Mit Kunst-Schnecke Taubheit überwinden - WLZ vom 07.06.2005
Mit Kunst-Schnecke Taubheit überwinden
Cochlea-Implantate für hochgradig Schwerhörige und Taube
BAD AROLSEN (sw). Der erste "Deutsche CI-Tag (Cochlea-Implant-Tag)" stand in Bad Arolsen unter dem Motto "Taub und trotzdem hören". Als einer von rund 70 bundes-weiten Veranstaltern informierte die Tinnitus-Klinik. In Zusammenarbeit mit Marina Grebe, die ihre Erfahrungen mit Cochlea-Implantaten in einem Vortrag schilderte, berichtete Priv. Doz. Dr. Gerhard Hesse über die medizinischen Aspekte.
Es hat geklingelt oder der Hund bellt. Nichts Besonderes? Das zu hören, ist für viele geradezu ein Wunder. Ermöglicht wird diese bis vor 20 Jahren für hochgradig Schwerhörige und Taube undenkbare Situation durch eine teilweise implantierbare Innenohrprothese, die die ausgefallenen Funktionen des Innenohrs ersetzen soll.
Die Ursache bei Schwerhörigkeit ist in einem kaffeebohnengroßen Organ im Innenohr - die "Schnecke" oder medizinisch "Cochlea" genannt - zu finden. In ihr werden Schallwellen verschiedener Frequenzen mittels 27000 Haarzellen in elektrische Energie umgewandelt und über den Hörnerv zum Gehirn geleitet.
Werden diese Haar- oder Sinneszellen durch Erkrankung, einen Unfall oder ständige über-durchschnittliche Lärmberieselung zerstört, kommt es zu Schwerhörigkeit oder Taubheit, wie Dr. Hesse seinen rund 30 Zuhörern im "Weißen Saal" der Klinik erläutert. Auch die Verschließung des Gefäßes, das das Innenohr mit Blut versorgt und damit zum sogenannten "Hörsturz" führt, ist eine häufige Ursache für Hörschäden.
Etwa 15 Millionen Bundesbürger sind von leichten bis schweren Hörschäden betroffen, jedoch tragen nur 1,5 Millionen Menschen in Deutschland ein Hörgerät. Im Gegensatz zur Bril-le, die oftmals als Symbol für Klugheit gilt, haben Hörgeräteträger oftmals mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen
Direkte Operationen an der Schnecke sind aufgrund ihrer winzigen Größe und der großen Zahl von Haarzellen noch undenkbar. "Vielleicht ist die Medizin in 20 oder 30 Jahren soweit", sagt der Fachmann.
Um dennoch Hörgeschädigten ihren verlorenen Sinn zurückgegeben, wurde 1986 das "Cochlea-Implantat" entwickelt. Es besteht im Wesentlichen aus dem Implantat, das unter die Haut gesetzt wird und den Schall in elektrische Impulse umwandelt, und dem Sprachprozessor und Überträger, der hinter dem Ohr getragen wird.
Voraussetzung für den Erfolg dieser Operation, die von den Krankenkassen getragen wird und bereits bei taub geborenen Säuglingen im Alter von zwölf Wochen vorgenommen werden kann, ist ein intakter Hörnerv. Bei Menschen mit genetisch bedingter Taubheit, die über Jahre hinweg in akustischer Isolation gelebt haben, ist die fehlende Verbindung vom Ohr zum Gehirn nicht zu ersetzen.
Hat wieder gut lachen und hören, Implantatträgerin Marina Grebe. (Foto: sw)
Quelle: http://www.wlz-fz.de/schlagzeilen.asp?ID=20639
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