Skip to main content

Meine Geschichte - vom Hören zum Nicht-Hören bis zum CI

Es hat in meiner Kindheit angefangen, aber damals war es (schlecht zu hören) nicht sooo schlimm, jedenfalls in meinem Fall, sagte der Arzt... "In der Schule vorne sitzen, dann bekommt Sie schon alles mit, das sollte halt reichen, meine Mam sollte da nicht mehr tun. Zu erwähnen wäre da noch, dass meine Mutter im 3. Monat mit mir Blutungen hatte und der ein oder andere Arzt meinte, es wäre gut möglich, dass ich davon meine Schwerhörigkeit her habe, da sich dann alle Sinnesorgane entwickeln, aber wie gesagt man kann es nicht genau beweisen.

Als Kleinkind habe ich kein wirkliches "Richtungshören" gehabt, also wenn ich nach meinen Eltern rief, dann sagte immer einer, wo genau er jetzt ist, denn ich konnte es nicht gut heraus hören, ob es jetzt das Wohnzimmer war oder die Küche, aus der die Stimme her kam. Sonst hat man mir kaum angemerkt, dass ich eine Behinderung habe.

Aber mit den Jahren wurde es halt immer heftiger, ich habe sehr viele Hörstürze (Infarkte im Ohr) erlitten. Und das Leben geht trotzdem weiter... Schule - Ausbildung - Freunde treffen - Partys feiern einfach gaaanz normal. Es ist nicht so gravierend aufgefallen damals, dass ich schlechter hörte, aber ab dem 21.Lebensjahr kam dann die Verschlechterung. Es wurde festgestellt, nachdem mich bei meiner Ausbildung zur Krankenschwester jemand darauf aufmerksam machte, dass mein Hörproblem
schlimmer geworden ist, dass mein linkes Ohr schon taub ist. Es klingt seltsam aber ich habe es wirklich nicht gemerkt, da ich alles mit rechts gemacht habe, ich muss es wohl einfach verdrängt haben aus Angst wirklich Taub zu werden. DAS WAR ERST MAL EIN SCHOCK!!!!

Man konnte sich nicht erklären warum, Ärzte stellten mich auf den Kopf, doch die Ursache ist bis heute ungeklärt … was soll`s… das Leben ging weiter und ich hatte ja schließlich einen kleinen Sohn und Familie, die mich brauchten... und ein rechtes Ohr welches ja funktionierte, wenn auch nicht
mehr 100%, aber es reichte um zu hören und was anderes blieb mir ja nicht übrig, da man wohl
links nichts mehr daran ändern konnte. Leider muss ich sagen, habe ich auch aus diesem Grund meine Ausbildung nicht vollendet, was mich heute sehr ärgert, denn ich kann es nicht wiederholen, zu groß war der Schock und die Angst, wie ich dass alles schaffen sollte. Ich arbeitete trotzdem in der Pflege weiter, weil es einfach meine Berufung war und mir im Blut lag, denn ich hatte ja zum Glück schon ein Examen in der Tasche, irgendwie muss man ja leben und Geld verdienen, ich wollte nicht abhängig vom "Staat" sein. Es war nicht immer einfach manche Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass mein Hörproblem nichts mit meiner Leistung zu tun hat und ich gute Arbeit leiste. Also habe ich viele Stellen angetreten und wieder verlassen… leider… denn nicht jeder Chef und auch Kollegen kamen damit klar. Bis ich meinen jetzigen Arbeitgeber fand. Es gab sicherlich viele Situationen die erschwert waren und sind, aber da musste ich immer irgendwie durch mit Kollegen oder auch alleine.. steh auf Männchen.. schon immer gewesen … :-)

Meistens waren es Probleme, die ich leider wegen meinem "schlecht Hören" nicht ändern konnte und wenn manche Menschen mich dann nicht verstehen konnten und nicht auf mich zugehen wollten, weil Sie für "solche" Behinderungen nichts übrig haben, dann tun mir diese Menschen nur leid!! ( muss ja mal gesagt werden!). Na ja seitdem mein linkes Ohr fast 20 Jahre schon taub war und mein rechtes Ohr auch krank wurde und mit der Zeit ein Hörgerät benötigte, hatte ich dann nur noch so zwischen 70-80 % an Hörvermögen. (Was leider nicht sehr viel ist, vieles an schönen Geräuschen habe ich einfach nicht mehr wahrgenommen)...

Bis zum 06.02.2007, als ich morgens aufwachte und merkte, es stimmt was nicht, alles so dumpf so in Watte gepackt war… aber an der Batterie des Hörgerätes lag es nicht! Ich spürte und wusste da stimmt was nicht und dieses Gefühl kannte ich nur zu gut. Oh je schon wieder ein" Hörsturz"...

Es gibt viele Ursachen die dies auslösen können, wie unter anderem Stress, Ärger, schlechte Durchblutung (ggf. auch durch Rauchen), mangelnde Bewegung… und ich hatte schon so viele im Laufe der Jahre mit meiner Schwerhörigkeit, dass ich aufgehört habe mitzuzählen, jedenfalls mehr als zwanzig (leider). Nach jedem Hörsturz habe ich weitere Prozente verloren und mein Hören wurde schlechter und schlechter. Warum mich immer wieder dieses Schicksal einholte… keine Ahnung!!!

Jedenfalls nachdem ich so meinen Dienst absolviert hatte, war der Gang zu meinem superguten HNO Arzt Dr. Nagel dann ein Muss, denn er tut alles um mein eines Ohr noch zu erhalten, dafür sage ich mal ganz lieb an dieser Stelle! - DANKE!!!! Wie schon so oft sagte er mir, dass ich einen Hörsturz habe und ich Infusionen bekommen muss und der Hör-Test wieder im Keller ist, also ganz schlecht wäre… und ich wieder sofort ins Krankenhaus muss… ein Telefonat und schon ist ein Bett reserviert. Nun lange Rede kurzer Sinn, ich musste 14 Tage im Krankenhaus bleiben, ich habe eine Infusion Therapie (nach Steinert) mit Cortison gemacht, die meine Durchblutung und die vom Gehör wieder zur Funktion anregen sollte. Es brachte nichts, meine Hörwerte wollten einfach nicht besser werden. Aber leider habe ich stattdessen am 14.02.2007 noch einen weiteren Hörsturz erlitten, noch im Krankenhaus, nachdem meine Werte so tief waren, dass ich mit meinem Hörgerät nichts mehr hören konnte, wenn überhaupt, dann noch ganz schwach, leise kaum wahrnehmbar, ein Gewirr aus Tönen und Geräusche, aber das war wie sich später herausstellte nur noch "Resthören" mein Ohr war "Taub" geworden.

Ich glaube, es kann sich niemand, der so was nie selbst erlebte vorstellen, was es heißt man hört "nichts" mehr, ich werde diesen Moment mein Leben lang niemals vergessen so hilflos und leer, erschrocken und sprachlos über die Tatsache: Du bist nun Taub, ich konnte es nicht glauben, dachte gleich wachst Du aus dem schrecklichen Albtraum auf!!!..

Aber leider war es die Wirklichkeit und am liebsten hätte ich mich in ein Mauseloch verkrochen! Ich sollte mich nicht aufregen, mich ins Bett legen und mich ausruhen, aber leichter gesagt wie getan. Ich war ein reines Nervenbündel aufgewühlt und ich konnte meine Tränen einfach nicht mehr zurückhalten… und mich auch nicht beruhigen, bis die Ärztin mir erst mal was gab, damit ich mich wieder etwas fange (so was mag ich gar nicht, aber in dieser Situation war es mal angebracht!). Die Nächte waren einfach zu lang, ich versuchte krampfhaft, vielleicht doch was zu hören, ich wollte nicht taub sein. In diesen schlimmen Stunden hatte ich neben meinen Lieben auch ne super liebe Zimmernachbarin, die mich sehr lieb tröstete und für mich da war. Sie schrieb alles auf, manchmal Seiten lang und hatte viel Verständnis… DANKE Marijke!!!

Letzte Chance: "Spritzen" durchs Trommelfell und Cortison direkt ins Ohr, wenn das nichts nützt, ist es wirklich zu spät. Also 5 von 7 Spritzen habe ich über mich ergehen lassen und die Schmerzen bei jeder Spritze sind so schrecklich, dass ich es nicht in Worte fassen kann… es gab zwar einen Tupfer mit Betäubungsmittel vors Trommelfell doch bei meinem Glück wirkte dieser nicht, weil der Doc die Einwirkzeit verpennte, dass ich also denn Tupfer auch hätte sparen können, ich habe den Arzt anschließend aus dem Zimmer geworfen! Also… nie wieder so was freiwillig!! Nach der 5. sagte ich, es bringt nichts, die anderen 2 kann ich mir sparen, weil mein Ohr nicht darauf reagierte. Es war der schrecklichste Moment in meinem Leben, obwohl mir meine Ärzte immer schon sagten: "Nicole, irgendwann kommt der Tag, da will Dein Ohr nicht mehr, dafür sind Deine Werte zu schlecht geworden mit den Jahren", tja man weiß es zwar, aber dann denkt man nicht daran… ich war am Boden zerstört!!!

Dann folgte eine schwere Zeit und warten und Untersuchungen, ich wurde als Cochlea-Implantat-Patient dem Chef-Arzt vorgestellt. Ein Antrag folgte bei der Krankenkasse und wieder warten bis diese zusagt… und das dauerte dann 12 Wochen, so lange war totale Stille um mich herum! Meine Krankenkasse hat mich sehr lange warten lassen und trotz Rückfragen, wieso es so lange dauert, hat meine Familie keine Antworten erhalten… also abwarten, bis die sich melden. Ich war sehr enttäuscht von meiner Kasse, denn ich wurde als Kunde in vielen Dingen schlecht behandelt und fühlte mich im Stich gelassen, gerade dann wenn man sehr krank ist!! So Sprüche wie "schlecht hören ist doch keine Krankheit, jeder hört mal was schlecht, ist doch nicht so schlimm" waren da normal!

Jeder Tag der Stille war für mich unerträglich und schrecklich, wenn meine engsten Freunde und Familienmitglieder mich nicht aufgefangen hätten und einfach für mich da gewesen wären, hätte ich bestimmt aufgegeben!!! Sie haben mir sehr geholfen und mich unterstützt dies zu schaffen… haben mir gezeigt, dass es auch ohne Worte, die man hört geht und dass man positiv denken soll.

ICH LIEBE EUCH DAFÜR SEHR !!!!!

Dann der Anruf, es war die Sekretärin von Prof. Maurer, ich war sehr gespannt, denn ich konnte ja nicht verstehen was gesprochen wurde, meine Mam war da und nahm den Anruf entgegen. Ich habe mir im Laufe der Zeit das Lippenlesen angeeignet, damit ich das Mundbild zusammen mit der Gestik zu Sätzen, Wörtern oder Buchstaben selbst lesen und bilden kann!

So kann ich wenigsten, wenn ich schon taub bin, sehen was gesprochen wird (ich kann mir da echt mal auf die Schultern klopfen! J), dass ich das so gut gelernt habe, denn das habe ich mir selbst beigebracht und es ist oft sehr hilfreich, um zu verstehen aber auch dass Gegenteil, denn die Menschen sprechen nicht immer deutlich, aber wenn man verstehen will geht alles!!!

Ich war also so gespannt was meine Mutter mit dem Krankenhaus ausmachte, ich sah ja nur was
sie antwortete und so musste ich mich noch gedulden, bis ich endlich erfuhr, dass ich am 24.05.2007 meine erste OP haben sollte. Ich war überglücklich und hatte aber auch Angst, was da jetzt so auf mich zu kommt. Ich habe viel im Internet gelesen wie die meisten, die schon implantiert sind, jetzt so hören und es machte mir Kopfzerbrechen, wenn ich mir vorstellte jetzt wie ein Computer zu hören oder blechern. Ich machte mir Gedanken, wie wohl die OP verlaufen würde, ob alles gut geht und wie es danach sein wird. Es ist ein Eingriff am Kopf und jede OP hat Ihr Risiko. Beruhigt habe ich mich damit, dass es für meinen auserwählten Arzt schon Routine geworden ist (obwohl jede Operation immer anders ist!), er hat schon so vielen Kindern und Erwachsenen das Hören wieder geschenkt und nichts ist passiert. Und weil ich mich im Krankenhaus Marienhof in Koblenz in sehr guten Händen gefühlt habe.

Es wurde seit meinem Absturz am 06.02.07 alles mögliche für mich getan um mein rechtes Ohr zu retten, ich wurde als Mensch, als Persönlichkeit verstanden und auch so behandelt. Trotzdem hatten meine Kinder und Familie Angst, so dass sogar mein ältester Sohn damals (13 Jahre) nicht wollte, dass ich operiert werde, er sagte "Mama ich möchte Dich nicht verlieren, was ist wenn der Arzt ausrutscht und Du dann stirbst?!" Meine super liebe Ärztin, die sich um mich kümmert seit dem ich da bin, hat extra wegen meinem Sohn die ganze Zeit während der OP auf mich aufgepasst und meinem Sohn versichert, dass Sie dabei bleibt, auch danach war sie mehr als nur für mich da.

Ich muss erwähnen, dass ich in meiner gesamten Krankengeschichte schon zwei mal beinahe gestorben wäre und dass ist Grund genug für meine Kinder diese OP nicht gut zu heißen. Aber der Wunsch wieder hören zu können ist einfach größer, als das Risiko was bei jedem Eingriff gegenwärtig ist.

Wie meine Geschichte weitergeht (OP-Verlauf, Antrag auf das 2.CI und wie ich jetzt höre… werde ich natürlich auch noch schreiben, aber alles zu seiner Zeit.

  • Erstellt am .