Vom Hörgerät zum Cochlea Implantat
Ich setze hier am Anfang einfach mal die allgemeine Kenntnis um den Kampf mit den Krankenkassen voraus, weshalb ich darauf auch im weiteren Verlauf meines Berichtes nicht näher eingehen möchte. Es war aber teilweise wirklich ein Kampf!
Mein Name ist Klaus Büdenbender. Geboren 1953, wohnhaft im Siegerland und seit einem Jahr aus dem aktiven Berufsleben, als Betreuer in einer Behindertenwerkstatt, ausgeschieden. Ich bin verheiratet und habe einen erwachsenen Sohn. Anfang der 2000-er Jahre hatte ich den Eindruck, dass meine beiden Hörgeräte mir nicht mehr wirklich halfen, mit meiner Umwelt und Familie angemessen kommunizieren zu können. Ich bat meine Krankenkasse, auch wenn damals die Tragedauer der Geräte noch nicht abgelaufen war, mir dennoch neuere Geräte zu bewilligen. Diese lehnte mein Ansinnen jedoch ab. Zu dieser Zeit plagte mich zudem ein immer stärker werdender Tinnitus, wodurch sowohl mein Berufs- aber auch Familienleben sehr litt. Eine Reha, die ich in Rendsburg machen wollte, wurde daher kurzfristig nach Bad Berleburg verlegt. Der Tinnitus besserte sich dort erfreulicher Weise dann auch wieder.
In Bad Berleburg wurde mir dann klar und unmissverständlich verdeutlicht, dass für mich zwingend ein Cochlea Implantat (CI) notwendig wäre. Die Untersuchungen bestätigten dies eindeutig. Für mich selber war dann auch sehr schnell klar, dass ich ein CI haben wollte. Wenn die Krankenkasse keine neuen Hörgeräte bewilligen will, dann bitte ein CI. Meine Familie war zunächst gar nicht davon begeistert. Das lag daran, dass sie mich nach einem Seminar an der Paritätischen Akademie in Frankfurt/Main dort abholte und dabei einen Hörgeschädigten kennengelernte, der sehr laut sprach, damit er sich selber überhaupt noch hören konnte. Ihm zuzuhören tat echt weh.
Des Weiteren gab es dort einen CI-Träger, der mit dem CI überhaupt nicht klar kam. Und dieser hatte damals noch einen Taschenprozessor. Das Kabel, und natürlich auch die Spule, waren gut sichtbar und mein Sohn (3 Jahre) sagte damals: „Papa, dass bekommst Du aber nicht!“
Ich setzte mich dennoch durch und konnte auch schon bald zur Voruntersuchung nach Hannover fahren. Auch hier das klare Ergebnis zu Gunsten eines CI´s. Damit war meine Entscheidung klar.
Die OP erfolgte schließlich im Herbst 2004 und verlief erfolgreich. Ich hatte mich für Cochlear entschieden. Anfang Dezember 2004 erfolgte die Anpassung des Sprachprozessors (EsPrit 3G). Dies war auch erfolgreich, weshalb ich dann auch das tat, was man eigentlich als frisch gebackener CI-Träger nicht machen sollte und wovor damals auch immer wieder gewarnt wurde. Ich telefonierte! Nach 20 Jahren telefonierte ich wieder mit meiner Familie. Mit Herzklopfen und Induktiv, aber immerhin. Das Telefonat war dann auch so emotional und tränenfeucht, dass ich das Gespräch abbrechen musste. Meine Frau hat mir aber später bestätigt, dass ich alles richtig verstanden und alle ihre Fragen richtig beantwortet hätte. Am 10. Dezember 2004, dem Geburtstag meines Vaters, gratulierte ich ihm telefonisch aus Hannover, was ihn damals wohl sehr bewegt hat, wie man mir später erzählte.
Wieder zu Hause begann das „neue Hören“ mit ganz viel Unterstützung meiner Familie, einer Logopädin, unzähliger Hörbücher und einer Reha. Recht schnell gewöhnte ich mich an das „andere hören“, musste mich aber auch erst wieder auf „den Krach“ in unserer Welt einstellen. Da gab es so vieles neu zu entdecken. Vögel, Stimmen, Geräusche und so vieles mehr. Auf meiner Arbeitsstelle war es mir nun wieder möglich, mich etwas unbeschwerter mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu unterhalten. Diese hatte ich schon im Vorfeld darüber informiert, dass ihr Kollege fortan mit „Knopf am Kopf“ durch die Werkstatt laufen würde. Telefonate erledigte ich nun auch langsam wieder selber und brauchte meinen Kollegen nicht mehr immer zu bitten. Die Kommunikation in der Familie wurde ebenfalls einfacher, besonders mit meinem damals noch kleinen Sohn, der sich aber schnell an den „Knopf am Kopf“ vom Papa gewöhnt hat. Es machte einfach wieder Spaß, hören zu können.
In Anlehnung an den Spruch des ZDF „Mit dem Zweiten sieht man besser“, keimte recht schnell der Wunsch in mir, auch mit dem Zweiten besser hören zu wollen. Leider bedurfte es einer Menge Geduld und Nerven, des Einsatzes meines Rechtsanwaltes und viel Unterstützung anderer Betroffener sowie der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Krankenkasse wollte einfach nicht, wollte offensichtlich einen weiteren Prozess. Schließlich aber musste sie klein beigeben, weil man bereits einer anderen Patientin und einem anderen Patienten, die ebenfalls im Zuständigkeitsbereich dieser Krankenkasse wohnten, schon ein zweites CI zugesprochen hatte, bzw. ein rechtskräftiges Gerichtsurteil vorlag. So bekam ich 2007 schließlich auch mein zweites CI (Freedom). Wieder in Hannover. Auch diese OP klappte gut. Eine Reha in Bad Nauheim schloss sich an, was das beidseitige Hören sehr positiv beeinflusste.
2009 beantragte ich bei meiner Krankenkasse den Austausch des EsPrit 3G gegen einen zweiten Freedom. Das verlief zunächst wieder nicht ohne Probleme, klappte aber schließlich doch. Dadurch ergab sich für mich nun ein ausgewogeneres Hören.
2015 fragte ich bei meiner Krankenkasse an, ob sie den Austausch der beiden Freedom Geräte gegen zwei Cochlear Nucleus 6 Geräte befürworten würden. Der Gutachter lehnte den Austausch vehement ab, aber die Krankenkasse schloss sich dem nicht an und stimmte schließlich dem Austausch für das Frühjahr 2016 zu. Seit dem sind mir diese Geräte sehr ans Herz gewachsen, auch weil ich nun die Möglichkeit habe, z. B. problemlos weiteres Zubehör mit zu benutzen, wie zum Beispiel den Audio Transmitter oder das Wireless Minimikrofon 2+. Bluetooth macht’s möglich. Die vier Programme der Fernbedienung habe ich an meinen Bedürfnissen anpassen lassen. Sowohl für den privaten, als auch den beruflichen Bereich. Ein Programm ist überdies so eingestellt, dass sämtliche Filter deaktiviert wurden. Diese Einstellung benutze ich unter anderem beim Hören von Musik. Dann geht ordentlich die Post ab! An der Grundlautstärke der CI´s hat sich dabei jedoch nichts verändert. Alle vier Programme benutzen nach wie vor die gleiche Grundlautstärke, aber ohne jegliche Filter klingt es sehr „laut“.
Das Thema Schwimmen mit CI wird ja immer wieder gerne diskutiert. Denn ein immer wiederkehrendes Argument gegen das CI ist ja, dass man Wasser grundsätzlich meiden soll. Das stimmt so aber längst nicht mehr. Und da ich zu den Menschen gehöre, die gerne schwimmen, habe ich mir dafür das Aqua+ und die Wasserschutzhüllen zugelegt. Statt Akkus benutze ich Batterien, inzwischen für beide CI´s. Es macht echt Spaß, mit dem Set zu schwimmen oder zu tauchen. Und ganz ohne Angst um seine Sprachprozessoren haben zu müssen! Nun ist vor allem auch eine Unterhaltung mit Mitschwimmern wieder möglich geworden, wenngleich die Schutzhüllen die Umgebungsgeräusche schon etwas dämpfen. Interessant ist zudem die Geräuschkulisse unter Wasser beim Tauchen. Die habe ich so schon ewig nicht mehr gehört. Nur die Fische, die schweigen nach wie vor…
Keine Frage. Meine beiden CI´s möchte ich auf keinen Fall mehr missen. Trotzdem bin ich mir bewusst, dass ich auch weiterhin ein hörgeschädigter Mensch bin und für immer bleiben werde. Aber trotzdem ist mein Leben einfacher, lebendiger und kommunikativer geworden. Und auch meine Familie ist heute sehr froh, dass ich mich damals einfach gegen sie durchgesetzt habe. Wir genießen gemeinsam die beiden CI´s sehr!
Klaus Büdenbender
Februar 2018
- Erstellt am .