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Dank moderner CI-Technik bekam ich viel HÖR-Lebensqualität zurück

Dank moderner CI-Technik bekam ich viel
HÖR-Lebensqualität zurück

Von Beatrix Herold

Mein Name ist Bea – ich bin aktuell 67 Jahre alt, verheiratet, habe zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder.

Im Jahr 2018 sollte bei mir ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Mein aktives Berufsleben würde im Herbst zu Ende gehen und ich freute mich auf mehr Zeit für unsere beiden Enkelkinder und andere schöne Dinge.

Ich liebte meine Arbeit sehr – aktuell war ich damals seit 31 Jahren in der Verwaltung einer Behindertenwohnanlage tätig. Aber die letzten 1–2 Jahre empfand ich als sehr anstrengend und immer öfter kam mir der Gedanke: „Ich schaff das nicht mehr“. Was ich früher nie gedacht hätte: „Ich freute mich auf ein etwas ruhigeres Leben“.

Am Palmsonntag Ende März 2018 änderte sich mein Leben von heute auf morgen. Ich erwachte Sonntagnacht und bemerkte beim Aufstehen einen starken Schwindel. Das erschreckte mich ein bisschen und ich legte mich schnell wieder hin und schlief mit der Hoffnung weiter, dass später alles wieder gut sein würde. Am Morgen war der Schwindel noch viel schlimmer, ich konnte mich nicht mehr aufrecht halten. Hinzu kam Übelkeit und starkes Erbrechen, welches nicht aufhören wollte.

Gleichzeitig hatte ich in meinem Kopf ein dumpfes Gefühl im rechten Ohr. Dieses Gefühl wanderte auf die linke Kopfseite und ich spürte dort so etwas wie einen Knall und plötzlich war mein Gehör links weg.

Ich fühlte mich hilflos dieser Attacke ausgeliefert.

Da ich seit über 40 Jahren Diabetiker Typ 1 bin und täglich mehrmals spritzen muss, bedeutet ein ungeklärtes Erbrechen Alarmstufe 1. Deshalb riefen wir den Notarzt.

Ich wurde in die städtische Klinik gebracht. Dort wurde ein Hirninfarkt vermutet. Es wurden CT und MRT, später sogar eine Lumbalpunktion gemacht. Außerdem wurde die Ursache der Gleichgewichtsstörung gesucht. Auf mein Hauptproblem, die plötzliche Taubheit, ging man nur wenig ein.

Da die Klinik keine HNO-Abteilung hat, wurde einige Tage später ein HNO-Arzt hinzugezogen. Therapeutisch war eine Behandlung mit Cortison nicht möglich, da dies nicht mit meinem Diabetes vereinbar ist.

Nach sechs Tagen wurde ich entlassen und war zuhause nur damit beschäftigt, meinen Schwindel, die Übelkeit und das Erbrechen zu behandeln. Ich fühlte mich schrecklich.

Nur mit starken Medikamenten (Vomex, Betahistin) hatte ich Erholungspausen, aber auf Dauer sollte ich davon wegkommen, da es die Genesung im Ohr blockiert. Wie sollte das gehen?

Ich testete den Ratschlag einer Freundin, ein homöopathisches Mittel „Vertigo heel“ einzunehmen. Und erstmalig ging es mir mit diesem harmlosen Mittel besser. Ich erzählte es dem HNO-Arzt, der persönlich nichts davon hielt, „aber wenn es Ihnen hilft…“.

Diverse Höruntersuchungen wurden gemacht und alle 14 Tage holte ich mir eine Krankschreibung nach der anderen ab. An arbeiten war überhaupt nicht mehr zu denken. Mich beunruhigte, dass von ärztlicher Seite nichts mehr unternommen wurde. Der nächste Termin sollte erst wieder in zwei Monaten sein.

Eine Freundin riet mir, eine Zweitmeinung einzuholen oder gleich in die HNO-Uniklinik Frankfurt zu gehen. Da mein eigentlicher, mir vertrauter Ohrenarzt noch gar nichts von meinem Hörsturz wusste, bat ich ihn um einen Termin. Ich war sehr überrascht, als sich herausstellte, dass er früher Oberarzt in der Frankfurter HNO-Uniklinik gewesen war.

Bei diesem Gespräch schlug er als Möglichkeit zur Rettung meines Gehörs eine Membran-OP vor und überwies mich als Notfall sofort in die UNI. - Dort wurde ich gründlichst untersucht und die Idee der Membran-OP (Tympanoskopie) wurde unterstützt. Der Arzt in der UNI meinte: „Wir bringen Sie wieder zum Hören – wenn nicht durch die OP, dann durch ein Implantat“.

Ich setzte alle Hoffnung auf die OP, aber leider brachte sie keine Verbesserung. Ich war sehr enttäuscht. Plötzlich war ich aber Kandidat für ein Cochlea Implantat (CI)! Und wollte es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht…..!!

Mir wurde gesagt, die Bedingung für ein CI sei, zuallererst beim Hörakustiker einige allgemeine Hörgeräte auszutesten. Mit einem solchen Gerät sollte ich dann ins Hörzentrum der Uni. Wenn sich herausstellen würde, dass dies nicht hilft, dann wäre die Krankenkasse bereit, ein Implantat zu zahlen. Man müsse diesen Weg gehen, um eine solche OP vorzubereiten.

Die nächsten 2-3 Monate war ich ständiger Gast bei einem Hörakustiker in Offenbach. Bei dem dortigen, sehr netten Akustiker habe ich viel gelernt. Und die ganze Zeit hoffte ich, dass ich dort mein altes Hör-Leben wieder finden würde….  Ich testete vier verschiedene Hörsysteme mit mäßigem Erfolg. Weil ich mich so gut betreut fühlte, kaufte ich am Ende ein Hörsystem, welches mir ein wenig zu helfen schien. Was für ein Irrtum!!

Im Oktober 2018 wurde mein Gehör dann in der UNI mit diesem Hörgerät getestet. Die Messwerte waren so unbefriedigend, dass zu einer CI-OP geraten wurde. Die Prognose sei wegen meiner erst kürzlich erfolgten Taubheit sehr gut. Ob ich damit einverstanden wäre?

Mir ging das in diesem Moment viel zu schnell. Ich wollte mich noch genauer informieren und wissen, welche Risiken ich eingehe, usw. Der Arzt erschien fast ein bisschen überrascht, dass ich sein großzügiges und vielversprechendes Angebot ablehnen würde. Aber er würde mich verstehen und ich könnte jederzeit wieder auf sein Angebot zukommen.

In der UNI hing der Infozettel einer Frankfurter CI-Selbsthilfegruppe unter der Leitung von Ingrid Kratz und ich entschloss mich, zum letzten Treffen des Jahres 2018 zu gehen und dort um Informationen zu bitten.

Ich war mir sicher, dort genau richtig zu sein. Denn so eine Situation hatte ich schon einmal in meinem Leben:

Als ich vor über 45 Jahren Diabetikerin wurde, war ich anfangs sehr erschrocken, mein ganzes weiteres Leben Insulin spritzen zu müssen. Ich war verunsichert und ratlos. Da ich gehört hatte, dass es Selbsthilfegruppen für die unterschiedlichsten Krankheiten gibt, suchte ich mir eine Gruppe für Diabetiker. Wie dankbar war ich, dort Menschen zu finden, die mir halfen, die Erkrankung zu verstehen. Es war hochinteressant, von ihren Erfahrungen zu hören und es wurde mir Mut gemacht, dass es trotzdem möglich ist, ein glückliches Leben führen zu können. -  Schon damals mit 21 Jahren wurde mir klar:

Selbsthilfegruppen haben einen unschätzbaren Wert!!

Ich meldete mich also in Frankfurt per Mail an und wurde von Ingrid herzlichst eingeladen.

Total überrascht war ich an dem Nachmittag, als ich im Lokal neben dem Frankfurter Römer auf eine riesengroße Gruppe von gut gelaunten Menschen traf, die sich bestens und ohne Probleme miteinander unterhielten. Alles war vorweihnachtlich geschmückt und der Ablauf des ganzen Nachmittages war liebevoll vorbereitet.

Diesen Artikel fand ich damals im Internet:

Obwohl ich dort eine fremde Person war und dies ein private Vorweihnachtsfeier zu sein schien, wurde ich sehr herzlich aufgenommen. Ich saß neben zwei netten Damen, von denen die eine erst kürzlich ein Implantat erhalten hatte und die andere, wie ich, unentschlossen war.

Zufällig war auch ein Herr an meinem Tisch, der bei der Firma MED-El arbeitet und selbst Implantat Träger ist (heute weiß ich, dass es Arnold Erdsiek war, der Kolumnen für die „Schnecke“ schreibt). Ich war schwer beeindruckt von den Erzählungen.

An diesem Tisch wurden viele meiner Fragen beantwortet. Und die Begeisterung der Implantat-Träger hat mich sehr positiv beeinflusst und hoffnungsvoll gestimmt. Es gab tatsächlich niemanden, der diese Operation bereute!!  Ich wollte mich soooo gerne auch wieder so unbeschwert unterhalten.

Von Ingrid Kratz erfuhr ich, dass es wohnortnah für mich eine weitere SHG gibt, die Sabrina Franze leitet. Den Vorschlag fand ich sehr gut und im neuen Jahr schrieb ich Sabrina Franze per Mail an und bekam sofort Rückmeldung von ihr. Sie beantwortete über einen längeren Zeitraum geduldig schriftlich all meine Fragen und lud mich zu den Treffen ein. Bis heute bin ich sehr gerne Teilnehmerin ihrer Gruppe. Sabrina hat ein umfangreiches Wissen auf die vielen Fragen rund um das CI, zu den Alltagsproblemen im Beruf usw. Ich bewundere, wie sie trotz ihrer Berufstätigkeit, sich Zeit für diese ehrenamtliche Tätigkeit nimmt.

Gleich im neuen Jahr 2019 bat ich um einen Termin in der Uniklinik und wurde für die Vorbereitung einer OP zu einem Untersuchungstag eingeladen. Dort wurde die BERA-Untersuchung, MRT und Geschmackstest gemacht. Auch das Rezept für die Pneumokokken-Impfung erhielt ich.

Durch ein Gespräch mit zwei Teilnehmerinnen in der SHG von Sabrina Franze bekam ich den Tipp, vor einer Operation an einem Entscheidungsseminar in Bad Nauheim bei Dr. Zeh teilzunehmen. Im März 2019 bekam ich glücklicherweise dort einen Platz und sollte nach Möglichkeit auch meinen Mann mitbringen (der zu diesem Zeitpunkt sehr skeptisch war). Da diese OP keine leichte Entscheidung für mich war und in unserer Familie und Freundeskreis kontrovers diskutiert wurde, war ich sehr froh über diese Möglichkeit.

In dem Seminar wurde uns eine neue Welt des Hörens aufgezeigt, von der ich bisher wenig wusste. Und es war toll zu erleben, dass einige der Referenten und auch der Chefarzt Dr. Zeh Implantate tragen und gleichzeitig diese Schulung ohne Hörschwierigkeiten durchführen konnten. Danach war ich überzeugt, mich operieren zu lassen!! Und meine Euphorie steckte auch meinen Mann an.

Bei einer Unterrichtseinheit konnten wir uns die aktuellen CI-Modelle ansehen und auch ausprobieren, wie das äußere Teil auf dem Ohr sitzt. Besonders wichtig war für mich, ob mein künftiges CI MRT-tauglich ist.  Meine Wahl fiel auf ein Modell der Firma MED-EL. Mit dieser Wahl dachte ich, in Zukunft keine Probleme bei MRT-Untersuchungen zu haben.

Nach diesem Seminar hoffte ich darauf, so schnell wie möglich einen OP-Termin zu bekommen. Drei Monate später, am 4. Juni 2019 war es so weit.

Mich überraschte damals, dass ich vor dem Eingriff gar nicht ängstlich war. Aber die gute Aufklärungsarbeit im Vorfeld durch so viele Menschen, denen das CI-Thema am Herzen liegt, hat mir sehr gutgetan und ich bin mit viel Vertrauen und Zuversicht in die Klinik gegangen.

Operiert wurde ich in Frankfurt bei Frau Dr. Helbig, die ich bereits beim „Frankfurter Hör-Tag“ kennengelernt hatte und die mir damals schon sehr sympathisch war.

Nach der OP war ich glücklich, dass sich mein gutes Gefühl bewahrheitet hatte. Ich war rundum zufrieden mit dieser problemlosen OP ohne Schmerzen und Komplikationen danach.

Zwei Monate später folgte recht schnell eine stationären REHA in Bad Nauheim.

Die Themen waren für mich hochinteressant und ich lernte die mir unbekannten technischen Dinge zu bedienen. Ungewohnt war für mich, bei den Einstellungen mein eigenes Hören zu beschreiben; Was tut mir gut? Was hört sich unangenehm an?

Sehr hilfreich und herzerfrischend war der Kontakt mit den anderen CI-Trägern dort. Eine stationäre REHA empfehle ich sehr. Es ist eine sehr intensive Zeit.

In den Jahren danach wurde ich weiter sehr gut unterstützt beim Lernen / Anpassen durch das CIC-Frankfurt, das ich für meine ambulante REHA ausgesucht habe. Die individuelle Betreuung dort mit den sehr freundlichen und kompetenten Therapeuten machte Spaß und ich lernte u.a. viel über Streamen von Nachrichten und Musik. Auch das Telefonieren übte ich mit dem Handy. In der „Schnecke“ Nr. 110 vom Dezember 2020 habe ich ausführlich darüber geschrieben.

Das Hörgefühl mit meinem CI-Ohr lässt sich zwar nicht vergleichen mit meinem gesunden Ohr (hier kann ich den Unterschied jeden Tag ganz direkt merken), aber es ist die bestmögliche Lösung, die es im Moment für mich gibt. Ich bin bis heute sehr dankbar dafür, dass dieses Implantat von meiner Krankenkasse bewilligt wurde und möchte nicht mehr ohne sein.

Ich danke all diesen Menschen, denen ich bei den REHA-Maßnahmen begegnen konnte. Sie gestalten die Arbeit so vielfältig und abwechslungsreich und gehen auf individuelle Wünsche ein. Trotzdem behalten sie Geduld und gute Laune.

Nach der OP kam die Coronazeit und das bedeutete eine gewisse Schonzeit für mein Gehör. Es gab reduzierte Kontakte und die Gesprächssituationen zu zweit oder dritt war einfach und nicht anstrengend. Ich erlag der Illusion, dass ich jetzt fast alles wieder hören kann.

Aber nun, da das Leben wieder aktiver und lebendiger verläuft, habe ich beim Hören häufiger Probleme. Besonders in größeren Gruppen in Innenräumen fühle ich mich nach gewisser Zeit erschöpft und brauche Pausen. Ich hoffe, dass es mit dem Üben besser wird. Auch meine Schwindelgefühle sind nicht ganz verschwunden. Von Orten, die sehr laut sind, wie Hauptverkehrsstraßen mit viel Lärm, Kaufhäuser mit Berieselungsmusik möchte ich immer möglichst schnell flüchten.

Eigentlich könnte ich meinem Bericht jetzt schließen mit einem überwiegenden Positiv-Gefühl.

Aber nach drei CI-Jahren kam das MRT-Thema wieder zum Vorschein und dass ich solch unerwartete Erfahrungen machen sollte, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Vor über einem halben Jahr hatte ich akute Beschwerden im rechten Bein. Ich konnte längere Zeit nicht mehr richtig auftreten und laufen, weil mein Knie so stark geschwollen war. Nach langem Suchen, was die Ursache sein könnte und wochenlanger Schmerzmedikamenten, riet der Orthopäde zum MRT.

In meiner Naivität dachte ich, dies sei kein Problem. Schließlich hatte ich mich 2019 vor meiner CI-OP extra für ein MRT-taugliches CI entschieden. Ich meldete mich also in Offenbach beim Radiologen zum MRT an, legte der Arzthelferin Überweisung und meinen CI-Ausweis vor und bat sie, den Arzt zu informieren. Das sei kein Problem, ich solle nur meinen Ausweis zum Termin mitbringen.

Am Untersuchungstag war ich dann völlig überrascht und auch verärgert, dass ich plötzlich weggeschickt wurde mit dem Hinweis, sie würden keine MRT-Untersuchung bei mir mit meinem CI vornehmen.  Warum hatte man mir das nicht vorher gleich gesagt?? - ich hatte wochenlang auf den Termin gewartet.

Erst jetzt kam ich auf die Idee, die HNO-Uniklinik darüber zu befragen. Dort erfuhr ich, dass die Sache mit dem MRT doch nicht so einfach ist. Ich bekam ein Merkblatt geschickt mit der Beschreibung von sehr umfangreichen Vorbereitungen. Außerdem gab es im Raum Frankfurt nur einen einzigen Radiologen, der diese Untersuchung durchführen würde.

Mich schreckte die Beschreibung der Vorgehensweise so sehr ab, dass ich mich bis heute noch nicht zu einem MRT entschließen konnte.

Meine Unsicherheit fand Bestätigung, als ich bei der CIV-Mitgliederversammlung in Friedberg am 23.04.2022 den Vortrag zum Thema MRT von Frau Dr. Helbig hörte, denn

  • Der Wickelverband kann sehr schmerzhaft sein
  • Der Implantatmagnet kann sich verschieben. Eine Re-Operation kann drohen.
  • Re-Operation könnte Wundinfekte bedingen und noch weitere Risiken

Auch aus dem Kreis der CI-Träger meldeten sich kritische Stimmen. Sie hätten ein „mulmiges Gefühl“ und die Hoffnung, in Zukunft nicht zwingend ein MRT zu brauchen.

Der Begriff „MRT-tauglich“ führt nicht vor Augen, wie riskant und aufwendig ein MRT tatsächlich ist! Meine Bitte wäre, künftig darauf hinzuweisen z.B. in der HNO-Uniklinik, aber auch bei der REHA in Bad Nauheim.

Juni 2022
Beatrix Herold

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Cochlea Implantat bei Alport-Syndrom

Cochlea Implantat bei Alport-Syndrom

Von Romana

Mit beinahe 50 Jahren bin ich innerhalb von ein paar Monaten vollständig ertaubt, was für mich eine traumatische Situation bedeutete.

Von den aufgesuchten Ärzten wurde ich nicht für voll genommen und habe mich sehr allein gelassen gefühlt. Ich war tageweise taub, später auch über Wochen und konnte nur noch stundenweise hören. Oft saß ich todunglücklich und verzweifelt zwischen meiner Familie, die glaube ich, bis heute nicht richtig versteht, wie es mir geht.

Als Grund für die Ertaubung wird mein Gendefekt (Alport-Syndrom) genannt, obwohl sich die Ärzte darüber auch nicht einig sind. Das Alport-Syndrom kann zusätzlich noch zur Erblindung und zur Dialyse führen, darüber will und möchte ich gar nicht nachdenken.

Als einzige Möglichkeit wieder am normalen Leben teilzuhaben, war die Operation mit einem Cochlea Implantat. Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, ich wollte so schnell wie möglich wieder kommunizieren, da ich weder Gebärdensprache oder vom Mund ablesen kann.

Im Juni 2019 bekam ich das erste Implantat auf der linken Seite, im Februar 2020 dann die rechte Seite implantiert. Ich hatte Glück und durfte nach jeder Operation nach Bad Nauheim zur Reha. Mir hat es gutgetan, dort mit Menschen zusammen zu sein, die auch Implantate haben oder schwerhörig sind und nicht mehr das Gefühl zu haben, allein mit der Situation zu sein.

Ich bin jeden Tag dankbar, dass es solch eine tolle Technik gibt, und ich trage meine beiden Audioprozessoren von morgens bis abends, 16 Stunden täglich.

Trotzdem bin ich oft traurig und frustriert, wie gerne möchte ich wieder richtige Musik hören und tanzen. Ins Theater oder Kino gehen, aber das funktioniert leider hörtechnisch nicht, es kommt nur bruchstückhaft oder ist einfach nur Krach.

Auch mit Freunden zu feiern oder ein Besuch im Restaurant, ist jedes Mal eine Herausforderung, weil ich mich ausgegrenzt fühle, ohne dass es beabsichtigt ist. Sehr oft erlebe ich es auch, dass mit meinem Mann gesprochen wird und ich dann nicht mehr beachtet werde, da ich dem Gespräch nicht folgen kann.

Ich hoffe, dass sich im Laufe der Zeit noch weitere Verbesserungen ergeben, da alles ein Lernprozess ist.

 

Liebe Grüße

Romana
Juni 2022

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My Cochlear Implant journey

My Cochlear Implant journey

by Davis

My name is Davis and I am 30 years old. At the age of 1, I was diagnosed with spinal bacterial meningitis. My brain had become swollen and the doctors did not know if I was going to survive.

The doctors told my parents that if I was fortunate enough to live, I would most likely have several disabilities. I was expected to be blind, deaf and to also have a mental disability. My parents were promised that in the best case scenario, I would not be able to pass the educational level of 3rd grade.

Fortunately, I did not die. I was able to make a recovery and come back home. But there was a great amount of uncertainty regarding my future. There were signs that my vision was still good, but it was obvious that I had lost my hearing. After doing many tests, my parents discovered that I had lost more than 50% of my hearing in my right ear and over 90% in my left ear.

Growing up, I used a hearing aid in my right ear to hear. My parents enrolled me in speech therapy and I struggled to speak clearly my entire childhood. Because of my unique hearing loss, there are many sounds that I cannot hear with my right ear. For example, I cannot hear the letters B,C,D,E,G,T,P,Z,S and F. I was trained to pronounce sounds that I could not hear. As I grew up, I did well in school and showed no signs of a learning disability.

Then my parents heard about the cochlear implant and the success stories. They asked if I would be a candidate to receive one. My left ear had almost no hearing and it seemed that a cochlear implant would be the solution to revive it.

Unfortunately, I was not a candidate at the time. In order to be a candidate for a cochlear implant, you must have no hearing in either ears. But things changed over time in the medical field and I eventually became a candidate.

At the age of 14, I received my cochlear implant and I was able to use my left ear for the first time. I was able to hear all the sounds that my right ear could not. My speech significantly improved because I could properly hear myself for the first time.

I have worked several different jobs during my career and my cochlear implant has helped me significantly. I use my CI not only to hear speech, but also to listen to mechanical sounds. In the past, I worked as a diesel mechanic and my CI has helped me to diagnose problems in equipment.

Today, I am a photographer, videographer, and editor. My cochlear implant has helped me in many ways and I rely upon it heavily.

Davis
May 2022

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Vom Leben mit einer seltenen Erkrankung

Vom Leben mit einer seltenen Erkrankung

„Ist ja nur einer der fünf Sinne und noch etwas mehr“

von Judith

Es gibt heute viele Menschen mit einer Hörschädigung. Manche haben eine leichte Schwerhörigkeit, andere hören fast gar nichts mehr bis hin zum kompletten Verlust der Hörfähigkeit.

Mit acht Jahren wurde ich als schwerhörig diagnostiziert. Ich bekam Hörgeräte auf beiden Seiten. Aber wie sollte nun eine an sich guthörende Familie damit umgehen? Meine Eltern kämpften dafür, dass ich Unterstützung bekam. Und so begleitete mich eine – mir immer noch am Herzen liegende – Sonderpädagogin immer mal wieder in meiner Schulzeit.

Der PTA Verlauf (Pure Ton Average) zeigte von Anfang an, dass ich eine eher untypische Hörkurve aufweise. Während viele entweder einen Hochtonabfall oder einen Tieftonabfall haben, habe ich im hohen und tiefen Bereich eher die guten Werte, aber eine Senke im Mitteltonbereich. Dieser Mitteltonbereich betrifft besonders die Sprache beim Hören.

Woher kam diese Schwerhörigkeit?

Nun man schickte mich zum IQ-Test und zur genetischen Untersuchung, da es keine Erklärung gab, woher diese Schwerhörigkeit kam. Dann fiel auf, dass ich ein sehr zartes Handgelenk hatte. Ein Röntgen zeigte dies noch deutlicher, aber gab auch keinen Aufschluss über die Ursache. Die damalige humangenetische Untersuchung führte zu keinem Ergebnis.

Ich kam ins Jugendalter und mein Körper zeigte im Gegensatz zu anderen Jugendlichen einen veränderten Entwicklungsverlauf. Zwar wuchs ich auf die Körpergröße bezogen normal. Aber meine Hände und Füße blieben etwas kleiner, meine Arme und Beine waren deutlich zarter gebaut. Und wenn man sich heute mein Babyfoto ansieht, auf dem ich ein süßes Moppelchen war, schaut man verwundert drein, wie eher zart ich heute gebaut bin und wie schmal meine Nase sich entwickelt hat.

Mein Brustkorb entwickelte sich normal. Die Brust selbst hingegen blieb klein, machte nur wenig Entwicklung im Jugendalter durch. Immer bestand die Hoffnung: Bis 20 kann sie ja noch wachsen. Doch es passierte nicht.

Motorische Einschränkungen hatte ich kaum. Ich spielte trotz der mittlerweile bekannten fortschreitenden Schwerhörigkeit Geige, war gern draußen und besonders gut im Völkerball. Und meine Knochen waren auch nicht brüchiger als normal. Ich brach mir nur einmal aus natürlichen Gründen den Arm in der Nähe des Handgelenks und es verheilte auch normal. Aber blaue Flecken und Prellungen kamen durch den zarten Körperbau schneller zustande.

Mit 14 erlebte ich dann einen stärkeren Abfall im Hören. Erst mit 18 stagnierte der progrediente (fortschreitende) Verlauf meiner Schwerhörigkeit wieder. Ich war an einer hochgradigen Schwerhörigkeit angelangt, die sich bis heute zieht, aber nahezu stabil die letzten drei Jahre geblieben ist. Die Hörkurven auf dem Bild stellen den Hörverlust ohne Hörgerät und mit Hörgeräteversorgung dar.

Dann fing es während meines Abiturs an, dass mich Leute darauf ansprachen, dass ich immer so rote Augen hätte, ob ich eine Bindehautentzündung hätte. Ich beschloss zum Augenarzt zu gehen. Tatsächlich hatte ich eine Entzündung, die auch zunahm. Ich bekam Antibiotikumsaugentropfen, die nicht halfen. Drei verschiedene Tropfen brachten kein ausreichendes Ergebnis. Schließlich bekam ich Cortison und innerhalb weniger Wochen wurde es deutlich besser. In der Augenklinik konnten sie feststellen, dass die Ursache inaktive oder nichtvorhandene Meibomdrüsen im Auge waren. Man schickte mich in die Hautklinik, um zusätzliche Allergien und einen weiteren Verdacht auszuschließen. Zu den Augen war dann bald klar, es ist das Sicca-Syndrom entstanden und ich bekam Augentropfen, die mir bis heute täglich helfen.

Nun in der Hautklinik fiel dann die starke Hornhaut unter den Füßen auf, die Probleme mit trockener Haut und ein Vitamin-D Mangel kamen hinzu. Man empfahl mir erneut die Humangenetik zu versuchen, da ich so viele Symptome hatte und eine ungeklärte progrediente Schwerhörigkeit.

Und so begann das Prozedere zehn Jahre nach dem ersten Versuch erneut. Man machte mir deutlich, dass man nicht sicher sei, ob man etwas finden würde. Es war klar, dass ich ein spezieller Fall war. Aber die Methoden der Genetik haben sich natürlich in den zehn Jahren auch verbessert und entwickelt. Es dauerte nur ein halbes Jahr, dann bekam ich Antwort…

Ich war tatsächlich ein besonderer Fall, denn man hatte herausgefunden, dass ich ein seltenes Progerie Syndrom habe.

Eine Spontanmutation (das bedeutet, dass die Mutation bei mir aufgetreten ist, aber meine Eltern laut den Vergleichsdaten nicht davon betroffen sind) liegt bei mir vor. Man nennt sie POLD1-Genmutation, die eine Kreuzung mit dem Werner Syndrom hervorruft und damit viele Risiken umfasst. Dieser nicht sehr häufig auftretende Fall bedeutet auch, dass es zu dem weiteren Verlauf meines Lebens nur wenig Erkenntnisse gibt. Das Progerie Zentrum in Göttingen (das einzige deutschlandweit dieser Art) bemüht sich mehr Klarheit über progeroide Syndrome zu ermitteln. Man weiß, dass bei mir bereits einige für meine Genmutation bekannte Symptome und Erkrankungen zutreffen. Andere sind bisher nur Risiko, können irgendwann erst zutreffen, aber müssen nicht unbedingt eintreten.

Am einfachsten ist es anhand der Buchstaben zu erklären.

P = Progerie → Hiermit geht eine frühzeitige Alterung einher (das erklärt vielleicht die inaktiven Meibomdrüsen des Auges und die trockene Haut).

O = Osteoporose → Diese Erkrankung, in welcher eine geringere Knochendichte auftritt und somit eine Knochenbrüchigkeit Gefahr läuft einzutreten, hat natürlich auch mit der frühzeitigen Alterung zu tun, trifft aber bisher auf mich noch nicht zu.

L = Lipodystrophie → Mein zarter Körperbau (Arme/Beine schmal, unterentwickelte Brust, kleine Hände und Füße, schmale Nase, verkürztes Kinn) ist hierauf zurückzuführen. Dies ist eine Form der Fettverteilungsstörung, die bei mir begrenzt auf einige Körperteile bezogen zutrifft. Ich kann also essen wie ich will, mein Gewicht bleibt aufgrund dieses zarten Körperbaus von nun an als erwachsene Frau auf einem ähnlichen für meine Größe leichten Gewicht, egal wie viel ich esse. (Natürlich ist eine ausgewogene Ernährung dennoch wichtig.)

D = Deafness → Ich bin zwar noch nicht ertaubt, aber ich habe eine fortschreitende hochgradige Schwerhörigkeit, die mittlerweile cochleär ist. Mit Hörgeräten komme ich derzeit noch aus. Irgendwann wird sicherlich dennoch auf beiden Seiten ein Cochlea Implantat notwendig werden, wenn ich nicht mehr ausreichend mit Hörgeräten versorgt werden kann. Das kann schon in ein bis zwei Jahren sein oder aber noch zehn Jahre dauern, weil ja auch die Hörgerätetechnik immer besser wird und unklar ist, ob mein Hörverlust stabil bleibt oder sich die nächste Zeit deutlich verschlechtert. Man weiß nur, dass sich mein Hören mit der Zeit verschlechtern wird.

Aufgrund der frühzeitigen Alterung und der Kreuzung mit dem Werner Syndrom, gibt es viele Risiken, die derzeit beachtet werden müssen, da einige davon auch bei der POLD1-Genmutation auftreten können. So habe ich ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gefäßerkrankungen wie beispielsweise Arteriosklerose, darüber hinaus auch ein erhöhtes Risiko für Diabetes.

Was macht das mit mir?

Ich bin froh zu wissen, woher meine Symptome kommen. Die vorherige Ungewissheit, woher die Auffälligkeiten kamen, war schlimm. Schlimmer als jetzt das Wissen über die Risiken, die in Zukunft zu Erkrankungen werden können. Ich kann mich mit Vorsorgeuntersuchungen darauf einstellen, dass wenn weitere Erkrankungen vorliegen, diese rasch erkannt werden. Die Chance mit einer frühzeitigen Behandlung diese gering zu halten, ermöglicht mir mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit zu handeln, wenn es notwendig ist.

Natürlich bedeuten viele Untersuchungen auch mehr Termine auf dem Plan und somit Stress. Die Hörschädigung führt zu erhöhter Ermüdbarkeit und die Hör- und Kommunikationsbarrieren zu weiterem Stress.

Ich mache mir Gedanken über die Zukunft, habe sicherlich auch in mancherlei Hinsicht Angst und empfinde öfters Hilflosigkeit.

Aber ich weiß, dass es Dinge gibt, die ich beeinflussen kann. Lösungen, die ich finden und umsetzen kann. Ich bin immer eine Kämpferin gewesen und werde weiter dafür kämpfen, mein Leben von nun an so zu gestalten, wie es mir möglich ist. Es ist mein Leben und auch wenn die Gesellschaft im fast living Modus ist, musste ich in letzter Zeit und muss ich auch in der Zukunft lernen schrittweise vorzugehen und mir mein Leben im slow living Modus aufzubauen. Denn eine chronische Überlastung bedeutet Folgen für den Körper und kann die Risiken begünstigen. Ich fange an, anders auf meinen Körper und mich zu achten.

Ein Schritt zu mehr Selbstbewusstsein gab mir mein Hobby LARP (Live Action Role Play). Als Bogenschützin fand ich einen Weg, um meine körperlichen Stärken einzusetzen und in meinem Charakter aufzuleben. Man begegnet Leuten verschiedensten Alters, die zusammenhalten. Menschen, denen es egal ist, wie alt du bist oder ob du eine Behinderung hast. Ja sogar Gebärdensprache findet vielleicht bald Anwendung in einzelnen Bereichen, um ohne lautem Rumschreien Befehle zu erhalten im Feldzug. Es ist faszinierend, was man über sich selbst lernt in diesem Hobby. Irgendwo beinhaltet der Charakter immer Teile von einen Selbst. Dinge können ausgelebt werden, die man sonst vielleicht zurückhält. Und über eine kreative Weise wird soziale und emotionale Entwicklung erfahren.

An die Leute da draußen, die auch eine chronische Erkrankung oder Behinderung haben, die trotz gesundheitlicher Einschränkungen so stark sind und weiter machen: Ich bewundere euch.

An alle die verzweifelt sind: Gebt nicht auf! Kämpft für euer Leben. Kämpft dafür, es so gestalten zu dürfen, wie ihr leben wollt.

Es gibt gute und es gibt schlechte Tage. Es ist erlaubt, sich schlecht zu fühlen. Es ist erlaubt zu weinen oder sich zu verkrampfen. Es ist erlaubt mal nicht für andere da zu sein. Denn an erster Stelle kommt man selbst, um der Gesundheit Willen.



Und daher halte ich an meinem Lebensmotto aus „Der Herr der Ringe“ fest:

 

„How could the world go back to the way it was when so much bad had happened? But in the end, it’s only a passing thing, this shadow. Even darkness must pass. A new day will come, and when the sun shines, it’ll shine out the clearer.” (J.R.R Tolkien)

 

Deutsche Übersetzung:

„Wie könnte die Welt wieder so wie vorher werden, wenn so viel Schlimmes passiert ist? Aber letzten Endes geht auch er vorüber, dieser Schatten. Selbst die Dunkelheit muss weichen. Ein neuer Tag wird kommen und wenn die Sonne scheint, wird sie umso heller scheinen.“

Bei Interesse ist ein Kontakt zu Judith möglich, insbesondere für andere Menschen mit dieser seltenen Erkrankung. Email an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

  • Die Rechte zu den Bildern/Fotos liegen bei Judith. Diese sind eigens von ihr entwickelt und aufgenommen worden.
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