Mein Weg zum CI
Mein Name ist Wolfgang Köbler, Jahrgang 1941 und seit Kindertagen auf dem linken Ohr schlecht hörend durch einen Badeunfall mit offen vernarbtem Trommelfell. Das hat mich kaum gestört, und ich kam damit gut klar.
Nach einigen stressigen Wochen beim Aufbau eines Rotkreuzmuseums hatte ich ein starkes Rauschen im Kopf nicht beachtet, war ja kein Problem. In der Nacht vom 04.04.2016 hatte ich nun aber einen Hörsturz mit totaler Taubheit auf beiden Ohren, ich war gehörlos!
Meine Frau war mehr erschrocken als ich, sie fuhr mich zur Hausärztin, von da zum HNO Arzt, eine Woche tägliche Infusionen, leider ohne jeden Erfolg. Den Begriff Cochlea-Implantat hörte ich zum ersten Mal beim HNO Arzt.
Es folgten mehrere Monate, in denen meine Frau alles auf altes, endloses Druckerpapier schrieb, um mir meine Fragen zu beantworten. Missverständnisse waren somit an der Tagesordnung, das war eine harte Zeit. Ich kann seitdem meine eigene Stimme nicht mehr hören!!
Neu für mich war der Tinnitus in Form von gesangsähnlichen Geräuschen, den ich auch heute noch habe! In der UNI HNO in Frankfurt wurde noch versucht, etwas zu retten, es ging aber leider auch dort nichts mehr.
Da ich ja gehörlos war, traute ich mich auch nicht mehr Auto zu fahren und so sind wir mit unserer Tochter als Fahrerin mit ihrem Auto nach Norwegen gefahren. Wir hatten dort einen festen Wohnsitz, hatten aber vor ein einigen Jahren alles verkauft. Das war für mich ein anstrengender Urlaub, ich konnte zwar norwegisch sprechen, aber die Antworten nicht verstehen, wenn meine Frau oder unsere Tochter nicht mit Zettel ausgeholfen hätten.
Es wurde also ein Cochlea Implantat (CI) geplant. Mit dem Wort CI konnte ich damals noch nichts anfangen, aber im August 2016 wurde mir dann rechts ein Implantat eingesetzt, ich hatte keine Schmerzen, habe viel gelesen und mir ging es gut, wenngleich ich alle Infos nur mit Zettel bekam.
In der dritten Nacht ist mir der Verband, mein Turban, abgefallen, aber die Visite sagte: alles ok und so habe ich den Prozessor mit der ersten Einstellung schon nach drei Tagen bekommen und bin mit einer riesigen Tasche am nächsten Tag entlassen worden.
Verstanden habe ich da noch nichts, aber bei der zweiten Einstellung konnte ich schon Zahlen verstehen und das fanden ich und alle anderen auch toll. Es ging gut aufwärts, aber ich konnte mehrere Personen nicht um mich haben, die Geräusche haben mich fast verrückt gemacht, so dass ich die 75. Geburtstagsfeier meines Freundes verlassen musste.
Auch die Feier meines 75. Geburtstages und unsere Goldene Hochzeit im gleichen Lokal mussten wir absagen. Die Geräuschkulisse auf der Straße war schon beängstigend und ich war oft alleine, speziell in unserem Garten.
Musik kann ich seit dieser Zeit auch nicht mehr verstehen-hören-, die Töne kommen alle 3-4 Töne zu tief an. Trotz Trainings-CD kann ich mir bekannte klassische Musik nicht erkennen. Auch mein Klavier gibt mir andere Töne, als die ich erwarte!
In der 5. wöchigen REHA in der Kaiserbergklinik in Bad Nauheim hat sich mein „Verstehen“ sehr verbessert, ich spreche seit dieser Zeit nicht mehr vom „Hören“, denn ich höre so viel Unverständliches, nur was ich kapiert habe, ist VERSTANDEN!
In der Klinik wurde mir dringend empfohlen, die linke Seite auch implantieren zu lassen, was jedoch eine zweite Vor-OP zum Schließen des Trommelfells notwendig machte. Wieder waren viele Termine in der Klinik zu absolvieren, bis ich dann das zweite Implantat Ende November 2017 bekommen habe.
Den Prozessor jedoch bekam ich erst im Januar 2018, weil Keimtests noch nicht abgeschlossen waren. Viele Fahrten in die Uni-Klinik, das war doch schon belastend, und mit dem zweiten Prozessor bin ich Ende Januar für knapp fünf Wochen wieder in die Rehaklinik in Bad Nauheim gekommen.
Das Verstehen wurde ja wieder verbessert, der Tinnitus ist aber unverändert. Da ich auch noch das Hörtraining „Leben mit Klängen“ für Cochlea Implantat-Träger mitmache, hoffe ich doch, bald wieder Musik zu VERSTEHEN! Ich wünsche mir ein gutes Verstehjahr!
Liebe Grüße an alle Vereinsmitglieder und Leser von Ihrem grauhaarigen und bärtigen – (manche liebe Freunde sagen dazu „friedhofsblonden!) Mitglied Wolfgang Köbler, der noch oft am PC und am Bildschirm sitzt und mit Störschall lernt, richtig zu verstehen!