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Der Chef als Versuchskaninchen - Der Standard vom 02.01.2006

Der Chef als Versuchskaninchen

Die Nutzer von Cochlea-Implantaten sind für die Entwicklung unverzichtbar
 
Karl-Heinz Fuchs ist taub, das Telefoninterview mit ihm verläuft problemlos. Der heute Sechzigjährige aus Steyr verlor sein Gehör in der Folge eines schweren Motorradunfalls im Jahre 1969.
 
1994 bekam Fuchs ein Cochlea-Implantat (CI) eingesetzt. Damit erreichte er auf Anhieb etwa 70 Prozent Hörleistung, nach einiger Zeit sogar an die 100 Prozent. "Meine damals vierzehnjährige Tochter zum ersten Mal zu hören war schon unglaublich." Nur bei sehr lauten Nebengeräuschen sei das Hören beeinträchtigt, so Fuchs. 
 
Das Implantat selbst sei unmerklich, man werde allenfalls ein wenig wetterfühlig. Das CI biete auch eigene Vorteile. Wenn er abends nicht mehr gestört werden wolle, schalte er es einfach aus. 
 
Fuchs ist Frühpensionist und hat dennoch einen Fulltimejob als geschäftsführender Obmann von Cochlea-Implantat Austria, einem Verein mit knapp 250 Mitgliedern. Insgesamt betreue er an die 500 Personen in CI-Ambulanzen von Wien bis Vorarlberg: Wie wird die Operation verlaufen, wie hört man mit CI? "Diese Erfahrungen kann nur der Patient weitergeben." 

Wir sind die Experten

Auch bei der Entwicklung der CI ist der Nutzer der ultimative Experte. So ist Fuchs mit Begeisterung "Versuchskaninchen". Mehrmals jährlich fährt er zu den Hörtests mit der Forschergruppe von Clemens Zierhofer nach Innsbruck. Schließlich profitiere er auch selbst davon. 
 
So wurde ihm im Jahre 2000 im anderen Ohr ein zweites CI eingesetzt, um zunächst bei Erwachsenen zu testen, ob dies das Hörvermögen weiter verbessert. Letztlich geht es dabei um die Frage, ob dieses Verfahren für Kleinkinder taugt. CI wurden in der Vergangenheit vonseiten der Taubstummenverbände immer wieder kritisiert. 
 
Tauben Kindern werde so die Möglichkeit zu einer adäquaten Sozialisierung und zum voll-ständigen Erwerb einer Kommunikationssprache - der Zeichensprache nämlich - genommen. Diese Kritik sei aber in den letzten Jahren leiser geworden, so Fuchs, nicht zuletzt weil die CI-Technologie im Vergleich zu den Anfangsjahren sehr viel ausgereifter sei und die tauben Kleinkinder dank dieser nun in der Lage seien, ganz "normal" sprechen zu lernen. (olho/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 1. 2006) 
 
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=2292194
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