Experten raten zu schneller zweiter Operation - Soester Anzeiger vom 11.03.2005
Experten raten zu schneller zweiter Operation
Weil AOK sich weigert, zweites Implantat zu zahlen, hilft "Nachbar in Not" Pädagogin sagt: Beidseitiges Hören für Entwicklung von Kindern unersetzlich
Von Gerald Bus
WERL · Jetzt gilt es: Damit die kleine Emely-Jolene künftig auf beiden Ohren hören und wie ein gesundes Kind leben kann, öffnet "Nachbar in Not" ab heute die Konten für eine Sammelaktion. Das Ziel: Möglichst schnell bis zu 25 000 Euro zusammenzubekommen, damit die Mutter zügig die zweite Operation für ein zweites Cochlea-Implantat im Kopf des Mädchen bezahlen kann. Denn viel Zeit ist nicht zu verlieren. Das angestrebte Gerichtsverfahren gegen die AOK, die die Zahlung verweigert hat, wird sich aber sicher hinziehen, sagt Anwalt Severin Bodenstaff. Das stürzt die Familie in eine Zwickmühle und emotionale Not: Sie muss warten, bis die AOK vielleicht doch zahlen muss, weiß aber, dass ein zügiger Eingriff wichtig ist.
Folgendes Modell will "Nachbar in Not" auf die Beine stellen: Ab sofort kann unter dem Stichwort "Emely" für die Zweijährige gespendet werden, damit die Mutter in Vorleistung für die OP treten kann. Muss die Krankenkasse später doch zahlen, fließt das Geld wieder aufs Konto von "Nachbar in Not" zurück und kann für andere Zwecke eingesetzt werden. Muss die AOK nicht zahlen, erübrigt sich das. Das Einvernehmen der Spender zu diesem Procedere setzen wir voraus.
Eine beidseitige Versorgung für nahezu gehörlos geborene Kinder ist oft zu empfehlen, betont Pia Porwitzki, Sonderpädagogin der Westfälischen Schule für Gehörlose und Schwerhörige in Büren. Über die Schule besteht ein Angebot zur Frühförderung solcher Kinder. Dabei sei klar: Je eher die zweite Versorgung kommt, umso günstiger die Prognose für den Erfolg therapeutischer Maßnahmen. Grundsätzlich gilt: Mit nur einem Implantat kann ein Kind zwar hören, aber andere wichtige Aspekte bleiben außen vor - vor allem das Richtungshören, das eine Alarmfunktion für Menschen darstellt. Woher kommen Geräusche und damit Gefahren? Das, betont Porwitzki, kann lebenswichtig sein. "Es kann schnell passieren, dass ein Kind auf die Straße läuft, weil es ein Auto nicht gehört hat." Hören mit einem Ohr ermögliche das Lernen der Sprache, helfe aber nicht, um sich im Alltag zurechtzufinden.
Ohnehin sei beidseitiges Hören unersetzlich für die Entwicklung von Kindern. Wie es ist, auf nur einem Ohr zu hören, kann man ausprobieren: "Hörende sollten sich mal für einen Tag ein Ohropax in ein Ohr stecken." Dann spüre man, dass vieles nicht mehr funktioniert.
Zurzeit steht Emely ganz am Anfang. Erst seit vier Monaten kann sie hören, muss noch viel lernen. "Auch Richtungshören muss man lernen", sagt die Sonderpädagogin. Die Gefahr des Wartens: Bei fehlender Hörnervstimulation verkümmert irgendwann der Hörnerv. Und auch die Verknüpfungen im Gehirn müssen wachsen. Umso wichtiger sei daher, eine zweite OP zügig anzugehen.
"Nachbar in Not", Stichwort "Emely"
Sparkasse Soest, Nummer 68288, BLZ: 41450075
Volksbank Hellweg, Nummer 666400, BLZ: 41460116
Quelle: http://www.soester-anzeiger.de/
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