Bewilligungsbescheid und dann noch mal warten bis ich von der Klinik einen Termin hatte, sind noch mal gut einige Wochen vergangen. Aber dann:
Ich kam in meine Wunschklinik der Pitzer Gruppe: Kaiserberg Klinik Bad Nauheim, die spezialisiert sind auf Cochlea - Implantate, Hörstörungen, Tinnitus, Schwindel. Also all das, was ich auch mit mir rumschleppe. Sie wird geführt von Dr. Roland Zeh, der selber implantiert ist und weiß wovon er spricht, das war mir ganz wichtig. Nebenher will ich erwähnen, daß einige Mitarbeiter der Klinik, unter anderem Therapeuten auch CI´s oder Hörgeräte hatten und somit mit den Problemen vertraut waren, das war wirklich ganz wichtig zu wissen.
Jetzt nach der Kur kann nur sagen: Sie war fantastisch diese Kur, nicht nur wegen dem schönen Haus, das direkt am Waldrand liegt und nur ein paar Gehminuten zum Park und Ort hat, sondern auch wegen der gelungenen Mischung aus Hör-Training, Sport und Zeit für sich selbst. Mitnichten war natürlich das goldene Herbstwetter wie bestellt, als ich in der Zeit vom 23.09.2009 bis 28.10.2009 meine 5 Wochen dort absolvierte.
Ich lernte Ärzte, Therapeuten, Audiotherapeuten und Mitpatienten kennen mit denen ich super gut klar gekommen bin und die mir gezeigt haben, daß ein Leben mit CI nicht nur Hör-Stress bedeutet, sondern daß man damit lernen kann umzugehen und dann ein gutes Leben führen kann. Ganz wichtig hierzu waren die ersten 2 Wochen mit nur EINEM CI. Gott o Gott dachte ich mir, alles auf Anfang. Man hat mir das erstimplantierte CI erst mal ausgeschaltet und ich musste mit dem erst seit Jänner 2009 implantierten CI hören lernen. Im Nachhinein genau richtig so. Schon nach wenigen Tagen merkte ich erste Erfolge und jede Woche wurde das CI neu eingestellt. Wie kam es dazu, dass so schnell die Erfolge zu spüren waren, schneller als zu Hause? Nach den 2 Wochen musste die neuere Seite ausgeschaltet und die ältere Seite eingeschaltet werden und das Spielchen ging von vorne los. Eine Woche vor Ende der Kur wurden dann beide CI´s eingeschaltet und eingestellt, so daß es ungefähr auf eine Ebene ist. Das Hören ist seit dem viel, viel besser. Wie kommt es in 5 Wochen zu solch einem Erfolg?
1. Man hat Zeit sich auf diese Sache zu konzentrieren und kümmert sich nur darum, der Alltag blieb zu Hause.
2. Das intensive Hörtraining von Montag – Freitag 3 x täglich. 1 x in Kleingruppen, dann in Großgruppen und dann Einzeln.
3. Jede Woche CI Einstellung und Audiotherapie.
Ich sag auch, danach war man platt, vor allem nach den ersten paar Terminen, aber es lohnte sich. Der Clou an dem ganzen: Lippenlesen war erst mal verboten, nur wenn man gar nicht weiter gekommen ist, durfte man Lippenlesen, sonst war stetiges Nachfragen zwischen dem Sprecher und dem Zuhörer oberstes Gebot. Puh, das war anstrengend, aber so merkte man auch wie es für Hörende sein muss, wenn die ständig einem Schwerhörigen was wiederholen müssen. Einfach ist das wirklich nicht.
Nicht zu vergessen, alles ging humorvoll und spaßig ab. Wir spielten Wer wird Millionär oder Wer wohnt in dieser Stadt und mussten die Fragen und Antworten hören. Ob man im Anschluss die Frage richtig beantwortete war Nebensache, wichtig war nur das hören.
Ab der 2. Woche kam Musiktherapie dazu. Wir hörten bekannte Hits zum Beispiel von Udo Jürgens „Ich war noch niemals in New York“ und wir mussten das Lied mitschreiben, das er sang. Im Anschluss wurde das Lied noch mal gespielt und wir haben unsere Texte mit dem Text von Udo verglichen. Spielerischer kann man nicht hören lernen. Freitags war immer in der Cafeteria „Hören im Störlärm“ mit besagten Spielen anberaumt. Boah! Anstrengend und das auch noch mit nur einem eingeschalteten CI. Aber es ging ja den anderen genauso. Wir saßen in einem Boot, jeder hatte Probleme und Erfolge. Wir haben am Abend immer zusammen gesessen und geredet. Diese Erfahrungsberichte waren sehr wertvoll für mich. Man ist mit CI nicht allein, es gibt ganz viele junge Menschen denen es genauso ergeht.
Viele hatten das Problem wie ich, erst mal im Beruf wieder Fuß zu fassen mit dem neuen Hören, viele hatten schon Kinder und Beruf und mussten das vereinen. Mit einigen stehe ich auch jetzt nach der Kur noch in Kontakt und es tut gut sich so austauschen zu können.
So, diese Trainingseinheiten fanden wie gesagt jeden Tag statt und damit man von dem Hörtraining wieder runterkam gab es Sport. Jawoll! Schwimmen, Schwimm-Gymnastik (von uns Spaß halber als Wasserballett bezeichnet), Medizinische Trainingstherapie (MTT) die sich als Mucki-Bude entpuppte, Ergometer- und Fahrradfahren und Walking mit und ohne Stöcke, wie man wollte. 1 x die Woche war Visite und man konnte seine Wünsche bezüglich Sport und Massagen äußern und so kam ich auch noch in den Genuss von 2 x die Woche Massagen. Einmal diesen wundervollen Hydro-Jet. Ein Wasserbett, das starke Wasserstrahlen den Rücken bis zum Po auf und ab massierte. Bin ich echt immer bei eingeschlafen, so gut tat das. Dazu kam dann noch eine richtige Massage, die war aber qualvoller, die haben ganz schön Kraft diese Masseure, aber auch das hat mir im Nachhinein geholfen meine HWS Schmerzen in Grenzen zu halten.
Tja, nach der ersten Woche ging man schon wirklich freiwillig zum Sport, weil das so gut tat. Man merkte auch wie man den Frust-Speck dadurch los wurde, der sich vor der Kur angesammelt hatte und ich nahm in 5 Wochen 8 Kilo ab! Das ist sehr willkommen gewesen, echt! Mittlerweile hab ich mich auch zu Hause fürs Fitness-Center eingeschrieben und fahre echt gut damit. Schweinehunde dürfen mitgehen, haben aber nichts mehr zu melden. Das Kerlchen wird richtig unterdrückt und wird immer kleiner. :-)
Am Abend gingen wir dann in Grüppchen mal in die Stadt und haben uns auch mal ein Crepes oder was anderes gegönnt, aber wirklich nur 1 x die Woche. Ansonsten gab’s, was die Kur Küche her gab und die war wirklich ganz ok und man hat sich wieder daran gewöhnt regelmäßig und gesund zu essen.
Nebenher gab es auch noch ein wenig Kur-Programm im Haus. Musikabende oder Vorträge zu Themen wie Tinnitus, Schwindel oder technische Hilfsmitteln, die man im Haus auch ausprobieren konnte. Die Zeit ging um wie nichts und wenn die Kur länger als 5 Wochen gedauert hätte, ich hätte es gemacht. Von Kur-Koller keine Spur. Ich bin mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Hause gefahren und habe mir vorgenommen diese Kur in ein paar Jahren zu wiederholen, so wie es mir von den Therapeuten geraten wurde.
Jedem mit CI oder jedem, der ein Hörgerät hat oder unter Tinnitus und Schwindel leidet, kann ich diese Kur nur empfehlen. Besonders den CI-lern unter uns sei gesagt: Das Leben mit CI will gelernt sein, es ist nicht immer einfach und selbst, wenn man glaubt „das geht schon irgendwie“ werdet ihr, wenn ihr die Kur macht merken, daß noch einiges gefehlt hat.
Meinen herzlichsten Dank gilt dem Team der Kaiserbergklinik Bad Nauheim. Frau Schwarz und Frau Bumann, den beiden Hör-Therapeuten, die mit viel Spaß und Liebe zum Beruf dazu beigetragen haben, das ich nun leichter durchs CI-Leben gehen kann. Den Ärzten und Sport-Therapeuten gilt ebenso mein Dank, da sie mir gezeigt haben, daß man mit Sport Frust und Stress abbauen kann und das Schokolade was sein sollte, was man genussvoll und ohne Reue ab und zu genießen darf.
Sobald ich wieder merken sollte, daß ich den Berg wieder abwärts rolle, geht’s wieder in die Kaiserbergklinik. Abgemacht!
Ach ja, ihr habt in der Klinik natürlich Einzelzimmer mit Bad, einem Schreibtisch und TV mit Videotext und Höranlage. Lichtsignalanlage für die Tür und Lichtwecker bzw. Vibrationskissen. 3 – 5 Wochen kann man da locker leben. Es gibt auch eine Cafeteria, Getränkeautomaten und hinter der Klinik ist die Bushaltestelle.
Der Ort verfügt über schöne kleine Läden, einen riesigen Park und einer Therme. Cafés und Lokale laden zum verweilen ein und wem doch mal langweilig wird, der kann auf den Spuren von Elvis Presley oder Kaiserin Elisabeth (Sissi) wandern. Der eine hat ein paar Jahre in Bad Nauheim gewohnt und die andere war bekannter Kur-Gast und daher hat Bad Nauheim für den einen ein Fanclub und für die andere ein Wiener-Café. War klar, dass ich da hin wollte, oder. ;-)
Alle die jetzt mehr wissen wollen, empfehle ich einen Klick ins Internet:
http://www.pitzer-kliniken.com/inhalte/index_html?a=3&b=20&c=59&d=134
http://www.pitzer-kliniken.com/inhalte/index_html?a=3&b=20&c=181
Lieben Gruß und wer bald mal eine Kur in Bad Nauheim anstrebt wünsche ich vorab schon viel Erfolg.