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Mein Weg zum Cochlea Implantat

Von Stefanie Weber

Hallo, ich bin Stefanie, bin 38 Jahre alt und wohne zwischen Karlsruhe und Heidelberg. Ich bin verheiratet, habe keine Kinder, aber dafür zwei Katzen.

Ich bekam mein erstes Hörgerät mit sieben Jahren und hatte seit dem immer wieder Hörstürze. Als ich meinen heutigen Mann im Jahr 2000 kennenlernte, war ich gerade mal 18 und hatte mittlerweile schon beidseitig Hörgeräte.

Ich arbeitete zunächst im Verkauf für eine Bäckerei und dann 13 Jahre als Altenpflegerin. Während unserer Beziehung hatten wir immer wieder mit Jobverlusten und Hartz IV zu kämpfen. Über Jahre hinweg war immer mal wieder mindestens einer von uns auf Jobsuche, so dass wir nie für die Zukunft planen konnten. Die dadurch resultierenden finanziellen Probleme (am Ende des Geldes war so viel Monat übrig), Ängste, wie das in der Zukunft sein würde und wann die Negativ-Serie endlich ein Ende haben sollte, führte bei uns beiden zu massiven Problemen bis hin zum kompletten Hörverlust bei mir.

2014 bekam ich dann innerhalb kurzer Zeit meine beiden Cochlea Implantate (CI). Eigentlich war vorerst nur ein CI „geplant“. Da eine stationäre Reha aber von der Krankenkasse nicht genehmigt wurde, denn ich war kurz zuvor wegen dem ersten CI bereits in Reha, war ich gezwungen, eine ambulante Reha in der Kopfklinik Heidelberg zu machen.

Das hieß für mich damals vier Tage arbeiten und an meinem freien Tag mit dem Zug nach Heidelberg und die Reha-Behandlungen machen. Privatleben und Haushalt kamen ja auch noch zusätzlich dazu. Dass da mein eigentlich angeschlagener Körper irgendwann mal streikte, war nur eine Frage der Zeit. Das Ergebnis davon war, dass das zweite CI eben viel schneller nötig wurde, als geplant.

Da man – anders als beim Hörgerät – bei einem CI quasi wieder von Neuem lernen muss zu hören, war die darauffolgende Zeit sehr schwer für mich, zumal neben einem massiven, ständig die Frequenzen wechselnden Tinnitus, auch noch Morbus Menière diagnostiziert wurde.

Zunächst hatte ich sehr mit der neuen Situation zu kämpfen. Ich hatte mein komplettes Selbstvertrauen verloren, zog mich immer mehr in mein „Schneckenhaus“ zurück und wollte die Welt um mich herum komplett vergessen. Ich hörte nicht viel, und wenn, waren es anfangs nur metallische Impulse, die ich nicht richtig zuordnen konnte.

Erst mit der Zeit konnte ich die Impulse besser verarbeiten und hörte Stück für Stück besser und mehr. Im April 2015 kam ich dann zum Glück doch in Reha nach Bad Nauheim und lernte dort, auch richtig mit dem Tinnitus umzugehen. Durch Entspannungsübungen (Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen) und viel Ruhe bekam ich das Pfeifen und Dröhnen in meinem Ohr einigermaßen in den Griff.

Ich lernte dort, den Tinnitus nicht in den Vordergrund zu stellen, was mir sehr half, damit zu leben. Der Morbus Menière und meine Depressionen blieben mir allerdings erhalten. Natürlich ist der Tinnitus auch noch vorhanden und meldet sich vor allem, wenn ich erschöpft und ausgelaugt bin. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt begann ich trotz allem eine Maßnahme, durch die ich zur Betreuungskraft in einem Altenheim umgeschult wurde. Seit dieser Zeit arbeite ich in dem Beruf.

Heute kann ich sagen, dass es für mich die beste Entscheidung überhaupt war, die beiden OP’s über mich ergehen zu lassen. Als ich mich über die möglichen „Nebenwirkungen“ informierte, wurde mir zwar etwas mulmig, aber im Grunde hatte ich keine andere Wahl und würde es trotz allem heute wieder so machen.

Es war ein langer Weg bis zur erneuten Selbständigkeit, aber es war auf jeden Fall die Mühe wert. Ich kann heute, mal vom Autofahren (wegen des Morbus Menières) abgesehen alles machen, zu was ich Lust habe. Selbst mit den CI’s schwimmen gehen ist dank eines wasserdichten Behälters kein Problem mehr. Ich bin also fast wieder die alte.

Oktober 2020
Stefanie Weber