Hörberatung im Schwimmbecken am Urlaubsort
Von Ricarda Neuberg
Im Urlaub gehört das Schwimmen auch zu den beliebten Freizeitaktivitäten. In Ostfriesland scheint das Cochlea Implantat ein Fremdwort zu sein. Entweder hören die Einheimischen zu gut oder „schlecht Hören“ ist ein Tabuthema.
Da ich meine CIs schon vier Jahre trage, macht es mir nichts mehr aus, komisch bemustert oder bestaunt zu werden, denn ich trage sie mit Stolz, auch im Schwimmbad. Es ist schön, obwohl ich taub bin, mitten im Geschehen dabei zu sein und mit den Mitmenschen kommunizieren zu können. So ist die Welt mit den vielen unterschiedlichen klangvollen Geräuschen und angenehmer Sprache schön bunt.
Mittlerweile werde ich auch im Schwimmbad auf meine „Dinger am Kopf“ angesprochen und bin froh, dass ich Unwissende aufklären kann. In der Dusche sprach mich eine Frau an: „Was haben Sie denn da, das sind keine Schwimmringe?“ Grins, grins. „Das ist richtig“, antwortete ich ihr. „Das brauche ich zum Hören und damit ich mit Ihnen kommunizieren kann.“
Ein anderes Mal sprach mich ein Mann am Beckenrand an, „Wie können Sie schwimmen und gleichzeitig Musik hören.“ Ich schaute ihn an und musste schmunzeln. Er fragte mich ganz vorsichtig: „Ist das kein Walkman?“ Grins, grins. Ich bejahte seine Frage und erklärte ihm: “Das brauche ich zum Hören. Damit ich Sie verstehen kann, muss ich meine Sprachprozessoren von meinen Cochlea Implantaten in eine wassergeschützte Box legen“. Seine Frau sagte mir, die Cochlea Implantate gibt es auch bei uns in Göttingen, eine Universitätsstadt, dort sieht man viele Leute mit Cochlea Implantaten.
Im Schwimmbecken, als ich meine Runden schwimmen wollte, fragte mich eine ältere Schwimmerin ganz besorgt und sagte. „Das haben Sie gar nicht nötig. Sie sind so schlank. Warum tragen Sie einen Kalorienzähler?“ Ich grinste sie an und klärte die arme unwissende Frau auf. „Das brauche ich zum Hören. Ich bin taub, damit ich Sie verstehen kann, müssen meine Sprachprozessoren von meinen Cochlea Implantaten in einer wassergeschützten Box verstaut werden.“ Dann meinte die ältere Frau: „Jetzt bin ich beruhigt, dass Sie keine Diät machen müssen.“
Einige Zeit später wollte meine Familie mit mir die Wasserballschlacht im Schwimmbecken spielen, als ich wieder von einer neugierigen einheimischen Schwimmerin angesprochen wurde. „Darf ich Sie mal was Persönliches fragen? Ich möchte Sie nicht verletzten. Sie haben so Dinger auf dem Kopf. Sind das Cochlea Implantate? Kann man damit hören und kommen Sie gut damit zu Recht?“ Grins, grins. „Oh, so viele Fragen auf einmal“, sagte ich dann. Ich sagte zu meiner Tochter, dass ich gleich zum Spielen komme. Ich muss nur noch ein paar Fragen beantworten und wandte mich der neugierigen Frau zu und beantwortete ihr alle Fragen, die sie mir stellte.
Dieses Gespräch wurde etwas länger. Diese Frau erkundigte sich für ihren Lebensgefährten, der gerade aus dem Becken flüchten ging, als er mitbekommen hat, dass es um ihn ging. Das konnte Sie gar nicht verstehen. Ich erklärte ihr beruhigend, dass ich die Situation ihres Lebensgefährten sehr wohl verstehen kann. In dieser Lage habe ich vor meiner CI-Zeit auch lange Zeit gesteckt. Ich weiß, wie unangenehm diese Situation „nicht verstanden zu werden und nix zu verstehen“ ist. Sie erzählte mir, dass ihr Lebensgefährte einen Bericht über Cochlea Implantate gelesen hat und es ihn interessiert, ob es was für ihn wäre. Ich sagte ihr, machen Sie einen Termin in der Klinik, die CI implantiert aus. Gehen Sie mit Ihrem Lebensgefährten in eine Selbsthilfegruppe in ihrer Wohnortsnähe, um sich mit den Betroffenen austauschen zu können. Ich versuchte das Gespräch zu schließen, um mit meiner Familie endlich die Wasserballschlacht zu spielen.
Die Gesprächspartnerin bedankte sich, dass ich geduldig ihre Fragen beantwortet habe und war erstaunt, dass ich mich fast ganz normal mit ihr in der lauten Schwimmhalle unterhalten konnte. Das hat sie jetzt überzeugt. Ich teilte ihr noch abschließend mit: „Jetzt muss sich nur noch ihr Lebensgefährte überzeugen lassen und handeln.“
Ich möchte meine CIs nicht missen und bin froh, dass ich dank des Aqua Case von Advanced Bionics auch im Schwimmbad mit den anderen Schwimmgenossen kommunizieren kann, denn so konnte ich auch im Schwimmbecken eine Hörberatung machen. Ich kann euch nur aufmuntern, euch auch einen Wasserschutz für Eure CIs zu zulegen. Das ist ein tolles Erlebnis im Wasser, viele klangvolle Geräusche und Töne im Schwimmbad wie das Wasserplätschern zu hören. Das gehört auch zur Steigerung der Lebensqualität und auch im Schwimmbad kann man das CI bekannter machen.
August 2019
Ricarda Neuberg