CI Projekt 2008
"CI Projekt 2008"
so habe ich meine persönliche Baustelle genannt. Nach wochenlanger Planung, vielen Untersuchungen, Kabel und Strippenlegungen mit diversen Anschlüssen zeigten sich nach der Installierung sehr gute Ergebnisse! ;-)
Doch zunächst erst einmal zu mir: Ich bin 50 Jahre alt, verheiratet, mit zwei erwachsenen Kindern, die schon aus dem Haus sind. Mein erlernter Beruf ist Kinderkrankenschwester, den ich aber wegen meiner Hörbehinderung nicht mehr ausübe. Dafür habe ich einen Teilzeitjob im Büro meines Mannes bekommen. Aufgrund einer vererbten Schwerhörigkeit, die sich im Alter von 20 Jahren bemerkbar machte, bekam ich erst im Alter von 30 Jahren Hörgeräte. Sie mussten im Laufe der Jahre immer wieder der fortschreitenden Hörverschlechterung angepasst werden.Im Beruf war es oft schwer, den Anweisungen der Kollegen zu folgen, das telefonieren war mir peinlich und sehr häufig ließ ich das Telefon links liegen, bzw. wenn man alleine im Dienst war, drückte die Verantwortung sehr.
Nach unserem Umzug und Hausbau im Jahre 1998 verschlechterte sich mein Gehör so sehr, dass ich auf der rechten Seite kein Sprachverstehen mehr hatte. Ab 2001 konnte ich auf dieser Seite kein Hörgerät mehr benutzen. Es war einfach nichts mehr da .
Auf der linken Seite verstand ich noch g nz gut, obwohl diese Seite auch schon an Taubheit grenzend hörgeschädigt war. Seit dieser Zeit befasste ich mich immer mal wieder mit dem Thema Cochlea-Implantat. Ich tat dies auch, um mich psychisch darauf vorzubereiten und das Ungeheuerliche zu denken, dass ich eines Tages ganz ertauben könnte. Noch konnte ich mir das gar nicht vorstellen.
Ich muss gestehen, ich las sehr oft auf "Michaels Ohrenseite", die meiner Meinung nach die Hauptinformationsquelle für "Leute ohne Anschluss" ist. Erst wenn man sich dort durchgelesen hat, weiß man, wohin man sich noch wenden kann. Ich hatte all die Jahre auch keinerlei Anschluss an die Hörgeschädigtenszene gesucht, was ich mir heute eigentlich vorwerfen sollte.
Als dann im Herbst 2007 mein HNO-Arzt meinte, dass mir ein Cochlea-Implantat auf der tauben Seite helfen könnte, war die Überraschung für mich nicht allzu groß, im Gegenteil, ich freute mich und dachte, dies wird mein "Projekt für 2008".
Ich informierte mich recht gründlich, hauptsächlich über das Internet, schrieb an CI-Firmen und bat um Infomaterial. Die Untersuchungen an der Uniklinik in Frankfurt ergaben, dass bei mir ein CI sinnvoll wäre.
Trotz aller Informationen konnte ich mir mein späteres neues Hören nicht vorstellen. Ob ein über 6 Jahre lang ertaubtes Ohr wieder verstehen lernt? Unfassbar ! Wie werden die ersten Höreindrücke sein? Würde es wochenlang dauern, bis sich die ersten Höreindrücke in Wörter umgeformt haben? Würde die Baustelle Gehirn gute Arbeit leisten?
Auf diese Fragen konnte mir keiner eine klare Antwort geben. Alles nur Vermutungen, denn es ist bei jedem Menschen aufgrund seiner Hörbiographie anders. Mut gemacht haben die vielen Erfahrungsberichte, das DCIG-Forum und die Zeitschrift Schnecke!
Die Operation im März 2008 verlief unproblematisch. Alles verheilte sehr gut und die Schmerzen waren erträglich. Viel spannender war die CI-Anpassung vier Wochen später. Ich trage ein Implantat von Med-El, Opus 2. Bei der Erstanpassung musste ich sagen, welche Töne hörbar sind und die Lautstärke bestimmen. Die nachfolgenden Tests ergaben dann schon ein Zahlenverständnis von 60% und ein Wortverständnis von 30 %. Diese Werte verbesserten sich von Tag zu Tag. Die Stimmen waren auch zu unterscheiden, Männer und Frauenstimmen klangen fast normal. Etwas metallisch und ungewohnt, aber das war mir egal. Ab diesem Zeitpunkt trug ich das CI schon von morgens bis abends und zog auch mein Hörgerät nicht mehr an.
Ich verließ mich total auf das doch sehr ungewohnte Hören und war über jedes neue Entdecken von Geräuschen begeistert. Zum Beispiel, es regnete und die Regentropfen machten auf dem Schirm einen Höllenlärm! Die Spatzen waren NICHT ausgestorben, sondern ich hatte sie einfach nicht mehr gehört. Amseln dagegen hätte ich dank meines Hörgerätes öfters gerne abgeschossen (sorry) :-)
Das Bellen meiner 2 Hunde war zunächst unerträglich und oft musste ich mir die Spule am Kopf abmachen. Aber das war alles nur Gewöhnungssache. Als allererstes habe ich, nachdem ich nach Hause kam, meine Flöte hervorgeholt und die Tonleiter gespielt. Alle Töne waren da! Jedoch anders als gewohnt, es klang um einiges tiefer. Im Laufe der Zeit empfand ich dies nicht mehr so schlimm. Musik hören wird immer noch besser. Ich denke, hier sieht man auch die Grenzen des CI's. Aber aufgeben werde ich nicht! Täglich höre ich Musik der verschiedensten Richtungen über iPod.
Gleich im Anschluss an die Erstanpassung konnte ich im CIC-Friedberg eine ambulante Reha machen. Auch hatte ich zu diesem Zeitpunkt sehr starken Tinnitus auf der operierten Seite. Dieser legte sich im Laufe der Zeit und verschwand dann. Die vielen Höreindrücke reizten den Hörnerv und zwangen mich, alles etwas langsamer anzugehen.
Jeder neue Tag bringt mir noch Hörüberraschungen. So stellte ich heute Morgen fest, dass beim ersten Raureif das Gras…unter meinen Füssen "klirrt". Jedenfalls hatte ich es in dieser Form noch nie gehört!Mittlerweile ist der Antrag auf ein zweites CI bei der Krankenkasse durchgegangen und genehmigt. Ich freue mich jetzt sehr auf Stereohören, Richtungshören und vor allem auf ganz entspanntes Hören.
- Erstellt am .